Was offenbaren unsere empathischen Fähigkeiten über unsere Menschlichkeit? Ist es möglich seine Menschlichkeit zu verlieren? Wo liegt die Grenze zum «Menschsein» und wann wird sie überschritten oder zurückgelassen?

Ich möchte dich gerne auf eine Entdeckungsreise ins Museum des Menschseins einladen. Die heutigen Ausstellungsstücke die ich dir gerne vorstellen möchte sind die Filme: Blade Runner und Blade Runner 2049, sowie das Buch: Träumen Androiden von elektrischen Schafen? von Philip K. Dick. Nimm dich in Acht vor Spoiler! Falls du das Buch noch lesen, oder die Filme noch schauen willst, solltest du das vor dem Lesen dieses Beitrages tun.

Träumen Androiden von elektrischen Schafen?

Es ist das Jahr 2021, die Erde wurde durch Krieg verwüstet und die alten Überreste der Menschheit zerfallen langsam aber sicher zu Staub. Während sich der Grossteil der Menschheit auf den Mars gerettet hat, gibt es noch diejenigen, die auf der atomar-verseuchten Erde zurück geblieben sind. Der Kopfgeldjäger Rick Deckard ist einer davon. Sein Job: das Jagen von geflohenen Androiden, die den Menschen auf dem Mars als Sklaven dienten.

Bild: betweenthecovers
Ein frühes Cover

Rick führt seine Arbeit kaltblütig und effizient aus, Schuldgefühle verspürt er keine; warum sollte er auch? Er tötet die Androiden ja nicht, denn dazu müssten sie ja lebendig sein. Doch schon bald formen sich Zweifel, die Grenze zwischen Maschine und Mensch wirkt verschwommen. Rick entwickelt Mitleid und sogar Liebe zu den Androiden.

Seine Zweifel führen dazu, dass Rick seine Taten hinterfragt. Der Wunsch nach einem besseren Leben, Freiheit und Überleben: Deckard fragt sich ob Androiden in der Lage sind zu träumen. Wenn nur lebendige Wesen träumen, bedeutet dies, dass Rick die ganze Zeit über Leben zerstörte.

Haben Androiden Träume?, fragte sich Rick. Offenbar; deshalb bringen ja manche von ihnen ihre Herren um und fliehen hierher. Ein besseres Leben; nicht mehr Diener sein.

S. 203

Blade Runner (1982)

Blade Runner ist die Verfilmung von Träumen Androiden von elektrischen Schafen? von Ridley Scott. Dabei geht die Geschichte in eine ähnliche Richtung wie das Buch. Ridley Scott erkundet die Themen von Identität und Menschlichkeit aber in einer anderen Art und Weise.

Bild: IMP Awards
Ein Poster von Blade Runner

Rick Deckard ist sogenannter «Blade Runner» und jagt Replikanten (künstlich hergestellte Menschen), die den Fesseln ihrer menschlichen Herrschern entkommen sind. Wie im Buch entwickelt Rick im Laufe seiner Jagd Gefühle für die Replikanten. Rick trifft auf Rachael, eine Replikantin, die wegen künstlich implantierten Erinnerungen dachte, sie wäre ein Mensch. Die beiden verlieben sich, was den Konflikt in Deckards Innerem weiter anfacht. Während Rick die Replikanten einer nach dem anderen ausschaltet, machen sich diese, in einem verzweifelten Versuch ihre Lebensspanne zu verlängern, auf dem Weg zu ihrem Schöpfer Dr. Tyrell. Denn Tyrell erschuf die Replikanten mit einer Lebensspanne von nur 4 Jahren.

Als sich herausstellt, dass Tyrell die Lebenszeit der Replikanten nicht verlängern kann, wird er von Roy Batty, dem Anführer der Replikanten, umgebracht; der Sklave erschlägt seinen Meister und Schöpfer. Als Roy in das Versteck der Replikanten zurückkehrt, muss er feststellen, dass Rick all seine Freunde ermordet hat – ein blutiger Kampf entbrennt zwischen den Zweien. Roy ist dem angeschlagenen Kopfgeldjäger eindeutig überlegen, doch etwas besonderes passiert: Roy verschont in einem Akt der Barmherzigkeit Ricks Leben. Kurz darauf stirbt Roy und ein verblüffter Rick bleibt zurück. Zusammen mit Rachael entflieht er seinem alten Leben und wird nun selbst zum Gejagten.

Blade Runner 2049

Im Folgefilm Blade Runner 2049 wird die Geschichte von Blade Runner fortgesetzt. 30 Jahre nach den Geschehnissen des ersten Films begleiten wir unsere neue Hauptfigur «K». K ist ein Replikant und arbeitet als Blade Runner; er wurde erschaffen um sein eigenes Volk zu jagen. Im Laufe des Films stellt sich heraus, dass Rick und Rachael zusammen ein Kind auf die Welt brachten. Noch nie zuvor hat sich ein Replikant fortgepflanzt; diese Entdeckung könnte das Leben aller Replikanten verändern. Das neue Megaunternehmen, welches die Replikanten herstellt, möchte das Kind finden und dessen Geheimnis lüften – um so natürlich mehr Replikanten (Sklaven) herstellen zu können.

K wird beauftragt das Kind zu finden. Auf seiner Reise entdeckt er aber nicht nur Hinweise zum Aufenthalt des Kindes von Rachael und Rick, sondern auch zu seiner eigenen Vergangenheit. Wie auch Rachael wurden K falsche Erinnerungen eingepflanzt, doch schnell realisiert er, dass in ihnen Wahrheit stecken könnte. Trotz programmierter Gehorsamkeit gegenüber den Menschen erwachen in ihm Zweifel. Die Fetzen seiner Vergangenheit lassen ihn glauben, er könne das gesuchte Kind sein. Könnte es sein, dass er auf natürliche Art geboren wurde?

Doch bald stellt sich heraus, dass diese Erinnerungen zwar dem Kind von Deckard und Rachael gehören, aber K nur eingepflanzt wurden. K ist nun wieder identitätslos; ein Nomade auf der Suche nach einem Sinn. K ergreift ein letztes Mal die Initiative: er vereint Vater und Tochter und wird dabei schwer verletzt. In seinen letzten Momenten findet K’s Seele dann doch noch Frieden in dem Wissen, dass er zwar nicht die ganze Welt verändern konnte, aber eine Familie wieder zusammen brachte.

Was sagen uns diese Werke nun zur Menschlichkeit?

In allen drei Werken ist Empathie immer wieder ein Thema. Sie scheint ein wichtiger Aspekt von Menschlichkeit zu sein. In Philip K. Dicks Buch wird mehrmals erwähnt, dass die Empathie der entscheidende Unterschied zwischen Mensch und Android sei. Doch ist die Frage der Menschlichkeit so einfach beantwortet? In allen drei Werken werden die Rollen von Mensch und Androide/Replikant teils ausgetauscht. In Blade Runner vor allem, verhalten sich die Replikanten menschlicher als die Menschen selber.

Ich habe Dinge gesehen, die ihr Menschen niemals glauben würdet. (. . .) All diese Momente werden verloren sein in der Zeit, so wie Tränen im Regen. . . Zeit zu sterben.

Roy Batty zu Deckard am Ende von Blade Runner

In Blade Runner 2049 sucht K nach dem Sinn seiner Existenz. Er will mehr sein als nur ein zum Mord herangezüchteter Killer; ein Versprechen von etwas Grösserem, ein Grund damit sein Leben einen Wert besitzt. Batty in Blade Runner hingegen versucht zu überleben, sein Leben zu verlängern und seinem Erschaffer gegenüber zu treten.

Die Replikanten zeigen alle einen Überlebenswillen und Verlangen nach Freiheit – Verhalten, dass lebendigen, selbstbewussten Lebewesen zugeschrieben wird. Die Replikanten sind also zu menschlichen Emotionen in der Lage, aber macht dies sie dann zu Menschen? Das könnte bestritten werden, denn die Replikanten sehen sich selbst nicht unbedingt als Menschen. Es ist wahr, dass sie sich wie Menschen verhalten, doch dieses Verhalten kann anscheinend nicht nur dem Menschen zugeschrieben werden. Menschlichkeit ist – so absurd es auch klingt – nicht vom Mensch abhängig.

Das Auge ist ein Symbolbild, das mehrmals in Blade Runner vorkommt. Es wird klassisch als «Fenster zur Seele» angesehen.

Alle drei Werke zeigen die ironische Heuchlerei auf, die hinter den gesellschaftlichen Strukturen des Menschen steckt, um eine Scheinbild von selbst erschaffener Einigkeit aufrechtzuerhalten. Die Menschen benötigen ein einigendes Glaubenssystem (unabhängig von dessen Legitimität) um relevant und menschlich zu bleiben. Im Falle dieser drei Werke sind es die Megaunternehmen und natürlich auch die Gesellschaft selber, welches dieses System aufrechterhalten.

Der Mensch wird dazu konditioniert gewisse Macht-Strukturen zu akzeptieren, welche Deckard schlussendlich durchschaut. Er ist in der Lage, den Unterschied zwischen authentisch und künstlich zu erkennen und stellt fest, dass Menschen oft künstlicher sind als die Replikanten, die sie herstellen. K, dazu konditioniert keine Gefühle zu zeigen, macht sich auf die Suche nach einer Identität und findet schlussendlich Menschlichkeit.

Definition Menschlichkeit

Obwohl die menschlichen Erfahrung von Mensch zu Mensch so unterschiedlich erscheint, ist sie schlussendlich, auf einer archaischen Ebene, sehr ähnlich.

Was bedeutet es nun Mensch zu sein? Wie unterscheiden wir uns von anderen Tieren? Ist es unsere erhöhte Intelligenz oder steckt da mehr dahinter? Es ist eine einfache Frage, die eher schwer beantwortet werden kann. Jede Kultur und Person wird wahrscheinlich verschieden antworten. Doch wenn wir vom Menschsein sprechen, ist immer ein «wir» und «sie» gemeint. Wir wissen wer, biologisch gesehen, ein Mensch ist und wer nicht (zum Beispiel unsere Haustiere). Doch diese Trennung wird und wurde nicht nur strikt bei anderen Tieren verwendet. So bezeichneten zum Beispiel die Nazis Juden als «Untermenschen». Menschlichkeit wird also nicht nur durch unsere Biologie definiert, sondern auch durch unsere Gesellschaft und Kultur. Mensch sein ist mit Zugehörigkeit (dem «wir» und «sie») stark verbunden und variiert von Person zu Person.

Laut Wikipedia sind das die Definitionen von Menschlichkeit:

  1. Der Begriff bezieht sich in seiner weiteren Bedeutung auf «alles, was Menschen zugehörig oder eigen ist» (insbesondere auf das, was den Menschen von Tieren unterscheidet). In diesem Sinne bedeutet «menschliches Verhalten» «jedes empirisch beobachtbare oder mögliche Verhalten von Menschen». Dieses Verhalten zu beschreiben und zu erklären ist vor allem Aufgabe der Humanethologie.
  2. Der Begriff «menschliches Verhalten» (mit Betonung des Attributs «menschlich») hingegen hat einen normativen Gehalt, geht also von Vorstellungen darüber aus, wie der Mensch sein solle oder angeblich seiner wahren Natur oder idealen Bestimmung nach sei. Unter dieser Voraussetzung bezeichnet das Wort «Menschlichkeit» in einer engeren Wortbedeutung Züge des Menschen, die objektiv als richtig oder gut gelten, zum Beispiel Mitleid, Nächstenliebe, Güte, Milde, Toleranz, Wohlwollen, Hilfsbereitschaft. Als subjektives Ziel der Selbstveredelung wird demgegenüber auch das Streben nach harmonischem Ausgleich von Sinnlichkeit und Sittlichkeit genannt.

Ich hoffe dieser Beitrag hat dir gefallen und konnte dein Denkorgan ein bisschen ankurbeln. Hast du Philip K. Dicks Buch auch schon gelesen? Und hast du die Blade Runner Filme schon gesehen? Was ist nach dir die Bedeutung von Menschlichkeit? Schreib es doch gerne in die Kommentare!

Bildquellen

Geschrieben von:

Homo Ludens

Was ist deine Meinung? Schreib einen Kommentar!