Es ist schwierig zu bemerken und noch schwieriger, es zuzugeben. Trotzdem kommt es öfter vor, als dass wir es uns eingestehen wollen: Wir irren uns. Und das wahrscheinlich tagtäglich.
Irrtümer können sich auf alles mögliche beziehen. Du kannst dich in der Zeit oder im Falle eines Treffpunkts irren. Zum Glück ist das meist nicht besonders schlimm, doch nicht das richtige im Kopf gehabt zu haben ärgert uns schon in diesen Fällen. Jemandem einen falschen Namen zuzuordnen oder am falschen Tag Geburtstagsglückwünsche zu senden ist schon eine Stufe unangenehmer. Meist ist es peinlich und wir hoffen, die betroffene Person ist uns deswegen nicht böse.
Allerdings gibt es auch die Art von Irrtümer, die ausser uns niemanden betreffen. Diese sind es jedoch oft, die am schwerwiegendsten sind. Denn dadurch, dass sie nur uns etwas angehen, wird uns auch keiner aktiv mitteilen, dass wir falsch lagen. Du musst selbst darauf kommen und danach auch in der Lage sein, es vor dir selbst zuzugeben. Eben dies, ist das schwierigste.
Verdeutlichen wir das einmal an einem Beispiel:
Selina ist 16 Jahre alt und hat vor einem halben Jahr ihre Lehre als Fachfrau für Pflege begonnen. Es hat für Selina allerdings nicht lange gedauert um zu merken, dass sie sich in diesem Metier unwohl fühlt. Mit so vielen Dingen kann sie sich nicht anfreunden und selbst nach einiger Zeit, die nun vergangen ist, ist es nicht besser geworden. Aber das kommt noch, denkt sie sich. Bestimmt geht es jedem so, der von der Schule kommt und ins Arbeitsleben eintritt. Es wird besser, das sagt sie sich jeden Tag. Doch jeden Tag verliert dieses Versprechen an sich selbst an Wert. Denn es wird nichts besser. Ihre Einstellung wird sich nicht ändern.
Selina hat sich selbst falsch eingeschätzt und sich geirrt, was ihre Erwartungen an den Beruf anbelangen. Doch selbst wenn sie sich dessen bewusst ist, braucht es noch einmal einen grossen Schritt, um es sich selbst auch einzugestehen. Schliesslich haben wir alle nicht besonders gerne unrecht und in Entscheidungen wie diesen wollen wir einfach nicht falsch liegen.
Doch wenn ein Entscheid nicht passt und dies ein Zustand ist der anhält, dann wird es nie passen. Natürlich, es ist riskant den Schritt zu wagen und abzubrechen. Was werden die Freunde, die Eltern und Grosseltern sagen? Wie geht es weiter? Nun, das kann Selina nicht wissen. Aber die Aussicht auf weitere unglückliche Jahre ist trotz allem Schlimmer als die auf einen sauberen Schnitt, der zwar anfangs unschön, danach aber die bessere Entscheidung ist.
Allerdings…
Dies soll keine Aufforderung an irgendjemanden sein, sofort alles hinzuwerfen, wenn es einmal harzig ist. Aber eine schlechte Phase lässt sich an einem gewissen Punkt sehr deutlich von einem schlechten Dauerzustand unterscheiden. Und wenn du dich in letzterem befindest ist es nie falsch, in dich selbst hineinzuhören und hinterfragen, ob du womöglich einfach eine falsche Entscheidung getroffen hast. Ob du dich geirrt hast und bis jetzt dir immer vorgeschwindelt hast, dass alles in Ordnung ist.
Wir, du und ich treffen pro Tag unglaublich viele Entscheidungen. Sich dabei nie zu irren, ist beinahe unmöglich, deswegen ist es nur menschlich, auch einmal falsch zu liegen. Das heisst jedoch oft nicht, dass alles verloren ist und wir uns nun um jeden Preis durchkämpfen müssen. Natürlich ist das Leben nicht leicht, doch oft machen wir es uns unnötig schwer. Statt Fehler zu bereinigen sind wir oft zu stolz, sie einzusehen und etwas zu tun, was uns zwar unangenehm ist, aber den Fehler zumindest teilweise wieder gutmacht. Niemand verpflichtet dich, unter deinen falschen Entscheidungen zu leiden. Es gibt meist einen anderen Weg. Es mag schwieriger sein, ihn einzuschlagen, jedoch angenehmer ihn zu gehen.
Das wichtigste ist und bleibt, auf dich selbst zu hören. Bei jedem zeigt sich das ominöse Bauchgefühl etwas anders, doch du wirst tief in dir drin immer spüren, was du wirklich willst. Deine innere Stimme spricht zu dir und auch wenn es nicht immer einfach ist auf sie zu hören, entspricht sie zu einem grossen Teil unserer inneren Vernunft. Und diese sollte sich beispielweise über den grossen sozialen Druck unserer Gesellschaft hinwegsetzen können. Darunter versteht sich beispielweise die Annahme, dass etwas immer beim ersten Anlauf gelingen muss, wie dass die erste Lehrstelle passt, die erste Autoprüfung gelingt und weitere solche Dinge. Dies ist jedoch nicht der Fall und es passiert häufiger als erwartet, dass wir uns in unseren Interessen oder in unseren Fähigkeiten irren. Doch daran ist nichts falsch!
Falsch ist nur die Lüge, nach welcher der eine oder andere lebt und so darin verstrickt ist, dass er sie gar nicht mehr erkennt. Sei keiner von denen – sei ehrlich zu dir selbst und gib zu, wenn du dich geirrt hast. Selbst, wenn du es nur dir selbst sagen musst, es ist sehr wichtig und trägt extrem viel zu deinem eigenen Glück bei. Und glaub mir, du hast Glück verdient.