Wir schreiben das Jahr 1969. Die Entstehung der 68er-Bewegung liegt noch kein Jahr zurück. Der Prager Frühling, die März-unruhen in Polen, der Pariser Mai und viele weitere Aufstände in Europa und den Vereinigten Staaten haben ein neues politisches Selbstverständnis der Jugend mit sich gebracht. Von den neuen Linken wird gesprochen. Der Begriff beschreibt das Hervortreten von politischen Bewegungen, deren ideologische Schwerpunkte sich hauptsächlich aus progressistischen und internationalistischen Ideen zusammensetzten. Frauenrechte, Umweltschutz, etc. werden binnen eines Jahres auf die Agenda der internationalen Politik gehievt.

Ebenfalls diskutiert wird ein Thema, das kürzlich gesellschaftlich noch als absolutes Tabuthema betrachtet worden war. Lesben- und Schwulenrechte. Die 68er-Bewegung hat die Homosexualität zum ersten Mal an die Öffentlichkeit. Ein erster Erfolg in einer zu dieser Zeit noch völlig homophoben Gesellschaft.

Die Stonewall-Unruhen

Es ist eine warme Sommernacht im Greenwich Village in New York. Durch das Aufkommen von Schwulenbars und Nachtclubs in den Staaten hat polizeiliche Gewalt gegen Schwulen und Lesben deutlich zugenommen. Eine feindliche Stimmung gegen die Schwulencommunity ist landesweit spürbar. Dann passiert es: In der Nacht vom 27. Juni kommt es im „Stonewall Inn“ zu einer Polizeirazzia. Die Beamten stürmen den Club, verprügeln und nehmen willkürlich Besucher fest.

Dieses Mal wehren sie sich aber. Es kommt zu gewalttätigen Ausschreitungen zwischen Polizisten und Homosexuellen. Auf beiden Seiten kommt es zu Schwerverletzten. In den nächsten Tagen werden weitere Proteste der Schwulenbewegung erfolgen. Sie steht ein erstes Mal gegen Polizeigewalt und gesellschaftliche Diskriminierung auf. Es ist ein geschichtsträchtiger Moment, der die folgenden Generationen der LGBTQ-Community prägen wird.

Noch heute von Bedeutung

Eine jährliche Tradition findet so ihren Anfang. Bis heute erinnert man sich am Christopher Street Day, einer der wichtigsten Events des Jahres für die Schwulen- und Lesbenszene, an die New Yorker Ereignisse. Auf der ganzen Welt feiert man Karnevals und Strassenparaden und feiert mit Stolz diese Kultur. 1999 erklärt der damalige US-Präsident Bill Clinton schliesslich den Monat Juni zum „Gay and Lesbian Pride Month“. Sein Parteikollege Barack Obama führt den Titel zehn Jahre später zum „Lesbian, Gay, Bisexual and Transgender Pride Month“ aus.

Die Wichtigkeit dieser Zelebrierung ist von unbestrittener Wichtigkeit für die LGBTQ-Community. Sie ruft nicht nur nach mehr Gleichgerechtigkeit in einer westlichen Welt, wo Homosexuelle noch immer durch ein ungleiches Eherecht oder der Verweigerung der Adoption diskriminiert werden, sondern solidarisiert sich mit den Millionen von Menschen, die noch immer vom Staat diskriminiert werden. In Afrika oder dem Nahen Osten etwa, wo noch immer die Todesstrafe zur Anwendung kommt. Dagegen kämpfen sie. Tag für Tag. Der Pride Month soll diesem Kampf eine mächtige Stimme verleihen.

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