Grosse Zeitungsverlage wie Ringier, Tamedia und CH Media dominieren die Schweizer Medienlandschaft. Unter diesem Namen stecken die NZZ, der Tagesanzeiger, die Annabelle und zahlreiche weitere Medientitel. Versteckt in dünnen Nischen zwischen eben genannten Medienhäusern, sind kleinere unabhängige Medien am Werk – für differenzierten Journalismus mit Tiefgang, unabhängig und zuverlässig. Eines dieser Medien ist Die Republik. Im Rahmen der Veranstaltung «Zur Zukunft der Republik» haben Tize Redakteur Cyrill Pürro und Redakteurin Jana Leu hinter die Kulissen der Republik geblickt, einen Eindruck einiger unabhängigen Schweizer Medien erhalten und zudem die Besucher gefragt, was sie von der Veranstaltung und der Republik halten.

Ein Magazin für Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur mit dem Ziel – wie es die Republik selbst auf ihrer Webseite schreibt – begeisterten Journalismus zu liefern. Angefangen hat alles mit acht Menschen und einem Plan. Gegründet im Jahr 2018 zählt die Republik mittlerweile rund 50 Mitarbeiter und über 20’000 Verleger. Diese unterstützen die Republik regelmässig und sind im Geschäftsmodell des Magazins essentiell für ihr Überleben. Ende letzten Jahres kündete das Onlinemagazin mit einem Newsletter an alle Abonnenten ihr nächstes Ziel an, dass seine Existenz sichern soll. Bis Ende März 2020 müssen rund 2.2 Millionen Franken eingetrieben und 19’000 Verleger*innen an Bord geholt werden. Im Zuge der damals angekündeten Strategie organisierte die Republik am letzten Sonntag eine öffentliche Veranstaltung zur «Zukunft der Republik» und für den unabhängigen Journalismus.

«Ein aufmerksames, neugieriges und furchtloses Publikum, das bereit ist, in unabhängigen Journalismus zu investieren.» – Republik via Webseite

Noch mehr Unabhängigkeit mit unterschiedlichen Strategien

Bon pour la téte beispielsweise ist ein Onlinemagazin aus der Westschweiz und schreibt seit bald 3 Jahren über gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Themen aus der Westschweiz. «Wir sind gut für den Kopf, auch wenn die finanzielle Seite manchmal Kopfschmerzen bereitet.», sagt die Präsidentin Sarah Dohr, als sie von ihrem Onlinemagazin erzählt. Gegründet wurde Bon pour la téte von Journalisten, die aus den geschlossenen Le Matin und Hebdo auf der Suche nach einer neuen Plattform waren. Da sich das Magazin täglich gegen die Dominanz der grossen westschweizer Medien durchsetzen muss, arbeiten diese stark mit ihren Abonnent*innen zusammen.

«Wenn wir die Glaubwürdigkeit zurückbekommen möchten, müssen wir mit unseren Leser*innen im engen Kontakt zusammenarbeiten und ihnen zuhören.» – Sarah Dohr

Albina Muhatari von Baba News steht als nächstes auf der Bühne. Baba steht sinnbildlich für den «Vater» im orientalischen und die «Mutter» im slawischen Sprachraum. Baba News ist für alle Schweizer, die ihre Wurzeln ausserhalb der Schweizer Grenzen haben. «Jede vierte Person in der Schweiz hat mindestens einen Elternteil mit ausländischen Wurzeln.», erzählt Muhatari und erläutert damit, weshalb eine Plattform wie Baba News wichtig ist. «Wir geben unserer Community eine Stimme.» Leider kämpft auch BabaNews mit Finanzierungsproblemen. Sie arbeiten jedoch stark daran, Synergien zu nutzen, um mit der Zusammenarbeit mehr Diversität in die Schweizer Medienlandschaft zu bringen.

Camille Roseau von der WOZ – unabhängiges Medium seit fast 40 Jahren

Vorreiter der unabhängigen Schweizer Medien ist die WOZ, welche bereits seit bald 40 Jahren wöchentlich eine neue Ausgabe veröffentlicht. Die WOZ ist Unternehmen und Projekt, will unabhängig denken und selbständig handeln. «Diese Utopie trägt uns heute noch.», sagt Camille Roseau, Mitarbeiterin bei der WOZ. Ihr Wunsch für Weihnachten: Mehr Abonnent*innen. Dabei lacht Camille, weil es ihr etwas peinlich ist, aber am Ende ist es ein Wunsch, den vermutlich alle Medien hegen. Viel kleiner aber ähnlich alt wie die WOZ ist Saiten – das Kulturmagazin aus St. Gallen, dass seit April 1994 Beiträge veröffentlicht. Begonnen hat alles mit einem grossen Veranstaltungskalender, erzählt Corinne Riedener. Heute ist das Kernstück des Magazins das Titelthema, welches rund 20 Seiten umfasst. Saiten ist anders als viele Medien nicht basisdemokratisch sondern konsensorientiert aufgebaut. Die sieben Kollektivmitglieder «wollen die Welt etwas besser machen.», betont Riedener.

«2021 ist Journalismus wieder sexy!» – Corinne Riedener über ihr Ziel beim Onlinemagazin «Saiten»

 Auch das linke Onlinemagazin das Lamm, die regionale Plattform tsüri und das Magazin higgs über Wissen und Gesellschaft waren an der Veranstaltung vertreten und stellten ihr unabhängiges Medium, ihre Strategie und ihre «Fuck ups» vor.

Journalismusworkshop für Jugendliche und andere unabhängige Magazine und Zeitschriften, die sich und ihre Leitidee vorstellten: (v.l.n.r.) Corinne Riedener von «Saiten», Natalia Widla «das Lamm», Sarah Dohr «Bon pour la téte», Simon Jacoby «tsüri», Moderatorin Marguerite Meyer, Albina Muhatari «Baba News», Beat Glogger «Higgs» und Camille Roseau «WOZ»

Die Republik als Befriedigung des Bedürfnisses nach freiem und tiefgründigem Journalismus?

In prallender Märzsonne stehen die Besucherinnen und Besucher an diesem Sonntag vor der Zürcher Gessnerhalle. Hie und da wird gemütlich geplaudert, der eine oder die andere ein Bier und oder ein erfrischendes Wasser in der Hand haltend, sich erholend von der Informationsflut, die so eben im Innern des Gebäudes zu den unzähligen unabhängigen Medien auf ihre Gemüter eingeprasselt war. So manch begeistertes «spannend» oder «hätte ich nie gedacht» sind aus den Mündern der Besuchenden in der versammelten Menge zu vernehmen. Mit rund 200 Teilnehmenden des Anlasses werden vor dem Eingang der Halle ein, zwei Fotos gemacht. Alle gemeinsam bilden ein grosses «R», welches zuerst in einem grossen, menschlichen Transparent dargestellt wird. Dann heisst es zusammenrücken, denn alle 200 Anwesenden dürfen nun in die vorgezeichneten Linien des «R`’s» hineinstehen. Ein Bild entsteht, welches mindestens einen gemeinsamen Wunsch der Organisierenden und Besuchenden darstellt: der Wunsch nach einem unabhängigen Medium, wie jenes der Republik. Ein Wunsch nach Pressefreiheit.

Wenige Minuten hat es gedauert, bis die Menge wieder ausstreute, um die anstehenden Workshops zu besuchen. Wir aber blieben draussen, um uns Damen und Herren vorzunehmen und auszufragen, was sie denn eigentlich an diesem schönen Sonntagnachmittag hier machten. «Ich bin eigentlich nur wegen der Sonne und wegen des Getränks hier», gesteht ein etwas älterer Herr. Er sei nicht über den Anlass der Republik informiert gewesen, sei aber generell sehr begeistert vom noch jungen Medium. «Ich bin eher einer, der von Magazinen die Probeabos ausnützt, um erst einmal zu prüfen, ob das Medium zu mir passt. Alles in allem schätze ich die Republik sehr, besonders die Tiefe der Themen, die von Journalistinnen und Journalisten in den Beiträgen verwendet wird», erklärt er weiter.

Per Zufall treffen wir sobald auf Simon Schmid, einem Redakteur bei der Republik, der beim «Tag der Bekanntmachung» mithilft. Auch er bestätigt uns die «Tiefe», die die Journalistinnen und Journalisten bei der Republik verwenden. «Die Republik ist kein schnelllebiges Medium, wie eine Tages- oder Wochenzeitung. Wir haben die Möglichkeit, selektiven und sehr tiefgründigen Journalismus zu betreiben», erklärt Simon Schmid. Das ermögliche ihm als Mitarbeiter, sich vor allem auf die Themen zu fokussieren, die ihm als wichtig erscheinen. «Ich kann mir gut eine Woche für ein Thema Zeit nehmen. Wir leben bei der Republik nicht vom Tagesgeschehen und sind auch auf keine Sponsoren angewiesen. Die finanziellen Mittel erhalten wir vor allem durch Spenden und die Abonnements», sagt er abschliessend.

«Die Republik ist kein schnelllebiges Medium, wie eine Tages- oder Wochenzeitung. Wir haben die Möglichkeit, selektiven und sehr tiefgründigen Journalismus zu betreiben» – Simon Schmid, Redakteur bei der Republik

«Ich bin ein grosser Fan der Republik», sagt Yves Zumbühl, der für den Anlass extra von Bern nach Zürich gereist ist. Er sei von der schweizerischen Medienlandschaft gelangweilt gewesen, die Republik habe gefehlt. «Gerade die Unabhängigkeit des Magazins bringt mich dazu, Beiträge zu lesen», sagt er weiter. Auf die Frage hin, wie Yves die Rolle der Republik in der heutigen Zeit der Fakenews sieht, antwortet er: «Sie nimmt meiner Meinung nach eine wichtige Rolle ein. Wir werden tagtäglich so beeinflussen, als Beispiel die Meldungen über das Coronavirus und die Panik, die aufgrund der Medien langsam ausbricht. Ich bin froh, dass die Republik solche Themen seriöser aufbereitet und weniger populistisch aufträgt.»

Wie geht es weiter mit der Republik?

Nicht zuletzt durch den «Tag der Bekanntmachung» kann die Republik bereits in den ersten Märztagen 1157 neue Mitgliedschaften verzeichnen. Ihr Ziel ist es, bis Ende März 3000 neue Mitgliedschaften bejubeln zu können. Nach ihrer Webseite läuft es auch mit der Abonnentenzahl gut. Von den bis zum 31. März abgezielten 19000 Neuabonnenten, sind schon 19`637 erreicht worden. Die Republik, die freien Journalismus in ihrer Arbeit enorm gross schreibt, wird uns also noch erhalten bleiben.


Autoren

Cyrill Pürro

  • Jungjournalist bei Tize.ch, regelmässig in der Montagsausgabe zu finden
  • Als Hobbyautor auf Wattpad.com unterwegs

Jana Leu

Geschrieben von:

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