Ein Leben ohne Internet ist für die meisten Bürger unserer westlichen Gesellschaft unvorstellbar. Um jedem Nutzer einen gerechten Internetzugang zu ermöglichen, herrscht in vielen Ländern das Prinzip der sogenannten «Netzneutralität», im englischen Sprachraum unter dem Begriff «Net Neutrality» bekannt. Vergangenen Freitag wurde in den USA das Gesetz, welches die Netzneutralität sichern soll, gestrichen. Welche Auswirkungen hat dies für die Vereinigten Staaten und gibt es Folgen für die Schweiz?

Was versteht man unter «Netzneutralität»?

Beim Prinzip der Netzneutralität wird dafür gesorgt, dass alle Daten bei der Übertragung im Internet gleich behandelt werden und man Datennetze ohne Diskriminierung nutzen kann. Das bedeutet, dass alle Daten mit gleicher Geschwindigkeit und Qualität übertragen werden müssen. Dabei spielt es keine Rolle, wer der Sender oder Empfänger ist oder welcher Inhalt gesendet werden soll. Ein Vorteil ist klar, dass der Konsument über die Daten eine freie Auswahl hat. Ein Nachteil ist, dass die Telekomfirmen diesen Datenaustausch finanzieren müssen. Durch diese hohen Kosten ist es ihnen nicht mehr möglich, in den Ausbau von der Netzinfrastruktur zu investieren: Durch das steigende Datenvolumen ist ein Ausbau der Internetleitungen jedoch nötig. Um neue Einnahmequellen zu schaffen möchten die Netzbetreiber deshalb, dass die Netzneutralität abgeschafft wird.

Welche Auswirkungen hat eine Abschaffung?

In den Vereinigten Staaten wurde die Netzneutralität durch Barack Obama 2015 offiziell in die Verfassung aufgenommen. Bereits im Februar sprach sich der US-amerikanische Jurist und Vorsitzender der Federal Communication Comission Ajit Pai gegen sie aus. Nun wurde mit 3 zu 2 Stimmen entschieden, dass dieses Gesetz in den USA gestrichen werden soll. Dadurch können Netzbetreiber von Firmen, die einen hohen Datenvolumenverbrauch aufweisen, Geld verlangen. Für grosse Firmen wird diese Finanzierung wahrscheinlich kein grosses Problem darstellen. Für kleinere Firmen und Start-Ups kann dies jedoch das Ende bedeuten: Wer nicht zahlt, muss damit rechnen, dass ihre Websites entweder ganz gelöscht werden oder die Qualität und Geschwindigkeit so sehr verschlechtert werden, dass sie keine Kunden mehr anlocken.

Auch für den Konsumenten kann die Abschaffung der Netzneutralität Folgen haben. Bei grossen Firmen, wie zum Beispiel Google, könnten die Kosten letztendlich an den Kunden gehen. Wer solche Gebühren nicht zahlen möchte, muss sich mit schlechteren Websites zufrieden geben, die qualitativ viel schlechter sind. Um gutes Internet nutzen zu können, muss man also entsprechend genügend Geld haben. Da der Kunde einerseits für gute Internetseiten zahlen muss und andererseits, da viele Seiten gesperrt werden, nicht zu allen Daten Zugang hat wird die freie Auswahl erheblich eingeschränkt.  Letztendlich kann es dazu führen, dass am Schluss zwei bis drei grosse Telekomfirmen über die Nutzer entscheiden: Nicht jeder Internetnutzer wird gleich behandelt.

Wird so etwas auch in der Schweiz geschehen?

In der Schweiz wurde zur Netzneutralität noch kein entsprechendes Gesetz verabschiedet. Im Jahr 2012 wurde vom Parlament eine Motion des Nationalrats Balthasar Glättli abgelehnt, in der er eine gesetzliche Festschreibung verlangte. Seit dem wird dieses Thema öfters diskutiert. Es besteht eine Gefahr, dass die Schweiz die USA als Vorbild nehmen könnte und sich, zusammen mit den Telekomfirmen, auch für eine Abschaffung der Netzneutralität ausspricht. Dies ist jedoch nur eine Möglichkeit. Man muss hingegen damit rechnen, dass man auch hier die Folgen des amerikanischen Entscheids spüren wird: Viele Internetkonzerne haben ihren Sitz in den USA. Bei ihnen gibt es ein Risiko, dass sie ihre Kosten auch an europäische Nutzer weitergeben. Was man jedoch beachten muss: Bis jetzt wurde nur entschieden, dass man die Netzneutralität in Amerika abschaffen möchte, jedoch wurde das Gesetz noch nicht ersatzlos gestrichen. Es besteht also immer noch eine Möglichkeit, dass sich noch alles ändern wird.

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