Als ich eines Morgens im Tram sass, sprang mir ein Plakat ins Auge. Ein Plakat das dafür warb, Organspender zu werden. Und das ganz einfach per Mausklick auf einer Website. Um es nicht zu vergessen, machte ich mir eine Notiz auf dem Handy und schon bald war ich mit den Gedanken wieder woanders. Doch jetzt wo ich zuhause bin, sehe ich mich wieder damit konfrontiert.
Eigentlich war mir schon als Kind klar, dass ich meine Organe einmal spenden möchte. Einen Organspendeausweis habe ich mir trotzdem nie geholt. Und das obwohl ich schon seit fast zwei Jahren gesetzlich selbständig dazu in der Lage wäre. Irgendwie kam aber immer etwas dazwischen. Doch jetzt wo ich auf meinem Handy ganz einfach zum Organspender machen kann, bin ich doch kurz am Zögern.
Vermutlich ist das gar nicht so verwunderlich, schliesslich denkt keiner gerne über seinen eigenen Tod nach. Dennoch ist die Vorstellung von mir selbst auf einem Operationstisch bei der Organentnahme ziemlich seltsam. Um mich also von diesem Bild in meinem Kopf loszureissen, beschliesse ich mich zuerst noch etwas mehr über das Tema zu informieren.
Einige Zahlen
Schnell finde ich heraus, dass die Schweiz weit unter dem Durchschnitt unserer Nachbarländer liegt. Während sich in Spanien nämlich unter einer Million Menschen fast 50 Spender befinden, sind es in der Schweiz noch nicht einmal 20. Auch unsere direkten Nachbarn Frankreich und Österreich weisen weit mehr Spender pro Einwohner auf als die Schweiz. Natürlich schwanken diese Zahlen von Statistik zu Statistik, doch die Schweiz befindet sich stets auf einem der unteren Plätze im europäischen Vergleich.
Zwar wurden hier im Jahr 2018 knapp 600 Patienten transplantiert, gleichzeitig befinden sich im selben Jahr aber fast doppelt so viele auf der Warteliste. Und das obwohl gut 90% der Schweizer und Schweizerinnen tendenziell für die Organspende sind.
Will ich das?
Weshalb gibt es aber nur so wenige Spender frage ich mich. Natürlich, wenn man einem Verwandten zum Beispiel eine Niere spenden möchte, gibt es einige Risiken zu beachten. Doch beim ausfüllen eines Organspendeausweises geht es primär um das Spenden nach dem Tod. Und obwohl ich das weiss, habe ich mein Formular immer noch nicht ausgefüllt.
Ich denke an meine liebsten, und wie sie mich im Sarg nur völlig entstellt sehen können, weil mir sämtliche Organe entnommen wurden. Ich habe dieses Bild vor Augen obwohl mir klar ist, dass dieses eigentlich völlig falsch ist. Denn nachdem die Organe entfernt werden, wird man wieder so zusammengeflickt, dass der Körper natürlich aussieht und die Verbliebenen in aller Ruhe Abschied nehmen können. Auch kann man selbstverständlich entscheiden welche Organe entnommen werden dürfen und welche nicht. Man muss sich also wirklich keine Sorgen darüber machen, dass man durch die Organspende nicht anständig und in ganzen Teilen begraben werden kann.
Natürlich verstehe ich es gut, wenn Leute sagen, dass sie nicht wollen das ihre Organe nach ihrem Tod in einem Vergewaltiger oder Kinderschänder weiterleben. Und auch mir kommt dieser Gedanke kurz.Doch dann denke ich auch an all die Menschen, die noch immer auf Wartelisten stehen, weil sie ein neues Organ brauchen. Daran, dass es etliche Menschen gibt, die ihr eigenes Leben nicht richtig leben können, weil ihr Körper nicht richtig mitmacht. An all die Angehörigen, die um Verlorene trauern, weil ein neues Organ nicht rechtzeitig kam. Und daran, dass ich mir bisher zum Glück nur vorstellen kann, wie es in einer solchen Situation sein muss. Und ich denke daran, dass ich wenn ich sterbe zwar nicht selbst weiter leben werde, doch das ich diese Chance aber jemand anderem geben kann.
Und ich fasse meinen Entschluss.
Ich werde Organspenderin.
Und zwar genau jetzt.
Klicke hier und gelange direkt zum Organspende Formular.