«Was mache ich eigentlich hier?», frage ich mich, während ich von meinem Stehplatz aus den Teams zusehe, die vor uns dran sind. 29. März, Luzern. Teamfinale der Schweizermeisterschaften im Poetry Slam.

«So etwas gibt es?»,

wurde ich gefragt, als am Morgen dieses Tages zur Sprache kam, wo ich heute Abend hingehen würde. Und ja, gibt es – seit 2010 treffen sich Poeten und Poetinnen aus der ganzen Schweiz einmal jährlich, um jeweils in einer anderen Schweizer Stadt gegeneinander anzutreten. Im Prinzip funktioniert das Ganze wie ein normaler Poetry Slam, aber viel grösser. (Wenn du noch nicht weisst, was ein Poetry Slam genau ist, dann kannst du das hier nachlesen.)

An den Schweizermeisterschaften gibt es drei Kategorien: Einzel, U20 und Team, wobei bei Letzterem zwei oder mehr Personen gemeinsam auftreten. Team ist auch die Kategorie, für die meine Freundin und ich uns angemeldet haben. Was ich in diesem Moment ein bisschen zu bereuen beginne, denn wir sind nicht nur die Jüngsten, sondern auch die mit der wenigsten Erfahrung; erst einen gemeinsamen Auftritt haben wir hinter uns, während viele unserer Gegner schon seit Jahren an Slams mitmachen.

Backstage

Eigentlich ist bisher alles gar nicht so schlecht gelaufen. Wir haben es pünktlich zur Location geschafft – ein umgebautes Schwimmbad (und ich texte meine Freundin die ganze Zeit damit zu, wie cool das ist). Obwohl wir so ziemlich niemanden kannten, sind wir mit einigen Leuten ins Gespräch gekommen, und die ganze Zeit über kam ich nicht umhin, mich ein klein wenig wichtig zu fühlen. Im gleichen Backstagebereich wie Leute zu sitzen, deren Texte man schon seit einiger Zeit kennt und gut findet, ist ein seltsames Gefühl.

Doch das alles ändert auch nichts daran, dass ich mich in wenigen Minuten möglicherweise vor hunderten von Leuten komplett blamieren werde. Denn es hat so seinen Grund, dass ich bereits erwähnte Leute bewundere – alle, die heute gegen uns antreten, schreiben grossartige Texte. Und wir? Na ja, wir sind uns die Hälfte der Zeit nicht einmal sicher, ob wir unseren Text überhaupt selbst gut finden.

Auftreten

Kurz vor unserem Auftritt würde ich am liebsten alles abblasen, doch dafür ist es jetzt zu spät. Gemeinsam mit meiner Freundin betrete ich die Bühne, und wir tragen unseren Text vor.

Tatsächlich läuft der Auftritt nicht einmal so schlecht. Und – und das ist wahrscheinlich die grösste Überraschung dieses Abends – wir werden nicht Letzte. Unser Team landet auf dem drittletzten Platz, was nicht wirklich nach einer Leistung klingt, aber für uns ist es ein Erfolg.

Als ich am nächsten Morgen nach einer Afterparty, knappen vier Stunden Schlaf in einem Hotelzimmer und einem Frühstück mit ein paar der anderen Slammer völlig übermüdet wieder im Zug sitze, weiss ich, dass ich nächstes Jahr hoffentlich wiederkommen werde. Egal, wie ich abschneide – schlussendlich wäre die tolle Zeit auch den letzten Platz wert gewesen. Auch hier gilt, was Allan Wolf, ein bekannter Autor und Poet, einmal über Poetry Slams gesagt hat:

“The points are not the point; the point is poetry.”

Also: Es geht nicht um die Punkte. Es geht um Poesie. Und in unserem Fall auch darum, einfach mal dabei zu sein.

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