Neulich las ich eine Kolumne von Hazel Brugger in «Das Magazin». Eine alte Kolumne, online (ja, online, ich bin nicht Retro oder Vintage oder so). Klar? Na klar. Hazel Brugger. Diese Slamerin aus Zürich, die aber doch irgendwie aus den Staaten stammt, weil Hazel. Die kennt man, sollte man auf jeden Fall. Ich lach mich schlapp an ihr, bis meine Gedärme schmerzen, meine Mundwinkeln ganz oben verharren und sich lauter Lachfalten bilden. Mein 80-Jähriges Ich sei gegrüsst. Weisst du diese Hazel, die so seitwärts auf der Bühne steht, und den Mund so verzieht, das man meinen könnte sie hasse ihren Job. Dabei ist sie Standup-Comedian, Moderatorin und eben wie gesagt, Kolumnistin.

Jedenfalls las ich diese Kolumne – die mich zahm schmunzeln lies – und dachte – tatsächlich – über den Sinn des Schreibens, des Lebens und den Alltag nach.

Ein Zusammenhang mag nicht nachvollziehbar sein, ich verstehe es selber kaum, aber die Denkanstösse, die Hazel mir mitgab, entzogen mir jegliche Aufmerksamkeit meiner eigentlichen Arbeit.

Keineswegs würde ich normalerweise Kolumnen lesen, die solche Anstösse verursachen und mich weit von der Spur schleudern. Wieso ich mich trotzdem dazu bereit erklärte, liegt vermutlich daran, dass ich momentan an meinem Arbeitsplatz sitze und statt der nervtötenden Papierarbeit, lieber ein neues Worddokument öffne, um meine Gedanken zu Hazels Kolumne niederzuschreiben. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass mein Magen bereits jetzt – es ist gerade mal 10.32 Uhr – laut rebelliert, obwohl ich mir doch in der 10 Uhr Pause ein Muffin gegönnt habe, und sich mein schlechtes Gewissen quälend langsam in mich hineinfrisst.

(Der Muffin wurde übrigens von einer Mitarbeiterin gespendet, die heute Geburtstag hat. Happy Birthday an dieser Stelle.)

In Gedanken bei der Kolumne und dem Drang vielleicht etwas Artenähnliches zu schreiben, tippe ich schnell und präzi….. Und schliesse sofort das Dokument, weil mein Chef soeben vorbei läuft – und stehen bleibt. ACHTUNG! Starrer Rücken, verkorster Blick, konzentriert, obwohl ich eigentlich mit den Gedanken im Universum herumschwirre und versuche, dass zu erkennen, was wirklich wichtig ist. Ich hab Hunger.

«Du blickst so streng, Jana.» «Ja, da kam grad ein übler Auftrag rein.» *Pause* «Humphf.» (Das macht er immer, wenn ihm was gefällt – oder auch gar nicht).

Der üble Auftrag beläuft sich heute auf eine Nachricht einer Freundin, die mir ihr Herz ausschüttete und mich offenbar nicht mehr leiden kann. Geil, danke gleichfalls. Ich sage zum Chef: «Kein Ding, alles easy.», und verziehe gequält das Gesicht, er blickt schräg zurück. Scheisse, bestimmt wittert er was. Verfluchte scheisse. Langsam widme ich mich wieder meiner imaginären Arbeit am Computer-Bildschirm und beachte ihn nicht weiter. «Humphf» macht es abermals und er watschelt weiter. Danke Hazel, Glück gehabt.



Der Sinn des Schreibens, lässt sich leicht ergründen, ich kann mehr schlecht als recht, diese geschriebenen Gedanken laut hinausschreien oder vor mich hinplappern, während fünfzehn andere Workaholics im Raum arbeiten und eifrig auf ihre Tastatur tippen. Obwohl dreiviertel dieser vermeintlich so zahmen und strebsamen Arbeiter ebenfalls Kolumnen und andere merkwürdige Dinge im Internet lesen, anstatt sich – wie es der Schweizer Knigge erwartet – 8 Stunden und 36 Minuten auf ihre Arbeit zu konzentrieren. Trotzdem würden sie mich für verrückt halten, ausserdem gibt es im Gesprochenen keine delete Taste, was sich nicht nur im Arbeitsleben bemerkbar macht. Die hätte ich nämlich auch beim Abarbeiten meines üblen Auftrages – ich korrigiere mich – meiner lieben Freundin – einsetzten können.

Der Sinn des Lebens wurde von der Menschheit bereits zig Male durchgekaut, während wir ohne zu wissen was wir tun, sinnlos von einem Ort zum anderen hetzen, sinnlos in Bildschirme starren und uns die Bäuche sinnlos kugelrund essen. Der Sinn des Lebens ist kongruent mit dem Sinn des Alltages – unmöglich zu begreifen und bestimmt auch nicht für vorheriges gedacht. Bloss ein Gedankenspiel, an dem sich Philosophen und Quantenphysiker, die Zähne ausbrechen, mit dem bestmöglichen Versuch endlich zu begreifen, wieso wir existieren und wieso wir 42 Stunden pro Woche unseres Lebens für eine Arbeit aufwenden, die wir am liebsten mit Donald Trump persönlich zum Mond schicken möchten. Denn beides sind hasserfüllte Dinge.

Der Alltag ist mir ein Graus und liebe Hazel, an der Stelle möchte ich dir danken, dass du ihn durch deine Kolumnen und dein schiefes ‹Beinahe-Grinsen› etwas versüsst. Obwohl du vielleicht mehrmals bereits in meinem Server-Verlauf aufgetaucht bist und mir mein Chef beim nächsten MG (ausgesprochen: «Emm-Tschii» oder auch Mitarbeitergespräch) mit hochgezogener Augenbraue vorwirft, ob ich von dieser Brugger Fan sei. Und ich werde ja sagen, und stolz die Brust herausstrecken, weil ich intellektuell wirken möchte. «Humphf.» wird er sagen und damit erhalte ich bald eine Internet-Sperre und werde mich nur noch mit meinem eigenen Wortschatz vergnügen können.

Bis zu diesem Tag X werde ich aber weiterhin am Sinn des Alltags und seiner extra tiefschwarzen Existenz herumtüfteln, nebenbei werde ich gelegentlich über den Sinn des Lebens schreiben und mir vereinzelt diese Kolumne von Hazel Brugger durchlesen. Hazel, die bekanntlicherweise aus Amerika stammt und Amerika bekanntlicherweise das Land des Erfolges und des Glanzes ist. Aber ob das der Sinn des Lebens ist?

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