Ein Held kommt auf die Welt…

Als erstes von fünf Kindern eines Kaufmannes erblickte Jean-Henry Dunant am 8. Mai 1828 das Licht der Welt. Er wuchs in Genf in einer wohlhabenden und angesehenen Familie auf. Dennoch wurde er bereits in jungen Jahren mit Armut und Elend konfrontiert. Seine Mutter nahm ihn zu den schwachen und kranken Leuten in den Hinterhöfen Genfs mit. So entwickelte er schon früh ein Gespür für Humanität.

Humani… Was?!

Humanität kommt vom englischen Wort «human». Dieses bedeutet im deutschen soviel wie «Mensch». Dementsprechend; Humanität = Menschlichkeit!

Jean-Henry Dunant
Ein Portrait von Jean-Henry Dunant

Falsch gepokert?

Nach seiner erfolgreich absolvieren Banklehre kaufte er in Algerien, ehemalige Kolonie Frankreichs, Land auf. Darauf baute er eine Mühle. So konnte er fortan in Algerien Weizen produzieren und diesen nach Europa exportieren. Sein Lebensunterhalt war gesichert – dachte er zumindest! Denn für das Land zuständige Ministerium in Paris, teilte ihm für sein Vorhaben zu wenig Land zu. Die Rechnung ging nicht auf. Seine Lebensexistenz stand auf dem Spiel!

Das Leben schreibt seine eigenen Geschichten!

Somit machte er sich auf eine lange Reise in die norditalienische Stadt Solferino. Nicht, wie du vielleicht denkst, um am Strand zu relaxen, sondern um sich mit dem französischen Kaiser Napoleon III (Amtszeit: 1848-1852) zu unterhalten. Durch das Gespräch erhoffte er sich schlichtergreifend mehr Land und somit mehr Umsätze. Doch dazu sollte es nie kommen.

Um 1859 tobte in dieser Gegend der sogenannte «Sardinische Krieg». Hierbei kämpften die sardinisch-Piemonts mit den französischen Soldaten gegen die österreichische Truppe. Französisch-sardinischer Sieg, by the way! Die entscheidende Schlacht fand in Solferino statt. Jean-Henry Dunant fuhr in seiner Kutsche in einigem Abstand daran vorbei.

Nah genug, dass man nicht nur das Schießen, sondern auch das Trampeln der Pferde und das Schreien der Soldaten hört. Und doch fern genug, um nicht hinein gezogen zu werden in das Getümmel.

Es war eine barbarische Schlacht. Vor allem der Fakt, dass 38’000 Soldaten einfach hilflos dalagen. Sie stöhnten vor Qual. Verbluteten. Verdursteten. Und riefen herzzerreißend um Hilfe. Doch es kam keine! Sie wurden von ihren Truppen einfach im Stich gelassen. Keine Ahnung, was du gemacht hättest, aber der gutmütige Jean-Henry Dunant konnte dabei nicht einfach wegsehen. Er blieb stehen, stieg aus, vergass den eigentlichen Grund seiner Reise und half mit zig anderen Frauen, welche er aus der nahegelegenen Ortschaft Castiglione herbeitrommelte. Für welche Nation die Soldaten noch vor einigen Stunden kämpften spielte dabei keine Rolle mehr. «Tutti fratelli» (ital. «Alle sind Brüder») war das Motto. Zum Gespräch mit Napoleon III kam es nie…

An idea is born!

Dieses Ereignis ging nicht spurlos an ihm vorbei. Immer wieder fragte er sich: «Was kann ich tun, um die Kriegsopfer besser zu schützen?». Seine Idee: Das humanitäre Völkerrecht!

Was hat es mit dem humanitären Völkerrecht auf sich?

Das humanitäre Völkerrecht ist im Grunde genommen mehr eine Ideologie oder auch Wunschvorstellung. Diese besagt unteranderem; dass in einem Krieg Zivilisten oder freiwillige Helfer niemals angegriffen werden dürfen. Und ebenso, dass alle Länder neutrale Hilfsorganisationen gründen sollen, die dann wiederum freiwillige Helfer ausbilden. Welche sich dann wiederum um verwundete Kriegssoldaten oder Zivilisten kümmern. Die Herkunft etc. sollte dabei keine Rolle spielen. Vor allem durch die beiden Weltkriege kamen mit der Zeit immer noch ein paar neue Punkte dazu. Alle aufzuzählen, würde hier aber den Rahmen endgültig sprengen.

Und genau dieses humanitäre Völkerrecht – wie auch sein Erlebtes – schrieb er 1862 in einem Buch namens «Eine Erinnerung an Solferino» nieder. Und dann verteilte er es. Europaweit und auf eigene Kosten. Ein Risiko – heute wie damals. Doch bei ihm zahlte es sich aus. «Eine Erinnerung an Solferino» gilt heute als Welterfolg.

Hut ab und ein Standing Ovation bitteschön…

Und natürlich auch durch Zufall bekam unteranderem Guillaume-Henri Dufour (Lebenszeit: 1787-1875) dieses Buch in die Hände. Er las es und war begeistert. Nach dem Motto: «Taten statt Worte!», riefen er, Jean-Henry Dunant und drei weitere Personen das «internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK)» mit Sitz in Genf ins Leben. Zu Beginn noch «Das internationale Komitee der Hilfsgesellschaften für die Verwundetenpflege» genannt. Dieses Komitee organisierte 1864 die erste Genfer Konvention. Daran nahmen 12 Staaten teil. Unteranderem die Schweiz. Alle unterzeichneten das internationale Abkommen für das humanitäre Völkerrecht. Sprich, alle verpflichteten sich dazu eine neutrale Hilfsorganisation zu gründen, freiwillige Helfer auszubilden,…

Die Schweiz gründete 1866 das «Schweizerische Rote Kreuz (SRK)» mit Sitz in Bern. In den letzten 158 Jahren fanden insgesamt weitere 3 Genfer Konventionen statt – die Letzte 1949. Mittlerweile gibt es das Rote Kreuz, der Rote Halbmond oder der rote Kristall in rund 190 (!) Länder mit insgesamt rund 100 Millionen (!) Helfer und Helferinnen. Hut ab und ein Standing Ovation bitteschön! 1901 bekam er diese, als er als erste Person überhaupt den Nobelpreis für sein Engagement bekam. Glückwunsch!

Das Leben meint es nicht immer gut mit einem!

Hut ab und ein Standing Ovation bitteschön – dieser Ansicht waren seine Zeitgenossen leider nicht. Da er immer mehr Zeit in das IKRK investierte, fuhren seine Geschäfte in Algerien endgültig gegen die Wand. Heute kein allzu grosses Problem, damals eine Tragödie. Er musste Genf verlassen und hatte zu allem übel so ziemlich nichts mehr. Weder ein Dach über dem Kopf, noch ein Beruf, noch irgendwelche grossen Wertgegenstände. Er lebte ein Weile in London, mal ein Weile in Stuttgart. Eine wirkliche Bleibe fand er erst im Appenzeller Dörfchen Heiden wieder. Dort verbrachte er verarmt seine letzten Lebensjahre, bis er am 30. Oktober 1910 klangheimlich verstarb. Ein Kreislauf schloss sich.

Der Tod von Jean-Henry Dunant ist mittlerweile schon über ein Jahrhundert her. Dennoch ist auch heute noch Barmherzigkeit angebracht. Du musst nicht immer gleich 38’000 Verwundete Soldaten auf einem Schlachtfeld nahe Solferino retten. Nette Worte oder eine bedingungslose Hilfe im Alltag von dir reicht meistens schon vollkommen aus. In diesem Sinne; einen guten Rutsch ins neue Jahr!

Quellen

Robert Kennedy Stiftung, Speak Truth to Power, 2015, Seite 54; https://www.youtube.com/watch?v=EM-dsIbBZTU&t=195s, Mittwoch, 13. Januar 2021; https://www.youtube.com/watch?v=4A8d8WOP1KU&t=119s, Mittwoch, 13. Januar 2021; https://www.youtube.com/watch?v=fMrahHZVbtM, Mittwoch, 13. Januar 2021; Internationale Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung – Wikipedia, Mittwoch, 13. Januar 2021; Robert Kennedy Stiftung, Speak Truth to Power, 2015, Seite 59; https://de.wikipedia.org/wiki/Genfer_Konventionen, Mittwoch, 13. Januar 2021; https://www.planet-wissen.de/gesellschaft/organisationen/rotes_kreuz/pwiejeanhenrydunantgruenderdesrotenkreuzes100.html, 26. Dezember 2021; https://www.drk.de/das-drk/geschichte/, 26. Dezember 2021;

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