Leben ohne das Internet scheint heute fast unmöglich zu sein. Ob wir über Snapchat mit unseren Freunden in Kontakt bleiben, etwas auf Google nachschlagen oder noch schnell die nächste Zugverbindung heraussuchen – ja, ohne das Internet würde nicht einmal dieser Artikel hier existieren.

Einer Möglichkeit des Internets gegenüber war ich früher jedoch skeptisch – der Möglichkeit, online Freundschaft zu schliessen. Zwar hatte ich schon von Internetfreundschaften gehört, mich aber immer wieder gefragt, ob so etwas tatsächlich funktioniert, geschweige denn zu einer richtigen Freundschaft wird.

Als ich Jenny kennenlernte, wurde diese Frage jedoch beantwortet.

Wattpad und Whatsapp

Jenny und ich haben uns auf der Schreibplattform wattpad.com kennengelernt. Anfangs haben wir nur die Geschichten der jeweils anderen gelesen, kamen dann aber bald miteinander ins Gespräch. Wir tauschten Handynummern aus, und was danach kommt, ist ein langer, langer Chatverlauf.

Ich hatte mir schon vorgestellt, wie es wäre, Jenny im echten Leben zu begegnen, damit gerechnet hatte ich jedoch nie. Schliesslich wohnt sie an einem ziemlich weit entfernten Ort in Deutschland.

Als sie mich dann zwei Wochen vor den Sommerferien fragte, ob sie mich besuchen kommen sollte, hielt ich das deshalb zuerst auch für eine Idee, aus der nie etwas werden würde – zumindest so lange, bis sie nach einer Reihe von Diskussionen, einer Menge Google-Anfragen und einer zehnstündigen Zugfahrt tatsächlich bei mir vor der Tür stand.

Mitternachtsgespräche

Ich muss gestehen, dass ich vor Jenny Besuch richtig nervös war. Mir geht es nämlich wie wahrscheinlich vielen anderen auch – ich bin online um einiges cooler als offline.

Die Sorge war jedoch unbegründet, denn Jenny und ich verstanden uns – irgendwie. Wir sind um einiges unterschiedlicher als ich gedacht hätte, und hätten wir uns um echten Leben kennengelernt, hätte es vielleicht damit geendet, dass wir uns aus dem Weg gegangen wären, aber so kamen wir bald ins Gespräch. Tagsüber unternahmen wir Ausflüge, abends blieben wir bis nach Mitternacht auf und redeten. Wir redeten über alles Mögliche in den paar Tagen, die sie bei uns war, und es war, als würden wir uns seit Langem kennen und uns trotzdem gerade erst kennenlernen. Du bist eine real existierende Person, musste ich gleichzeitig immer wieder denken, bis zum Ende ein wenig überrumpelt davon, dass meine Internetfreundin mir nun auf einmal gegenübersass.

Nächstes Jahr

Man kann einiges am Internet kritisieren, aber ich glaube, Internetfreundschaften gegenüber werde ich nie wieder skeptisch sein. Und vielleicht bin es in den nächsten Sommerferien ich, die Jenny besucht – zumindest hoffe ich, dass das möglich ist.

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