In den vergangenen Wochen stand der Frontmann der Rock-Band «Rammstein» gross in den Schlagzeilen. Mehrere Frauen haben Vorwürfe gegen Till Lindemann erhoben. Nun nicht mehr Rammstein-Musik zu hören, ist für viele Fans unvorstellbar. Der Fall Rammstein zeigt: Die Grenze zwischen Kunst und Realität ist in der Musik weniger klar als in anderen Bereichen. Wie sollten wir mit dem Fall Rammstein umgehen und weshalb darf er keineswegs als Einzelfall angesehen werden?

Shelby Linn ist 24 Jahre alt und ein grosser Fan von Rammstein seit sie 15 Jahre alt ist. Für das Konzert in Vilnius wurde sie Ende Mai auf eine Party vor der Show eingeladen. Dort seien ihr und anderen Mädchen Drinks angeboten worden. Später wurde sie als Groupie in die Garderobe des Sängers Till Lindemann geführt. Als Till Lindemann in den Raum kam, habe ihm Shelby Lynn sofort gesagt, dass sie kein Sex möchte. Dieser sei sichtlich verärgert gewesen, habe dies allerdings akzeptiert. Am nächsten Morgen soll die junge Frau mit blauen Flecken am Körper aufgewacht sein. Sie könne sich nicht mehr erinnern, was nach dem Vorfall mit Till Lindemann passiert sei und vermutet, dass K.O Tropfen im Spiel waren.

«Ich bin das Mädchen, das bei Rammstein gespiked wurde.»

Shelby Lynn

Mit diesem Satz auf Twitter löste die Nordirin Shelby Lynn ein grosser Aufschrei aus.

Auch andere Frauen melden sich zu Wort.

Die deutsche YouTuberin Kayla Shyx erzählt in einem mehr als 30-minütigem Video über ihre Erfahrung. Am 4. Juni 2022 sei sie selbst bei einem Rammstein-Konzert gewesen und von einer russischen Assistentin zu einer speziellen Afterparty eingeladen worden.

«Ich wurde dort in der Halbzeit von einer russischen Frau namens Alena Makeeva angesprochen, ob ich zur Afterparty mitkommen will. Was dann passierte, war sehr beängstigend. Jetzt gerade kommt sehr viel raus, wovor ich sehr viel Angst hatte, als ich in der Situation war. Anderen Mädchen ist es viel schlimmer ergangen als mir. Aber ich möchte meine Reichweite nutzen, darüber zu berichten.»

Kayla Shyx

Die russische Assistentin, die Kayla Shyx in ihrem Video erwähnte, soll unterdessen entlassen worden sein. Sie habe offenbar nach jungen weiblichen Fans gesucht und diese als Groupies rekrutiert.

Fans stehen hinter Rammstein

Nach den Vorwürfen gegen Till Lindemann haben viele Menschen angefangen, in Songtexten von Rammstein zwischen Kunst und Lindemanns Leben zu suchen. So ging auch ein Auszug aus «Wenn du schläfst» viral.

Immer mehr Menschen rufen dazu auf, nicht mehr die Songs der Band zu hören. Dies zeigt, dass Grenze zwischen Kunst und Realität in der Musik weniger klar ist wie in anderen Bereichen.

Viele Fans können sich nicht vorstellen, dass die Anschuldigungen gegen Till Lindemann stimmen. Gerade weil in Shelby Lynns Bericht viele Beweise fehlen, fragen viele Bewunderer, weshalb sich die Allgemeinheit nun in Till Lindemanns Sexualleben einmischen sollte – da noch kein justiziables Vergehen bewiesen werden konnte. In der Rockszene sei es gängig, dass Groupies Glamour gegen Sex erhalten – Die Frauen wüssten ja, worauf sie sich einlassen.

Umgang mit dem Rammstein-Fall

Es gilt die Unschuldsvermutung. Dennoch sollte das moralische Empfinden nicht ganz ausgesetzt werden. Es ist nichts Neues, dass Männer im Musikbusiness weibliche Groupies haben. Die deutsche Autorin Reyhan Sahin äussert sich dazu: «Viel erschreckender finde ich, dass es für selbstverständlich gehalten wird, dass solche grossen Stars weibliche Groupies haben. Was halt gar nicht geht, ist diese ganze sexuelle Gewalt und dieses sich bedienen an jungen Frauen.»

Bei der Begegnung eines erwachsenen Künstlers mit einem jugendlichen Fan sollte der Künstler seinen Schützling nicht für seine Zwecke missbrauchen. Von Musikern sollte man erwarten können, dass sie eine professionelle Distanz zu ihren Fans wahren.

Kein Einzelfall

Till Lindemann scheint nicht der einzige Musiker zu sein, der seine Machtposition ausgenutzt haben sollte. Im Gegenteil. So wurde unter anderem R. Kelly wegen Sexualstraftaten an minderjährigen Fans mehrfach dafür verurteilt. In der Musikbranche wussten viele von den Taten R. Kellys, schauten allerdings weg und liessen ihn jahrelang gewähren.

Wenn junge Fans zu Schaden kommen, tragen alle eine Mitschuld, die davon wissen und es geschehen lassen. Ob Künstler, Manager oder Veranstalter. Es ist zu hoffen, dass durch den Lindemann-Skandal, in Zukunft endlich mehr Zivilcourage gezeigt wird.

Geschrieben von:

Eat the Spaghetti to forgetti your regretti

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