«Mottele, du bringst mich noch ins Grab!»

Mit diesem Satz oder besser gesagt dieser Kapitelüberschrift beginnt Thomas Meyers Roman Wolkenbruchs wunderliche Reise in die Arme einer Schickse. Meyer, ein schweizerisch-jüdischer Schriftsteller brachte 2012 jenen Roman heraus, der fünf Jahre später, im Jahr 2017, verfilmt wurde. 2018 war der Wolkenbruchdie erfolgreichste Schweizer Filmproduktion.

Doch was für eine Art Protagonist ist denn nun dieser Herr Wolkebruch?

Mordechai Wolkenbruch ist ein jüdisch-orthodoxer 25-Jähriger Wirtschaftsstudent, der mit seinen Eltern in Zürich lebt. Zu Anfang führt Mordechai, genannt Motti oder Mottele, ein anständiges, jüdisch-orthodoxes Leben. Wogegen er sich jedoch sträubt sind die heftigen Versuche seiner Mutter, ihm eine Frau zu suchen. Zum einen, weil ihn alle potenziellen Partnerinnen an seine Mutter erinnern, zum andern, weil er sich bereits verliebt hat. Allerdings in eine nichtjüdische Frau, eine sogenannte Schickse. Neben seinen unorthodoxen Gefühlen fängt Motti aber auch an, sein Äusseres in einer nicht ganz so traditionellen Weise zu verändern. Deswegen wird er nach Israel geschickt, doch von dort kommt er unorthodoxer als je zuvor nach Hause. Zurück in Zürich fangen er und seine umschwärmte Laura an, sich anzunähern. Allerdings gerät Motti deswegen mit seiner Mutter und somit eigentlich mit der ganzen Familie in ein Zerwürfnis. Nach all den Jahren, in denen sein Leben immer klar geregelt war, wünscht er sich nun ein eigenes Leben. Doch wie dieses sich entwickelt, das verrate ich an dieser Stelle nicht.

Was zum Henker ist ein Punem?! – Jiddisch für Anfägner

Neben den unterhaltsamen Kapitelüberschriften, die man heutzutage immer weniger sieht, hatte Thomas Meyer noch andere Mittel in Petto, um uns als Leser zu amüsieren. Er hat es sich nämlich nicht nehmen lassen, das Buch in einem jiddisch-deutschen Dialekt zu schreiben. Was anfangs befremdlich wirkt, wurde für mich im Verlauf des Buches eigentlich ganz normal. Hier und da stolperst du bei der Lektüre des Wolkenbruchs also über Wörter wie Punem, Bubbe, Chassene oder Tuches. Doch die Wörter bleiben nicht einfach unerklärt stehen, sondern sind alle im hinteren Teil des Buches in einem Glossar aufgeführt. So liefert dieses für die eben aufgezählten Wörter die folgenden Übersetzungen:

  • Punem – Gesicht
  • Bubbe – Grossmutter
  • Chassene – Hochzeit
  • Tuches – Hintern

Um sich noch ein wenig besser in die jiddische Sprache einzufinden, hat Thomas Meyer auf Youtube sogar einen kleinen Sprach-Crashkurs hochgeladen. Zum ersten Teil gelangst du  hier.

Im Vergleich zum Film…

Wer kennt den Satz «Das Buch war besser als der Film» nicht? Allerdings ist es meist schwierig, ihn wirklich zu 100% so meinen zu können, da Film und Buch eben einfach nicht genau dasselbe sind. Da ich das Buch zuerst gelesen habe, hat mir im Film natürlich einiges gefehlt und manches wurde anders umgesetzt, als ich es erwartet habe. Dies ist allerdings nicht unbedingt schlecht, da der Film auf der anderen Seite auch Aspekte miteingebracht oder verstärkt hat, die im Buch nicht so stark waren. Hätte ich mir eine exakte Verfilmung mit allen Witzen und Anekdoten gewünscht, so wäre ich wohl enttäuscht worden. Doch der Wolkenbruch Film steht für sich, weswegen er durchaus auch anders sein darf. Und in diesem Sinne ist er meiner Meinung nach sehr gelungen und, natürlich genauso wie das Buch, sehr empfehlenswert.

Wolkenbruchs wunderliche Reise in die Arme einer Schickse ist ein sehr humorvolles, unterhaltsames Buch, welches die jüdische Kultur von einem Punkt aus beleuchtet, den ich bisher noch nicht gekannt habe. Ich habe mich also gleichzeitig amüsiert, etwas gelernt und kann mich nun auch auf eine spannende, wenn auch thematisch etwas andere Fortsetzung freuen. Thomas Meyer veröffentlicht nämlich im September 2019 den zweiten Teil von Mottis Geschichte. Um dich auf diesen einzustimmen, würde ich dir den ersten natürlich ans Herz legen. Dieser ist nämlich, um es jiddisch auszudrücken, ein grosses Fargenign.

Geschrieben von:

"Write it. Shoot it. Publish it. Crochet it. Sauté it. Whatever, Make!" - Joss Whedon

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