Sexueller Missbrauch ist tief in unserer Gesellschaft verwurzelt. Häufig werden Opfer ignoriert, beschuldigt oder verhöhnt. Sexuelle Gewalt wird oft verharmlost und in Unterhaltungsmedien in einem falschen Licht dargestellt. Das Kultivieren falscher Stereotypen schadet der Gesellschaft, viele dieser Stereotypen handeln über den Mann.

Trigger Warnung: Sexuelle Gewalt


Witze über sexuellen Missbrauch von Männern

Witze über sexuelle Missbräuche und Vergewaltigungen von Männern sind in Filmen und Serien weitverbreitet. Von Oscar-Verleihungen, Late-Night Shows bis zu Kinderserien: sie tauchen fast überall auf. Wenn Männer Verletzlichkeit zeigen, dient das in Mainstream-Komödien öfters als eine Quelle der Verhöhnung. Der schlussendliche Kern dieser Witze ist offensichtlich und toxisch: Männer die nicht «hart» oder «männlich» genug sind, um zu verhindern, dass sie zu Opfern von sexueller Gewalt werden, sind erbärmlich und verdienen daher den Hohn.

Misogynie

Die meisten Witze basieren darauf, dass das Opfer in eine unterwürfige Rolle gezwungen wird, eine Rolle die stereotypisch als weiblich gilt. Diese Witze sollten dann lustig sein, da es in unserer patriarchalen Kultur keine grössere Demütigung für einen Mann gibt, als weiblich – und daher schwach – angesehen zu werden.

Homophobie

Was auch oft anzutreffen ist, sind Szenen mit zwei Männern in unangenehmen sexuellen Situation, mit homophobischen Untertönen. Der Witz in diesen Situationen soll sein, dass es schwul ist, wenn ein Mann von einem anderen Mann sexuell missbraucht wird. Und schwul zu sein ist für verunsicherte, heterosexuelle Männer wiederum extrem beschämend. Wenn der Täter als schwuler Mann dargestellt wird, dann werden Schwule zusätzlich dämonisiert, indem sie mit unkontrollierbarer, sexueller Lust in Verbindung gebracht werden. Doch sexueller Missbrauch hat überhaupt nichts mit der sexuellen Orientierung, Maskulinität oder dem Geschlecht zu tun. Vergewaltiger sind eine Gefahr für alle. Geschlecht, Alter und sexuelle Orientierung spielen da keine Rolle.

Polizeiliche Gewalt

Ein weiteres häufig vorkommendes Thema in diesen Medien sind Polizisten, die Verdächtige mit sexueller Gewalt bedrohen um sie zum reden zu bringen. Was dann in Ordnung sein sollte, da es ja sowieso der «Böse» ist, welcher potenziell vergewaltigt wird. Doch Gerechtigkeit hat nichts mit «Karma» oder Rache zu tun. Sexuelle Gewalt sollte niemals in Ordnung sein.

Rassismus

Hier schleichen sich auch öfters rassistische Untertöne unter. Die Pointe läuft öfters darauf hinaus, dass ein weisser Mann von einem grossen, furchterregenden, schwarzen Gefangenen bedroht wird, was dann schwarze Männer als angeblich brutaler, aggressiver und lüsterner als andere Männer darstellt.

Täterinnen

In Serien und Filmen werden häufiger Männer als die Täter sexueller Gewalt dargestellt (Täter sexueller Gewalt sind statistisch gesehen häufiger männlich), doch in manchen werden Frauen die Täterinnen sexueller Gewalt. In diesen Fällen wird die Vergewaltigung komplett verharmlost und als Spass dargestellt. In unserer Kultur gibt es die gefährliche Idee, dass man als Mann immer nach Sex giert oder immer danach gieren sollte. Dies leitet dann zum Gedanke, dass Männer nicht von Frauen vergewaltigt werden können und den Missbrauch sogar geniessen. Eine Erektion oder andere physiologische Antworten vom Körper deuten in keinem Weg darauf hin, dass jemand den Missbrauch gewollt oder genossen hat. Dieser Fakt, dass Männer auch Opfer sein können und Frauen die Täterinnen, wird häufig nicht wahrgenommen oder verleugnet. Der Gedanke dass «echte» Männer immer Sex haben wollen, generiert auch einen sozialen Druck auf Männer, diese Vorstellung zu erfüllen.

Die Verharmlosung sexueller Gewalt

Witze dieser Art schaden unserer Gesellschaft enorm. Opfer von sexueller Gewalt werden oft nicht ernst genommen. Es ist keine Überraschung, dass nur ein Bruchteil der Opfer das Geschehene mit anderen teilen. Witze über Vergewaltigungen fördern dieses ungesunde Verhalten. Diese Kultur der Verhöhnung und Ignoranz betrifft aber nicht nur Männer. Die Witze kultivieren regressive Vorstellung über beide Geschlechter, denn obwohl diese Witze gegen Männer gerichtet sind, schaden sie allen Opfern. Wenn es für unsere Kultur in Ordnung ist, sich über männliche Vergewaltigung lustig zu machen, dann wird es auch einfacher die Opfer aller anderen Geschlechter zu verhöhnen.

Jede fünfte Frau in der Schweiz erlebte einen ungewollten sexuellen Übergriff

22 Prozent der Frauen, die in der Schweiz wohnen, sind laut eigenen Aussagen ungewollten, sexuellen Handlungen ausgesetzt gewesen. Und etwa die Hälfte davon geben an den Vorfall für sich behalten zu haben. Und das ist nur die Spitze des Eisbergs: die Dunkelziffer ist wahrscheinlich gewaltig. Die Daten zeigen, dass für viele Frauen sexuelle Belästigung ein alltägliches Phänomen ist. Die Gründe gegen die Kontaktaufnahme mit der Polizei sind verschieden. Die häufigsten sind Scham, ein Gefühl der Chancenlosigkeit und eine Angst, dass einem kein Glaube geschenkt wird.

Die Chance, sexuell belästigt zu werden ist für Männer geringer. Eins von zehn Vergewaltigungsopfern ist männlich. Für junge Männer ist dabei die Gefahr fünf mal so gross (Männer im Alter von 18 bis 24). Auch hier ist die Dunkelziffer wahrscheinlich sehr hoch. Diese Daten über männliche Opfer stammen aus einer US-Amerikanischen Quelle.

In der Schweiz können Männer nicht vergewaltigt werden

Das Strafgesetzbuch der Schweiz wird von Expert:innen als veraltet angesehen. Laut dem Schweizer Gesetz wird für eine Vergewaltigung eine Nötigung vorausgesetzt, daher muss sich das Opfer indirekt zur Wehr setzen. Somit zieht das Gesetz Schockzustände und Lähmungen nicht in Betracht. Zusätzlich können Männer, gesetzlich gesehen, nicht vergewaltigt werden, da nur weibliche Personen erwähnt werden (Art. 190 StGB). Wird ein Mann sexuell missbraucht geltet das als sexuelle Nötigung (Art. 189 StGB). Das Problem dabei ist: die Mindeststrafe von sexueller Nötigung ist tiefer als die von Vergewaltigung.

Wie man Überlebende sexueller Gewalt unterstützt

Viele Opfer sexueller Gewalt schämen sich für das Geschehene. Daher ist es wichtig zu verstehen, dass sie in keinem Fall Schuld tragen. Männliche Opfer stellen sich Herausforderungen, die es ihnen erschweren ihre Bürden zu teilen. Wie in diesem Beitrag besprochen, führen Stereotypen über Maskulinität und die Verharmlosung von sexueller Gewalt zu dem Glauben, dass der sexuelle Missbrauch von Männern gar nicht möglich ist.

  • Höre Ihnen zu Personen in schweren Lagen fühlen sich oft alleine und ignoriert. Eine Angst ausgelacht oder nicht geglaubt zu werden lässt viele zögern. Indem du Ihnen voll und ganz deine Aufmerksamkeit schenkst, zeigst du Ihnen dass Sie dir wichtig sind.
  • Validiere Ihre Gefühle Vermeide zu positive Aussagen und versuch nicht Ihnen zu sagen wie Sie sich fühlen sollen. Stehe hinter Ihnen und schenke Ihren Gefühlen Glauben.
  • Teile Besorgnis mit Sag Ihnen in einem direkten Weg, dass du dich um Sie kümmerst und dass Sie dir wichtig sind.
  • Frag nicht nach Details Erkundige dich nicht nach Details über den Missbrauch, ausser das Opfer will sie dir mitteilen. Höre in diesem Fall zu und urteile nicht über Ihre Erlebnisse.
  • Hilf Ihnen Ressourcen und Dienste zu erreichen Manche Aspekte im Leben eines Mannes können das Erreichen von hilfreichen Ressourcen oder Diensten erschweren. Versuch Ihnen auszuhelfen und schlage Ihnen Ressourcen vor, die du als hilfreich empfindest.

Quellen

Geschrieben von:

Homo Ludens

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