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Von Cyrill Pürro

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Der Schrei nach Gleichberechtigung wird in der Welt immer lauter. Frauen formieren Bewegungen, kämpfen um ihre Rechte und stehen für ihr Geschlecht ein, sei es in der Politik oder im Kampf gegen den Sexismus. An vielen Orten mit Erfolg: Die Stimme der Frau wird gehört, der Frauenstreik im letzten Jahr ging als die «grösste politische Aktion seit dem Generalstreik von 1918» in die Schweizerische Geschichte ein. Doch um mehr als nur gehört zu werden, muss ein Ruck durch unsere Gesellschaft gehen – und dabei darf eines nicht vergessen werden: Der Mann.

Über einen Monat ist es her, als der Bundesrat Massnahmen in Kraft gesetzt hat, um dem Coronavirus den Garaus zu machen. Mit Erfolg: Die Fallzahlen der Corona-Infizierten sinken tagtäglich, ein Licht am Ende des Tunnels ist in Sicht. Um die Zahlen weiter in Schach halten zu können, greifen die Behörden nun zu neuen Methoden: Eine Tracing-App soll es möglich machen, Ansteckungsketten zurückzuverfolgen. Doch so schnell die Idee gekommen war – so schnell hagelte es auch an Kritik, am «wachenden Auge».

Auch wenn die Coronakrise allgegenwärtig ist und die Medien nahezu sprengt: Andere Debatten, wie die um die Flüchtlingspolitik, werden dadurch nicht automatisch weggeschwemmt – sollten jedenfalls nicht. So forderten diese Woche unzählige Menschen über die verschiedensten Social Media-Kanäle: «Bundesräte, holt diese Menschen rein!», trotz der momentan anhaltenden Sperrung der Grenzen. Klar ist, dass eine Verschlimmerung der humanitären Situation der Flüchtlingskrise vehemente Konsequenzen nach sich zieht, besonders für die Politik und die Regierenden der Stunde.

Rund 900 Teilnehmerinnen und Teilnehmer umfasst die Facebookgruppe «Gärn gscheh – Solothurn hilft». Von Anfragen zur Einkaufserledigung, bis hin zu Mahlzeitenfahrten für Altersheime, täglich rasseln die Inserate durch die Timeline. Initiantin und Koordinatorin des Hilfswerks gegen die Corona-Pandemie: die 23-jähirge Lena Lang. Was die Jurastudentin im «Endspurt» gegen Corona leistet und wie sie junge Leute dazu animiert, mit der Solidaritätswelle mitzureiten: das und mehr in diesem Interview.

Wir Menschen lachen gerne, vielmals über Witze, die in «schwarzen» Pointen enden. So ist es auch bei der Satire, die vom öffentlich-rechtlichen Programmangebot kaum wegzudenken ist. Doch was ist politisch und moralisch vertretbar und wo liegt die Grauzone? Von schwarzen Witzen in der Medienwelt und wann ein Eingriff in die Pressefreiheit nötig ist, ein Kommentar.

Gerade in Zeiten von COVID-19 kommt vermehrt die Frage auf: Über was darf ich noch lachen? Welche Witze sind legitim und ist Satire überhaupt noch angebracht? Die gleiche Frage stellt man sich in der Medienwelt. Das Coronavirus belegt Zeitungen, prägt ganze Stories in Fachzeitschriften und flimmert auch im Fernsehen durch Nachrichtensendungen, Talkshows, etc. hindurch. Kurz gesagt: Dieses Virus hat uns fest im Griff und ist Gesprächsthema Nummer eins. Für Satiresendungen, wie beispielsweise die «ZDF-heute Show», führt kein Weg an Corona vorbei, obschon es sich bei diesem Virus um eine sehr ernste und heikle Angelegenheit handelt. Doch sie scheinen sich zu helfen wissen, die «Satirekönige».

Provozieren in voller Härte

Die «ZDF-heute Show», moderiert von Oliver Welke, behandelt das Coronathema massenhaft. Eine Show, welche sich im letzten Jahr auch schon mit der deutschen Polizei in Heilbronn angelegt oder laut dem Onlinemagazin Watson Passanten «blossgestellt» habe. Im Vergleich zu Jan Böhmermann, der im Jahre 2016 ein Schmähgedicht über den türkischen Präsidenten veröffentlichte und somit ein internationaler Skandal losgetreten wurde, noch heilig. Aber ist die Satire nicht da, um zu provozieren? Einem Bericht der NDR-Satiresendung «Extra 3» ist zu entnehmen: Ja, Satire ist effektiv dazu da, um zu provozieren und das in voller Härte.

Der Satiriker Jan Böhmermann mit dem ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama. 2016 sorgte er mit seinem Schmähgedicht über Erdogan für internationales Aufsehen.

Die Satire als «Kronjuwel» des freien Journalismus?

Trotzdem ist es schwierig einen Überblick über die Grauzone zu haben. Welcher Witz gebracht wird, welche Passage in eine Sendung eingebaut wird, ist immer situationsabhängig. So gibt es laut Extra 3 bei einer Satiresendung immer einen sogenannten «Feind», der genaustens analysiert und Stück für Stück auseinandergenommen wird. In deutschen Sendungen ist es häufig die AfD, allen voran Björn Höcke, die in Satiresendungen unter Beschuss kommt. Generell neigen Politikerinnen und Politiker besonders gut dazu, Ziele für kabarettistische Attacken zu werden.

Wie der Journalist Kurt Tucholsky sagte: «Der Satiriker ist ein gekränkter Idealist: Er will die Welt guthaben, sie ist schlecht, und nun rennt er gegen das Schlechte an.» Damit gemeint ist das Aufgreifen von Themen, die in den Augen des Satirikers faktisch falsch sind und mit einem humoristischen Angriff klargestellt werden – und das mit einem Hürdenlauf, in dem es über jegliche Tabus zu springen gilt, was eine Meisteraufgabe im Journalismus darstellt. Hinter der Satire steckt also eine Menge an Recherchearbeit, die gepaart mit einer klar ausgerichteten Meinung der Sendung, eingebauten Witzen und Sprüchen zum Endresultat führt: Ein lachendes Publikum, das neben der Unterhaltung gleichzeitig auch noch informiert wird. Man könnte somit behaupten, dass die Satire als «Kornjuwel» des freien Journalismus gilt.

«Der Satiriker ist ein gekränkter Idealist: Er will die Welt guthaben, sie ist schlecht, und nun rennt er gegen das Schlechte an.»

Kurt Tucholsky, Journalist (1890-1935)

Schwarzer Humor in Zeiten der Corona-Krise

Freier Journalismus hin oder her, ethische und moralische Grundsätze müssen dennoch eingehalten werden. Fakt ist, dass Humor allen Menschen in Zeiten von COVID-19 guttut. Weshalb nicht über die Situation lachen? Das nimmt sich die «ZDF-heute Show» zum Ziel. So redet Oliver Welke in der Sendung vom letzten Samstag zum Beispiel über Homeschooling, Abitur und deutschen Föderalismus. Trotz fehlendem Publikum im Studio aufgrund der Kontaktsperre, wird das Ziel erreicht: Die Zuschauer zuhause am Bildschirm sind unterhalten und werden dazu ermuntert, ihr Lachen nicht zu verlieren. Solange die Infizierten- und Streberate des Virus und die prekäre Gesundheits- und Wirtschaftslage nicht heruntergespielt werden, stellt sich die Frage: Warum nicht?

Jede fünfte Person ist Statistiken zufolge davon betroffen und dennoch hört man kaum davon: SPS (kurz für Sensory Processing Sensitivity) steht für eine erhöhte sensorische und emotionale Wahrnehmung in der Psyche eines Menschen. Auch der 21-jährige Elia Catena ist von diesem Phänomen betroffen und erklärt, was Hochsensibilität genau ist und wie ein junger Mann im 21. Jahrhundert damit umgeht. Hochsensibilität auf den Punkt gebracht – diesen Monat bei Tize klärt auf.

«Interessant ist, dass sehr viele Menschen hochsensibel sind, davon aber keine Ahnung haben.» Der in Solothurn lebende Elia Catena ist hochsensibel und geht offen damit um. Begeistert, von diesem psychologischen Phänomen erzählen zu können, erklärt er, was genau im Innern eines Hochsensiblen vor sich geht. Neurologen gehen davon aus, dass Menschen mit einer hochsensiblen Veranlagung eine erhöhte neurologische Aktivität im Bereich der Sinneswahrnehmung aufweisen, wie Elia erklärt. Er selbst arbeitete bis letzten Dezember in einer Institution für Menschen mit psychischer Beeinträchtigung, wo er auch seine Ausbildung abschloss. «Ich habe mich schon immer sehr für das Selbst des Menschen interessiert und habe damit begonnen, mich neben der Arbeit mit mir selbst auseinanderzusetzen, was wirklich bereichernd war.»

«Interessant ist, dass sehr viele Menschen hochsensibel sind, davon aber keine Ahnung haben.»

Elia, was genau bedeutet es für dich, hochsensibel zu sein?

«Mit der Hochsensibilität konnte ich mich und meine Persönlichkeit besser einordnen. Ich habe nun einen Identifikator, was mir etwas Erleichterung im Auf und Ab des Lebens bietet, kann mich ein Stück weit damit identifizieren und fand somit ein weiteres Puzzleteil meines Ichs.» Er habe schon in der Pubertät gemerkt, dass bei ihm etwas anders ist als bei den meisten anderen. «Ich bin ein Mensch, der erst sehr spät wusste, was aus mir werden sollte und so ganz habe ich diesen Prozess auch noch nicht abgeschlossen. Aber mit der Eigendiagnose der Hochsensibilität hat für mich plötzlich alles Sinn ergeben. Es fühlt sich an, als hätte ein weiteres Puzzleteil zur Vervollständigung meines Selbst gefunden, das gibt mir auch einen gewissen Halt.»

Elia erklärt, wie er die verschiedensten alltäglichen Situationen wahrnimmt: «Hochsensibilität zeigt sich auf unzählig verschiedene Arten. Es ist sehr schwer Hochsensibilität zu verallgemeinern, vor allem aufgrund der menschlichen Diversität. Ich nehme emotionale Sinneseindrücke sehr intensiv wahr. Zum Beispiel spiegle ich die Gefühlszustände von anderen Personen wider und fühle diese gleichzeitig sehr stark. Wissenschaftler haben erwiesen, dass für das Widerspiegeln von Gefühlszuständen die sogenannten «Spiegelneuronen» verantwortlich sind, diese sind auch für das Empathievermögen zuständig. Das kann manchmal schon überfordernd sein, besonders wenn ich von mehreren Menschen umgeben bin, die mir nahestehen. Da fällt es mir leichter, Gefühle nachzuempfinden. Es ist aber auch ein Vorteil, denn ich kann dadurch Menschen in schwierigen Lebenssituationen besser beistehen, weil sie sich von mir Verstanden fühlen. Natürlich kann ich auch Glücksmomente nachfühlen, was sehr schön ist.»

Welche Arten von Hochsensibilität gibt es?

Wie Elia sagt, wird zwischen drei verschiedenen Arten der Hochsensibilität unterschieden. «Da wäre der sensorisch sensible Mensch, der emotional Sensible (der vor allem auf Gefühlszustände reagiert) und der kognitiv Sensible. Letzterer prägt ein hohes Verständnis für Logik und komplexere Zusammenhänge. Ich muss dazu sagen, dass eine hochsensible Person nicht nur eine dieser Arten aufweist, sondern mehrere einzelne Symptome gleichzeitig auftreten. Eine dieser Arten ist lediglich die Dominierende.» Bei ihm seien vor allem die Bereiche der Kinästhetik, des Geruchsinns und des Agierens innerhalb einer Gruppendynamik dominierender. «Schon nur wenn ich an einem gemütlichen Samstagabend in einer Gruppe unterwegs bin, laufen meine inneren Sensoren auf Hochtouren. Ich spüre bei allen Gruppenmitgliedern, wie diese sich fühlen und versuche das Geschehen so zu steuern, dass alle einigermassen zufrieden sind. Sind alle zufrieden, fühle auch ich mich wohler und kann mich der Gruppendynamik anschliessen.»

Wie hast du gemerkt, dass du hochsensibel sein könntest?

Schon im Kindesalter haben ihm seine Eltern und andere Mitmenschen gesagt, dass er ein sehr sensibles Kind sei. «Das war überhaupt nie abwertend gemeint. Die meisten waren sehr dankbar dafür und respektierten mich.» Doch Elia wollte sich zu diesem Zeitpunkt nicht mit sich selbst auseinandersetzen. «Es gab Phasen in der Pubertät, in denen ich mich selbst dafür verflucht habe und mich fragte, was denn nicht mit mir stimmte. Ich denke das geht zu Beginn vielen so.» Der eigentliche Auslöser war aber eine Freundin, die Elia im Laufe seines Lebens kennengelernt habe. «Diese Person ist mir sehr ans Herz gewachsen und hat mich von Anfang an unterstützt.» Sie hatte sich aus Interesse mit dem Thema auseinandergesetzt und mit Elia etliche Gespräche darüber geführt. «Zu meinem Geburtstag hat mir die genannte Freundin das Buch «Proud to be Sensibelchen» von Maria Anna Schwarzberg geschenkt. Ich konnte mich sofort mit beinahe allem identifizieren, was in diesem Buch geschrieben steht. Somit war für mich der Fall klar: Ich bin hochsensibel.»

«Somit war für mich der Fall klar: Ich bin hochsensibel.»

Wie würdest du das Gefühl beschreiben, das mit der Eigendiagnose in dir ausgelöst wurde?

«Es war nicht befreiend, eher öffnete es mir die Augen, wenn ich so an vergangene Geschehnisse und mein Leben im Allgemeinen zurückdenke. Wie schon erwähnt, fand ein weiteres «Puzzleteil», das brachte mir grosse Erleichterung. Gleichzeitig wurde ich so vor neue Herausforderungen gestellt und ich begann ich mich mehr mit mir auseinanderzusetzen.» Elia sei sehr dankbar für diese Erfahrung, wie er sagt. Um mehr über das Thema zu erfahren habe er sich anschliessend verschiedene Podcasts angehört und liess sich Konflikte mit seinen Freunden aus der Vergangenheit durch den Kopf gehen. «Es war sehr interessant, welchen neuen Blickwinkel ich plötzlich auf die verschiedensten Dinge hatte.»

«Natürlich kann ich auch Glücksmomente nachfühlen, was sehr schön ist.» Der 21-jährige Elia Catena liebt es, sich mit sich selbst und seinen Mitmenschen auseinander zu setzen.

Was sagt dein Umfeld dazu, wenn du erklärst, dass du hochsensibel bist?

Seiner Familie sei bereits klar gewesen, dass Elia hochsensibel sein könnte. «Ja klar, das wissen wir und weiter?», so hätten beispielsweise seine Eltern reagiert. «Viele aus meinem Umfeld, gerade enge Freunde, reagieren mit grossem Verständnis und sind so fasziniert davon, dass sie am liebsten alles darüber erfahren würden. Das erleichtert mich sehr und gerne füttere ich dieses Bedürfnis auch und berichte von meinen Erfahrungen.» Daneben gebe es auch solche, die mit Unverständnis reagieren. «Das ist für mich vollkommen in Ordnung, damit kann ich leben», versichert Elia.

In welchen Bereichen des alltäglichen Lebens schränkt dich deine Hochsensibilität ein?

«Grösstenteils werde ich nicht eingeschränkt. Die Hochsensibilität ist ein Teil von mir und ich muss mich arrangieren. Ich sehe es mehr als Möglichkeit. Trotzdem kann es gerade bei grösseren Gruppen, in denen ich mich bewege, vorkommen, dass ich mich plötzlich unwohl fühle und ich erst einmal herausfinden muss, welche Reize mich überfordern.» Das nützt Elia aus, um kurz den «Siedepunkt» zu verlassen, rauszugehen und sich zu sammeln. «Das schränkt mich schon ein, da ich halt die Gruppe für eine kurze Zeit zurücklassen muss», ergänzt er. «Ich kann dann auch ohne Problem sagen, dass es mir zu viel wurde. Ich finde, dass sollte jeder Mensch machen und sagen dürfen, ob hochsensibel oder nicht.»

Kennst du Leute in deinem Umfeld die hochsensibel sind und wie gehst du mit denen um?

«Es gibt viele in meinem Freundeskreis, die entweder hochsensibel sind oder vereinzelte Symptome aufweisen. Mit der einen Freundin, die ebenfalls hochsensibel ist, spreche ich oft über das Thema. Generell pflege ich aber keinen speziellen Umgang mit den Leuten. Im Gegenzug erwarte ich auch nicht, dass mein Umfeld anders mit mir umgeht.» Elia sieht auch gewaltige Unterschiede, wenn er sich mit anderen Hochsensiblen vergleicht. «Das Spektrum der Hochsensibilität ist so riesig, dass es schwierig ist Differenzen zu Menschen mit gleicher oder ähnlicher Thematik zu erkennen. Spannender finde ich, Gemeinsamkeiten untereinander ausfindig zu machen. Der emotionale Sinn ist nach meinen Beobachtungen der, der bei den Leuten in meinem Umfeld am ausgeprägtesten ist.» Durch den regelmässigen Austausch könne man eine Reflexion provozieren. Diese Selbstreflexion sei im Umgang mit Hochsensibilität essenziel.

«Man ist ein gewöhnliches Individuum mit individuellen Charakterzügen.»

Hast du Ratschläge für Menschen, die bereits hochsensibel sind oder das Gefühl haben, sie könnten auch zu diesem Spektrum gehören?

«Tests dazu machen, das kann einem Sicherheit vermitteln. Mir persönlich hat das sehr geholfen.» Er rät den Betroffenen, sich selbst zu akzeptieren und sich ein wenig zu beobachten. «So kann eingeschätzt werden, in welchen Lebensbereichen die Hochsensibilität zutrifft, wo Unterstützung angefordert werden kann und wie am besten Selbsthilfe betrieben wird.» Massgebend sei, durch eine Eigendiagnose nicht in Hochmut oder im Gegenteil, Selbstmitleid zu verfallen. «Ein hochsensibler Mensch ist weder besser noch schlechter. Man ist ein gewöhnliches Individuum mit individuellen Charakterzügen», fügt Elia hinzu.

Wie findest du, wird mit dem Thema in der Öffentlichkeit und in der Politik umgegangen?

«Generell finde ich, wird Hochsensibilität zu wenig thematisiert. So müssen insbesondere die stärker betroffenen selbst damit umgehen und erst einmal selber auf die Diagnose kommen, statt Hilfe von aussen erwarten zu können. Das kann dann zum Problem werden, wenn sich Personen regelrecht fragen, was denn nicht mit ihnen stimme, so wie es bei mir in der Pubertät war.» Im Gleichzug findet Elia aber auch, dass es wichtigere Themen als die Hochsensibilität gibt. Dazu sagt er: «Hochsensible Menschen können nichtsdestotrotz ohne weitere Probleme ihr Leben bestreiten, es ist in diesem Fall keine Krankheit oder Behinderung, sondern eine etwas ausgeprägtere Eigenschaft.»

«Wer hochsensibel ist, hat keine extra Wurst!»

Was für Elia gar nicht geht ist, wenn Menschen ihre Hochsensibilität als Ausrede verwenden. «Es ist keine Ausrede für gar nichts und verpflichtet niemanden, dass er mit der betreffenden Person anders umgeht. Wer hochsensibel ist, hat keine extra Wurst!» Trotzdem sei es wichtig, dem Thema offen zu begegnen. «Wenn ich aber jemandem erzähle, dass ich hochsensibel bin und dabei auf Desinteresse stosse, sollte mir das als Betroffener nichts ausmachen. Gegenseitiger Respekt ist wie bei so vielem, das A und O.»

Willst du zum Schluss den Leserinnen und Lesern von Tize etwas auf den Weg geben?

«Diejenigen die mich kennen, lade ich herzlich dazu ein, mich bei weiteren allfälligen Fragen zu löchern. Ich gebe sehr gerne Auskunft, wie Tipps und Tricks zum Thema.» Auch an die Leserschaft, die sich mit der Hochsensibilität identifizieren kann, hat Elia eine Botschaft: «Macht euch nicht selbst fertig, akzeptiert eure Persönlichkeit und seid offen. Es ist ein spannendes Thema und es lohnt sich, sich damit zu befassen.

Wir danken Elia für das interessante Gespräch.

Die Reihe «Tize klärt auf»: Jeden letzten Montag im Monat erscheint auf Tize ein neuer Bericht über brandaktuelle, häufig diskutierte und spektakuläre Themen in allen möglichen Bereichen, dargestellt mit Analysen, Aufzeichnungen oder Interviews – von der jungen, für die junge Generation.

Hier geht’s zur ganzen Reihe: Tize klärt auf

Während die Welt mehrheitlich mit dem Coronavirus beschäftigt ist, erreicht der Konflikt in Syrien eine neue Eskalationsstufe. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat vor wenigen Wochen die Grenze zu Syrien offiziell geöffnet. Die Folge: Tausende schutzsuchende Syrierinnen und Syrier flüchten über die Türkei, um nach Europa zu gelangen. Doch der Exodus endet für die meisten bereits nach dem Bosporus. Wie die humanitäre Krise auf Lesbos und anderen Grenzorten entstanden ist – heute auf Tize.ch.

Es sind Szenen, die einem apokalyptischen Film zu entspringen scheinen: Nach Focus befinden sich zurzeit über 20`000 Flüchtlinge auf der griechischen Insel Lesbos. Die meisten haben ihre Schlafplätze mittlerweile über die ganze Insel verlegt, denn das Hauptlager fasst eine Kapazität von nur 2`800 Menschen. Die Insel, die früher als Urlaubsparadies galt, wird nun vom Elend eines neun Jahre anhaltenden Bürgerkrieges überflutet und selbst für Einheimische zum Horror. Den Bewohnern macht nicht nur der mangelnde Platz und die Massen der Flüchtenden zu schaffen. Auch gewaltbereite Rechtsextreme werden von den Flüchtlingsmengen angezogen, die zu Gewalt an den Neuankömmlingen aufrufen, Randalen begehen und sich mit Linksextremisten auf offenen Strassen Schlachten liefern. Die Probleme auf Lesbos sind nicht neu, sondern beschäftigen die Einwohnerschaft, die Regierung Griechenlands und der EU schon seit Monaten.

 

Ein letzter Kampf gegen das syrische Regime

Der Konflikt in Syrien ist kompliziert und die verschiedenen kriegführenden Parteien eng mit- und gegeneinander verstrickt (für mehr Informationen zum syrischen Bürgerkrieg, hier klicken). Zu Beginn dieses Monats startete die Türkei einen erneuten Angriff gegen regierungstreue, syrische Truppen, was eine Welle von flüchtenden Menschen auslöste. Bei der nordsyrischen Stadt Idlib, auf die sich der Krieg nun verschoben hat, handelt es sich um die letzte Rebellenhochburg, die noch nicht vom Assad-Regime kontrolliert wird. Laut der Tagesschau.de sind im Februar rund 900’`000 Menschen aus der Stadt geflohen. Vorerst hatte die Reise der schutzsuchenden Massen bereits an der Grenze zur Türkei ein Ende gefunden. Vor kurzem hat Erdogan die Grenze geöffnet und so die Durchreise bis nach Griechenland ermöglicht. Doch woher kam dieser plötzliche Entscheid des türkischen Präsidenten?

 

Menschenmassen als politisches Druckmittel

Wie die Tagesschau berichtet, signalisiert Erdogan mit der Grenzöffnung ein klares Zeichen in Richtung des Westens. Hunderttausende Flüchtlinge hätten zuvor an der nordsyrischen Grenze ausgeharrt – dies unter miserablen Bedingungen. Um die von der türkischen Regierung angeforderte Hilfeleistung für die Flüchtlingsmassen, sowie Militärunterstützung im Syrienkrieg zu erhalten, habe Erdogan eine schon monatealte Drohung wahr gemacht. Türkei-Sprecher Ibrahim Kalim weist dies aber zurück. «Wir haben nicht vor, dadurch eine künstliche Krise heraufzubeschwören und politischen Druck auszuüben. Für uns waren die Flüchtlinge noch nie Gegenstand politischer Erpressung. Die Türkei hat sich bemüht, die Flüchtlingsströme in die Europäische Union aufzuhalten. Aber die Kapazitäten der Türkei sind jetzt ausgeschöpft. Je schneller die EU und alle Betroffenen handeln, desto schneller kann diese Krise gelöst werden», so Kalim.

 

Ein Schachmatt für den Westen?

Jetzt stossen die Kapazitäten des griechischen Grenzschutzes an ihr Limit. Wie die Zeit online berichtet, verwenden die Behörden Griechenlands bereits Tränengas und Wasserwerfer, um die Massen an ihrer Einreise zu hindern. Ständige Zusammenstösse zwischen der Grenzpolizei und den Flüchtenden sind an der Tagesordnung. Griechenland, wie auch die EU, befindet sich nun in einer Pattsituation. Eine Weiterschleusung und Verteilung der Flüchtlinge scheint für die europäischen Staaten aufgrund der grossen Mengen nahezu unmöglich, gerade mit den neuen Herausforderungen, die das Coronavirus mit sich bringt. Bleiben die flüchtenden Menschen aber an Ort und Stelle, wie in den Auffanglagern auf Lesbos, so ist nicht nur die Versorgung, sondern auch das friedliche Zusammenleben an den Knotenpunkten der Menschenströmungen gefährdet. Vor etwa einer Woche brannte ein Haus der schweizerischen Hilfsorganisation «One happy Family» nieder, verletzt wurde dabei niemand. Spekulationen ergeben, dass es sich dabei um einen Gewaltakt von Rechtsextremen gehandelt haben musste. Sicher ist man sich dabei aber nicht. Auch eine Erstaufnahmestelle der UNO litt an einem Brandanschlag, der vor wenigen Wochen verübt worden war.

 

Ob in den USA, Italien, Deutschland, Brasilien oder Indien: Rechts- und linkspopulistische Politiker gewinnen immer grösseren Zuspruch. In manchen Ländern gewinnen sie Präsidentschaftswahlen, anderen Ortes stellen Aussen-Parteien «nur» eine Minderheit als Randpartei. Wieso unsere Gesellschaft zurzeit einen derartigen Aufschwung der polarisierenden Flügel erlebt und was die Folgen davon sein können, jetzt bei «Tize klärt auf».

Sie nennen sich «Patrioten», «Retter der Nation» oder auf der anderen Seite «Antifaschistisch» und «Die Linke»: Politisch aussenstehende Gruppierungen oder Parteien finden vor allem in Europa immer grösseren Aufwind, wie eine Studie zeigt. Auch die neusten Ereignisse in der in Thüringen anhaltende Regierungskrise lässt die Frage aufkommen, wie die Politik in der heutigen Zeit mit extremistisch Eingestellten umgehen sollte. Ausgelöst wurde die Krise durch die Wahl vom FDP-Politiker Thomas Kemmerich zum Thüringer Ministerpräsidenten. Dieser bekam bei der Wahl auch Stimmen der rechtsradikalen AfD (Alternative für Deutschland), was in der Geschichte der Bundesrepublik eine Sensation darstellt. Laut dem MDR wurde Kemmerich durch ein taktisches Manöver der AfD gewählt, welche mit allen Mitteln eine rot-grüne oder rot-rot-grüne Regierungskonstellation verhindern wollte. Mittlerweile haben sich die SPD und die CDU dazu verweigert, mit Kemmerich Politik zu machen und fordern eine «Korrektur der abgekarteten Wahl». Durch die Regierungskrise besteht nun eine grössere Möglichkeit der AfD, Stimmen für sich zu gewinnen. Der rassistisch motivierte Terroranschlag vom Februar 2020 in Hanau, bei dem neun aus dem Ausland stammende Menschen umgekommen sind, lässt den Unmut der Bevölkerung gegenüber der politischen Ohnmacht in Deutschland weiter hochkochen.

 

Rechtspopulismus als Beispiel: Rechts ist nicht gleich rechts

Das Spektrum der radikalen Rechtsparteien ist breit. Es ist nicht möglich, Donald Trump in den USA mit Matteo Salvini in Italien, Björn Höcke aus der AfD, dem Präsidenten der Türkei Recep Tayyip Erdogan oder dem Brasilianer Jair Bolsonaro zu vergleichen. Nicht alle Parteien und Politiker gehen gleichermassen radikal und offensichtlich «rechts» vor. Nur zwei Dinge haben rechte Politiker gemeinsam: Ihre politische Orientierung und die Tendenz, populistisch Politik zu machen. Bei der Präsidentschaftswahl im Jahre 2016 hatte vorerst noch niemand wirklich geglaubt, dass Donald Trump das Rennen gegen Clinton tatsächlich gewinnen würde. So ähnlich war es beim 2018 neu gewählten brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro. Das Amt einem Politiker als Staatsführer zu überlassen, der weibliche Abgeordnete als «nicht Wert von mir vergewaltigt zu werden» bezeichnet (so berichtet die Zeit), scheint in der Schweiz und in Europa als gar unmöglich. Während Trump und Bolsonaro durch ihre lauten und eher unbedachten Worte auffallen, verhaltet sich beispielsweise der Bundeskanzler von Österreich Sebastian Kurz zurückhaltend. Durch seine gut überdachten Worte, der ausgeschmückten Sprache und der Nähe zum Volk, wirkt er auf viele Österreicherinnen und Österreicher als Hoffnungsträger. Auch der Lebenslauf von Kurz scheint nahezu wie aus dem Bilderbuch zu stammen. 2004 legte er die Matura mit Auszeichnung ab, dann studierte er Rechtswissenschaft und ist schon seit 2003 Mitglied der JVP (Junge Volkspartei). Nach die Freiheitsliebe steht fest, dass die österreichische Regierung zum Zweck der Zentrumsbildung mit einer rechtsradikalen Partei, der FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs), paktiert. Auch der türkische Präsident Erdogan habe für Wahlen im Jahre 2018 eine «Volksallianz» mit der faschistischen MHP-Partei geformt. Die sogenannten «grauen Wölfe» gehen vor allem gewaltsam gegen die kurische Minderheit in der Türkei vor.

 

Gründe für den Aufschwung des Populismus

Kriege wie in Syrien und Afghanistan oder Armut in Regionen wie Mexiko, Südamerika, etc. sind Auslöser von unzähligen Flüchtlingsströmen, die zu uns in den Westen führen. Nach Mediendienst Integration sind allein aus Syrien 770`000 Menschen allein nach Deutschland geflohen (Stand 2018). Bei vielen Europäerinnen und Europäern trifft das Thema Migration auf einen wunden Punkt, kein anderes Thema wird in der Gesellschaft stärker debattiert und bis aufs letzte ausgeschlachtet. Nicht zuletzt auch in der Schweiz, gerade durch die SVP, die bei Abstimmungen mit ihren Plakaten am Wegesrand jeder Passantin und jedem Passanten ins Auge sticht. Der Ursprung der Urangst gegenüber Migration scheint wohl gerade für einen liberalen und zeitgeistlichen Menschen schwer nachzuverfolgen, vor allem zu verstehen. Viele fürchten sich vor dem Verlust von Arbeitsplätzen oder im Allgemeinen, im eigenen Land zu kurz zu kommen, sei es in Bereichen der staatlichen Sozialleistungen, bei der Wohnungssuche, etc.

Populismus (gleichgültig ob im rechten oder linken Flügel) steht dafür, Themen volksnahe und demagogisch darzustellen und Sachverhalte über zu dramatisieren. Populistische Politiker beleuchten ein kompliziertes Thema gegenüber den eigentlich komplizierten Themen vereinfacht und stellen sich selbst so dar, als hätten sie die Lösung für alles. Hier kann man sich fragen: Wie funktioniert das so erfolgreich? Weil es einfacher ist einer pompös aufgemachten Parole zu folgen, statt selbst zu recherchieren und nachzufragen, bevor eine eigene Meinung gebildet wird. Die schnellen Umbrüche in der Medienbranche durch Social Media und die Verlagerung der News und der Politik ins Internet stellen weitere Möglichkeiten dar, Populismus zu fördern. Ein Beispiel wäre der Instagram-Account von Donald Trump oder seines Sohnes Donald John Trump. Letzterer bezeichnet sich selbst als «General der Memes», die vor allem gegen die amerikanische demokratische Partei ausgerichtet sind. Das gleiche passiert auf der linken Seite. Diverse «Meme-Pages» auf Instagram und anderen Social Media Kanälen, wie beispielsweise der von sich selbst ernannte Internet-Guerilla «dreckiger Kommunist», greifen tagtäglich brisante Themen auf und stellen diese mit Karikaturen da, um Stimmung gegen eine Partei, einen Politiker, etc. zu machen. Dabei werden Symbole, wie der Hammer und die Sichel, unter denen in Zeiten der UdSSR Millionen Menschen ums Leben kamen, verherrlicht.

 

Weshalb stellt Populismus ein grosses Problem dar?

Eine gut funktionierende Demokratie braucht für den politischen Diskurs linke, mittige, wie bürgerlich rechte Parteien und Politiker. Es braucht einen Ausgleich zwischen den Fronten, damit keine Ein-Parteien-Politik entsteht, wie es in Russland, China oder bald vielleicht auch in den USA der Fall ist. Wichtig ist aber, dass in jedem Flügel Themen sachlich ausdebattiert werden und dass Parteien, die Beziehungen zum faschistischen oder radikal kommunistischen Untergrund pflegen, mit Sanktionen bestraft werden.

Rechtspopulismus beispielsweise fördert also nicht nur den Hass der einheimischen Bevölkerung gegenüber Flüchtlingen und Migranten, sondern bringt auch die Grundordnung der Demokratie in Gefahr. Faschisten und Linksradikale, die wie oben aufgezeigt, vielmals mit extrem rechten und linken Politikern zusammenarbeiten, streben einen totalitären Staat an, der mit eiserner Hand durch Diktatur geführt wird und gegen jeden vorgeht, der «aus der Reihe tanzt» und eine andere Meinung vertritt.

 

 

Die Reihe «Tize klärt auf»: Jeden letzten Montag im Monat erscheint auf Tize ein neuer Bericht über brandaktuelle, häufig diskutierte und spektakuläre Themen in allen möglichen Bereichen, dargestellt mit Analysen, Aufzeichnungen oder Interviews – von der jungen, für die junge Generation.

Hier geht’s zum letzten Beitrag der Reihe:

Tize klärt auf – Warum sich die Zwischenfälle im Persischen Golf häufen

Grosse Zeitungsverlage wie Ringier, Tamedia und CH Media dominieren die Schweizer Medienlandschaft. Unter diesem Namen stecken die NZZ, der Tagesanzeiger, die Annabelle und zahlreiche weitere Medientitel. Versteckt in dünnen Nischen zwischen eben genannten Medienhäusern, sind kleinere unabhängige Medien am Werk – für differenzierten Journalismus mit Tiefgang, unabhängig und zuverlässig. Eines dieser Medien ist Die Republik. Im Rahmen der Veranstaltung «Zur Zukunft der Republik» haben Tize Redakteur Cyrill Pürro und Redakteurin Jana Leu hinter die Kulissen der Republik geblickt, einen Eindruck einiger unabhängigen Schweizer Medien erhalten und zudem die Besucher gefragt, was sie von der Veranstaltung und der Republik halten.

Als Präsident der Guggen von Solothurn (abgekürzt GUSO), deckt der selbstständige Marketingconsulter Thomas Nyffenegger einige organisatorische Aufgaben ab. Was sind seine Ämter in der Solothurner Fasnacht und was bedeutet die Fasnacht für ihn? Ein Interview.

Am heutigen Donnerstag ist es in Solothurn wieder soweit. Die jährliche Solothurner Fasnacht startet mit der traditionellen Chesslette und dauert eine Woche, bis zum Aschermittwoch. Doch was auf den einen Blick wie ein fröhliches, sorgenloses Fest erscheint, muss im Hintergrund bis auf das Detail genau geplant und organisiert werden. Eine grosse Aufgabe für die vereinigte Fasnachtsgesellschaft von Solothurn (UNO) und für die vereinigten Guggen von Solothurn (GUSO). Auch die Politik kommt in dieser Fasnachtsvorbereitung nicht zu kurz.

«Vor der Fasnacht bin ich immer in Hochstimmung», antwortet Thomas Nyffenegger strahlend auf die Frage, wie es ihm an diesem kalten, verregneten Januarabend geht. «Vor und während der Fasnacht bleibt eher weniger die Freizeit, um diese mit der Familie zu verbringen oder viel auszuruhen. Da liegt es auch an mir, dass ich mir mal einen Abend komplett frei nehme und mir so meine Zeit einteile», erzählt er mir weiter. Während der Solothurner Fasnacht ist Thomas Nyffenegger als Präsident der GUSO und als aktives Mitglied der Gugge Weihere Schränzer, in der er bis vor zwei Jahren ebenfalls Präsident war, organisatorisch, wie auch als Fasnächtler viel auf den Beinen.

Was bedeutet es GUSO-Musiknarr an der Solothurner Fasnacht zu sein?

«Als GUSO-Musiknarr bin ich sozusagen der Präsident der Guggen von Solothurn. Wie das Amt als Präsident auch in anderen Vereinen aussieht, kümmere ich mich um die Organisation, der Interessen der Mitglieder, also der Guggen von Solothurn und versuche diese auf eine Art und Weise in das Geschehen der Solothurner Fasnacht einzubringen. Ebenfalls sind die verschiedenen Strukturen der GUSO, sowie einen optimalen Fasnachtsablauf, zu organisieren. Dies bedeutet für mich einerseits viel Arbeit, aber es ist eine interessante Arbeit, die mir Spass bereitet.»

Was ist der Zweck der GUSO-Vereinigung?

«Die GUSO wurde im Jahre 1980 gegründet, zum Zweck, die Interessen der Guggen zu bewahren. Die Stimmen der Guggen spielen in der Solothurner Fasnacht eine wichtige Rolle, so muss also gut auf die Interessen und Ansprüche der einzelnen Vereine gehört werden. So können beispielsweise auch neue Anlässe oder Ideen, betreffend der Solothurner Fasnacht, aus den Sitzungen herauswachsen und in den Fasnachtsablauf integriert werden. Der «12i-Chlapf», der in der Nacht vom Fasnachtsdienstag auf den Aschermittwoch stattfindet, ist beispielsweise einer dieser Anlässe.»

Wie hoch schätzt du die Wichtigkeit der GUSO für die Solothurner Fasnacht?

«Auch gegenüber den Narren und Närrinnen von Solothurn ist diese Vereinigung ein wichtiger Zweig. Die GUSO befindet sich durch den Ober der Guggen in der UNO, in welcher auch die Stammzünfte ihren Platz finden. Die GUSO ist das oberste Organ, welches die Guggen vertritt und hat somit auch einen Sitz im UNO Vorstand. Die UNO verbindet so die Guggen mit den anderen Vereinen und Zünften.

Die Aufgaben der UNO wiederum, welche für die Fasnacht in Solothurn ebenfalls sehr wichtig sind, beziehen sich auf das ganzheitliche, organisatorische. Wie beispielsweise die Umzüge am Sonntag und Dienstag, die Planung und Koordination des Plakettenverkaufes, die medizinische Versorgung, die Planung der Sicherheit, die Sicherstellung von Notfallplänen, sollte etwas schiefgehen, der Aufstellung von Ständen mit Verhandlungen der Firmen, bei denen sich die Narren Närrinnen verpflegen können und noch vielem mehr.»

Wie hoch schätzt du die Wichtigkeit der GUSO in Zusammenarbeit mit der Stadt Solothurn ein?

«Das ist eine gute Frage», antwortet Thomas lachend und nippt kurz an seinem frischeingeschenkten Becher Cola. «Die GUSO, wie aber auch die UNO, also die Guggen und die Zünfte in der Fasnacht vereint, spielen für die Stadt eine wichtige Rolle. Denn die Fasnacht gehört in Solothurn zum Kulturgut dazu. Dieses Kulturgut liegt im Interesse der Stadt, wie auch im Interesse des Kantons. Deshalb sind auswärtige Auftritte der Guggen ebenfalls sehr wichtig, um den Kanton zu vertreten und den Menschen in anderen Kantonen zu zeigen, dass in Solothurn viel läuft, was die Fasnacht anbelangt, auch wenn man das vielleicht beim Hörensagen nicht glauben mag, da Solothurn nicht unbedingt die grösste Stadt der Schweiz ist. Ein genaues Beispiel dafür wäre der Besuch der Weihere Schränzer und einer Fasnachtsdelegation von Chesslerinnen und Chesslern an der Olma in St.Gallen vor fünf Jahren oder die Teilnahme der Weihere Schränzer am Marché Conur in Saignelégier oder am Sächsilüte in Zürich.»

Wie kann man sich den Aufbau der GUSO vorstellen?

«Jede Gugge kann zwei Mitglieder ihres Vereins wählen, welche dann an den Delegiertenversammlungen zusammensitzen und die Guggen vertreten, ihre Anliegen, Vorschläge und Ideen präsentieren und sich so austauschen. Meine Aufgabe ist es dann wiederum, das Besprochene zusammenzufassen, nach Lösungen zu suchen und zu kooperieren. Diese Lösungsvorschläge präsentiere ich dann an der Hauptversammlung. So haben wir also eine Art «demokratisches Parlament» für die Fasnacht in Solothurn.»

Der Hauptsitz der beiden Fasnachtsvereinigungen befindet sich im Richteramt von Solothurn, wie mir Thomas erklärt. Gibt es also einen Rechtsstreit, finden sich der Kläger und die UNO, wie die GUSO in diesem Amt wieder. Daraus lässt sich schliessen, dass auch die Regionalpolitik von Solothurn stark mit der Fasnacht zusammenhängt. Auf die Frage hin, wo denn diese Sitzungen der Delegierten aus den verschiedenen Guggen stattfinden, wird mir von Thomas erläutert, dass dabei versucht wird, die verschiedenen Beizen und Restaurants ein wenig zu berücksichtigen. Sicherlich stellt das auch eine gewisse Herausforderung dar, die vielen Abgeordneten in eine Lokalität zu bringen. «Es ist tatsächlich eine Schwierigkeit, bei so vielen Mitgliedern», sagt er nachdenklich.

Die Umzüge am Fasnachtssontag und am Fasnachtsdienstag sind einer der «Hauptattraktionen» der Solothurner Fasnacht. Was muss alles im Vorfeld getan werden, um dem Publikum einen schönen Fasnachtsumzug bieten zu können?

«Die ganze Organisation ist für uns natürlich ein grosser Aufwand. Zuerst müssen die Zünfte angefragt werden, wie es mit den Sujets für die nächste Fasnacht aussieht. Dieser Prozess beginnt schon im August. Dann werden die Wagenbauchefs der Fasnachtszünfte eingeladen, um die Fahrzeuge zu überprüfen, mit denen sie die Fasnachtsumzüge bestreiten. Die MFK (Motorfahrzeugkontrolle) überprüft die Bremsen und kontrolliert, ob die Fahrzeuge sicher sind. Auch muss die Planung für die Sicherheit an den Umzügen gemacht werden, also Sicherheitsleute aufgestellt werden, die neben den grossen Wägen herlaufen und dazu schauen, dass keine Person in den toten Winkel gerät, welcher an den Umzügen wegen dem eingegrenzten Blickfeld grösser ist, als normalerweise auf der Strasse. Die Guggen werden auf ihre Spieltüchtigkeit geprüft, sowie ob Masken und Kostüme für die Fasnacht bereit sind.»

Gewissermassen profitiert ja die Gastronomie der Stadt vom grossen Andrang der Menschen zu dieser Zeit. Wie offen für die Solothurner Fasnacht sind die Gastronomiebetreiber?

«Es gibt die Gastronomiebetreiber, die sich innovativ zeigen und bei der ganzen Sache mitmachen, was uns natürlich sehr freut. Das merkt man auch daran, dass die Preise von diesen Restaurants nicht unendlich in die Höhe getrieben werden und auch ihre Fenster sinngemäss dekorieren. Das sind dann auch die Orte, an denen unter dieser Woche etwas läuft, etwas los ist. Die Restaurants, welche die Preise an der Fasnacht unnötig in die Höhe treiben und ihre Lokalitäten nicht fasnachtsgemäss dekorieren, schiessen sich damit selbst ins Knie, da die Fasnächtler gar nicht erst hineingehen.»

In der Fasnachtswoche wird in Solothurn am Abend viel «Gegässelt», auch da muss es eine gewisse Vorplanung geben. Wie sieht die in etwa aus?

«Kurz gesagt, gibt es für die einzelnen Abende keine Planung. Die Guggen besprechen meistens untereinander spontan, welcher Platz für wie lange und von wem besetzt ist. Die einzige Planung für die Abende, die wir in der GUSO haben, ist die des Fasnachtsfreitags. Für diesen für die Guggen etwas spezielleren Abend, gibt es ein Plakat mit festen Zeiten für die fünf grossen Guggen, die an diesem Freitagabend mitspielen. Dort wird festgelegt, wo und um welche Uhrzeit die Guggen spielen, um auch den Besuchern eine Übersicht zu bieten, wo gerade was stattfindet. Auch für die Abende vom Fasnachtssonntag und Fasnachtsdienstag gibt es einen kleinen Plan. Bei dem wird lange im Voraus abgesprochen, welche Guggen direkt nach dem Umzug weiterspielen. Da viele Guggen nach den Umzügen in die Restaurants verschieben, um zu Nacht zu essen, müssen wir gewährleisten, dass doch noch etwa fünf Guggen in den Gassen bleiben und weiterspielen, damit keine Pausen entstehen, in denen nichts läuft. Unter den Guggen wechseln wir immer ein wenig ab, um niemanden zu benachteiligen.»

Ein spezieller Abend findet auch am Fasnachtsmontag jeden Jahres statt, der «Drumgugulalapfiff». Dort treten alle Guggen, wie die Schnitzelbänke der Stadt auf und präsentieren ihre neuen Lieder, wie auch die Kostüme. Ein wichtiger Anlass, wie mir Thomas erklärt. «Wenn man es so betrachtet, organisiert die GUSO fast alle wichtigen Anlässe, wie eben der Freitagabend, das Stadttheaterprogramm am Sonntag und Dienstabend, die Monsterguggete, der «Drumguglalapfiff», der «Zapfenstreich» am Dienstag, sowie der «Zwöufichlapf». Also abegesehen von den grossen Fasnachtsumzügen, alles.»

Was findest du, ist das wichtigste der Solothurner Fasnacht?

«Ich finde, dass unsere Fasnacht sehr farbenfroh, innovativ und kreativ ist. Auch, dass wir unterschiedliche Gruppierungen innerhalb der Fasnachtsgesellschaft haben, deren Vereinsleben sich voneinander unglaublich unterscheidet. Dies macht, so glaube ich, unsere Fasnacht umso spannender und attraktiver. Wir haben kleinere Vereine, grössere Vereine, die unterschiedlichsten Musikstile der Guggen und all die Freiheiten. Auch die Fasnachtswagen der Zünfte sind Markenzeichen der Solothurner Fasnacht. Denn die gewaltigen Kunstgebilde, die die Zünftler kreieren, mit all den liebevollen Details, sind einfach von Jahr zu Jahr wieder faszinierend.»

Versuchend, nicht zu viel zu verraten, sagt Thomas, auf was sich die Besucher der Fasnacht dieses Jahr besonders freuen dürfen. Da Thomas auch an den Inspektionen bei den verschiedenen Vereinen teilnimmt, kann er sagen, dass die Wagenbauzünfte auch dieses Jahr wieder hammermässige Sujets vorbereiteten und tolle Wagen gebaut haben. Auch auf Guggenmusiken, die dieses Jahr ihr Jubiläum feiern, kann man sich freuen, wie beispielsweise die Weihere Schränzer.

Vielen Dank Thomas, für das interessante Interview.