Anfangs nächsten Monat stehen die nächsten Abstimmungen in der Schweiz an. Das «Volk» wird also einmal mehr dazu aufgefordert, sich an die Urne zu begeben und seine Meinung kund zu tun. Doch wer ist überhaupt dieses stimmende «Volk»? Dieser Artikel befasst sich damit, wie viele in der Schweiz wohnhafte Menschen es effektiv braucht, um einen Mehrheitsentscheid zu treffen. Dies ist davon beeinflusst, dass in der Schweiz nur eine relativ kleine Prozentzahl an die Urne geht, und dass ¼ der in der Schweiz wohnhaften Bevölkerung gar nicht das Recht hat, zu wählen und abzustimmen.

Tiefe werte und kleine Mehrheiten

Im internationalen Vergleich hat die Schweiz eine tiefe Stimmbeteiligung, die in den letzten Jahren sogar noch gesunken ist. Während 2014 und 2016 die Werte (zumindest für Schweizer Verhältnisse) eher hoch waren, ist der durchschnittliche Prozentsatz der Stimmenden nun wieder tiefer. Das bedeutet, dass meist nicht mal die Hälfte aller Stimmberechtigten an die Urne geht. Davon ausgenommen ist die Abstimmung vom letzten September, als die Begrenzungsinitiative der SVP vors Volk kam. Die Initiativen der SVP, welche sich meistens um eine restriktive Ausländer*innen Politik drehen, scheinen jedoch allgemein zu einer grösseren Stimmbeteiligung zu führen. So war 2014 die Masseneinwanderungsinitiative und 2016 die Durchsetzungsinitiative aktuell, was wahrscheinlich auch für die höheren Beteiligungen gesorgt hat.

Von den drei erwähnten SVP Initiativen wurde einzig die Masseneinwanderungsinitiative (mit 50,3%) angenommen. Doch wie gross war der effektive Anteil aller in der Schweiz lebenden Menschen, welcher der Initiative zugestimmt hat? Gehen wir davon aus, dass drei Viertel der Schweizer Wohnbevölkerung stimmberechtig sind, davon aber nur etwas mehr als die Hälfte an die Urne geht, haben wir eine Stimmbeteiligung von etwas mehr als 30% aller hier lebenden Menschen. Entsprechend braucht es für eine Mehrheit nur ungefähr 15-17%. Und dies ist ein Rechnungsbeispiel, welches von einer hohen Beteiligung ausgeht, da das Thema damals sehr polarisierte. Es gibt jedoch auch Abstimmungen, bei denen nur knapp 40% der Stimmberechtigten an die Urne gehen. Dies wären dann entsprechend 25% aller in der Schweiz lebenden Menschen, was dann nur noch etwas über 12% Zustimmung der gesamten Schweizer Bevölkerung verlangt. 

Wer darf überhaupt abstimmen?

Nun stellt sich die Frage, ob das wirklich gerechtfertigt ist, dass schlussendlich ungefähr ein Achtel der Gesamtbevölkerung in der Lage ist, eine Entscheidung, die das ganze Land betrifft, durchzubringen. Zum einen muss natürlich gesagt sein, dass sich alle nicht stimmenden auch selbst etwas an der Nase nehmen können. Sie sind es nämlich, die zwar das Privileg abzustimmen hätten, es jedoch nicht nutzen. Zum anderen gibt es aber auch noch einen Viertel der in der Schweiz wohnenden Bevölkerung, der dieses Privileg eben nicht geniesst. Dieser Viertel besteht aus unter 18 Jährigen und Ausländer*innen. 

Was die unter 18 Jährigen betrifft, hat sich in jüngster Zeit etwas im Parlament etwas getan. Im Herbst wurde der Vorstoss, der das Stimmrechtsalter 16 betrifft, vom Nationalrat angenommen und diese Woche stimmte auch die Kommission des Ständerats zu. Würde das Stimmrechtsalter um zwei Jahre gesenkt werden, gäbe es schon etwas mehr Stimmberechtigte Menschen in der Schweiz, welche auch durchaus bereit und motiviert sind, sich zu beteiligen und die Prozentzahlen etwas ansteigen zu lassen.  

Allerdings machen die Ausländer*innen, die in der Schweiz zu einem grossen Teil ebenfalls nicht stimm- und wahlberechtigt sind, noch einen erheblich grösseren Anteil der Bevölkerung aus, als die Menschen zwischen 16 und 18. Dass die Schweiz jedoch in absehbarer Zeit das Ausländer*innen Stimmrecht einführen wird, ist sehr unwahrscheinlich. Allerdings gibt es bereits in einer Minderheit von 8 Schweizer Kantonen gewisse Regelungen, welche ein begrenztes Stimmrecht für Ausländer*innen erlaubt. So können Bürger*innen, welche den Schweizer Pass zwar nicht besitzen, jedoch gewisse Anforderungen betreffend Wohndauer in der Schweiz und im Kanton erfüllen, auf Gemeindeebene wählen oder sogar gewählt werden. Zwei Kantone lassen sogar das aktive Wahlrecht auf kantonaler Ebene zu. Dies zeigt, dass sich betreffend Ausländer*innen Stimm- und Wahlrecht zwar nicht gar nichts tut, wir jedoch als Schweiz noch immer weit davon entfernt sind, eine grössere Anzahl von Menschen zu Stimmberechtigten zu machen. 

Die Schaffung grösserer Mehrheiten

Damit in Zukunft die Mehrheiten, welche schlussendlich einen «Volksentscheid» ausmachen, also nicht ganz so tief liegen, liegt es momentan noch an uns Stimmberechtigen, öfters unsere Meinung kund zu tun. Dass es effektiv eine 50% Mehrheit aller Einwohner*innen für einen Entscheid benötigt, wird wohl nie Realität sein. Jedoch ist es erstrebenswert, wenigstens darauf zu hoffen, dass wir von dieser unter 20% Marke wegkommen.

Geschrieben von:

"Write it. Shoot it. Publish it. Crochet it. Sauté it. Whatever, Make!" - Joss Whedon

Was ist deine Meinung? Schreib einen Kommentar!