Nein, hier geht es nicht um blaue Menschen und nein, kein farbenprächtiger, dreistündiger Blockbuster von James Cameron, sondern um eine animierte Serie, die einige aus ihrer Kinderzeit kennen dürften. Wer sie (noch) nicht kennt, muss sich auf kleine Spoiler im Text einlassen.

Für Neuinteressierte

Wasser, Erde, Feuer, Luft. Vor langer Zeit lebten alle vier Nationen zusammen in Harmonie. Doch dann erklärte uns die Feuernation den Krieg und alles änderte sich.

Die Serie behandelt die 4 Elemente, Wasser, Feuer, Luft und Erde die von Menschen gebändigt werden können und in vier verschiedenen Nationen leben. Der Avatar ist in der Lage alle 4 Elemente zu beherrschen. Die Feuerbändiger haben 100 Jahre vor dem Seriebeginn einen Krieg begonnen und dabei alle Luftbändiger ausgelöscht. Ziel ist es diesen Krieg zu stoppen. Diese Aufgabe lastet auf dem Avatar namens Aang und seinen Freunden (Team Avatar).

Avatar ist und bleibt zwar eine Kinderserie, aber eine der besten, die es gibt.

Über die Serie

Sie wurde in den Jahren 2006-2008 auf Nickeloden ausgestrahlt und erfreute sich grosser Beliebtheit. Sie stammt aus Amerika, ist animiert und gehört nicht dem Genre Anime an. Sie ist eine Zeichentrick-Fantasy-Serie, wurde von Cartoonisten Michael Dante DiMartino und Brian Konietzko erschaffen und ist geeignet für die ganze Familie.

Jede der drei Staffeln behandelt eins der drei zu erlernenden Elemente, die ebenfalls in der Reihe des Avatar-Zyklus erlernt werden müssen, also Wasser (Staffel 1), Erde (Staffel 2) und Feuer (Staffel 3).

Kurz darauf folgte im Jahr 2010 die Realverfilmung von «Die Legende von Aang», die jedoch floppte und von Fans nicht mehr erwähnt wird.

Mit «Die Legende von Korra» ging die Serie mit einem neuen Avatar und teilweisen gealterten Charakteren aus der Vorgänger Serie rund 70 Jahre später weiter. Die Zeitepochen des Team Avatars dazwischen werden in Comic Sammelbänden illustriert. Neu spielt der Streamingdienst Netflix eine grosse Rolle im Avatar Universum. Eine Avatar-Realserie ist für 2024 angedacht.

Ursprünglich haben Michael Dante DiMartino und Brian Konietzko mitgewirkt, sich jedoch im laufe des Projektes distanziert, da es Unstimmigkeiten gab. Dafür werden in den nächsten Jahren drei animierte Kinofilme veröffentlicht. Start ist im Oktober 2025. Sie werden das Team Avatar im jungen Erwachsenenalter zeigen und mit einem weiteren Film für Zuko und einen dritten für Korra über die Kinoleinwände flimmern.

Das Frauenbild

Was auffällt, sehr viele Hauptprotagonisten (Team Avatar) und Antagonisten sind weiblich. Und sie sind Kriegerinnen, sehr starke Kriegerinnen. Bereits in der ersten Folge wird das Thema Sexismus von der Protagonistin angesprochen, die sich über die sexistischen Aussagen ihres Bruders störte. Ende des ersten Buches kämpft sie dafür als Frau im Bändigen unterrichtet zu werden, da bei den Wasserstämmen die Frauen nur heilen erlernen dürfen.

Hiermit wird gezeigt, dass es als Mädchen oder Frau wichtig ist, sich gegen Ungerechtigkeit aufzulehnen und seine Stimme auch laut zu nutzen.

Katara hat sich das Wasserbändigen selbst beigebracht, einen Wasserbändigungsmeister herausgefordert und mehrere Unterformen des Wasserbändigens beherrscht (Eis-, Heil- und Blutbändigung).Trotzdem nimmt sie die liebevolle Rolle einer älteren Schwester, Freundin, und Mutterersatz ein. Etwas zu viel Drama (der Tot ihrer Mutter wird oft angesprochen) wird diesem Charakter nachgesagt.

Toph ist mit ihrer Blindheit keineswegs das zierliche kleine Mädchen aus reichem Hause, sondern hart wie ein Fels. Sie ist die Jüngste im Team Avatar und beherrscht das Element Erde. Auch sie beherrscht eine Unterform (Sandbändigung) und hat eine weitere erfunden (Metallbändigung). Sie ist nicht wie die anderen Mädchen hübsch gekleidet, schlank und geschminkt. In Buch 2, Episode 15 machen sich sogar andere über ihr Aussehen lustig. Sie kann über sich selbst lachen und steht über dem Mobbing. Interessant ist, dass sie mit ihren Eigenschaften eigentlich eine männliche Figur sein sollte (kann man sich so vorstellen wie in Buch 3 Folge 17).

Suki stammt von den Kyoshi Kriegerinnen ab. Eine Insel, auf der nur Kriegerinnen leben, die die Kunst des Fächerns beherrschen.Bei ihrer ersten Begegnung mit dem Team Avatar wird sie von Sokka als nicht ebenbürtig angesehen. Sie fordert ihn zu einem Duell heraus und gewinnt.

Sie vermittelt damit, dass sich eine Frau jederzeit auf gleicher Ebene mit einem Mann befindet und keine Angst haben sollte, Stärke und Kraft zu zeigen.

Fortan begleitet sie das Team Avatar in den ersten Staffeln immer wieder auf ihrer Reise bis sie am Schluss selbst zum Team gehört. Beim Ausbruch aus dem sichersten Gefängnis der Feuernation übernimmt sie ohne Mühe das Kommando über den Prinzen der Feuernation und den Häuptling des Wasserstamms (Buch 3 Folge 15).

Azula ist eine der besten Feuerbändigerinnen. Sie kann Blitze erzeugen und ihr Feuer ist blau (die anderen Feuerbändiger haben rotes Feuer). Mit ihrer berechnenden, intelligenten und kühlen Art ist sie der perfekte Bösewicht. Obwohl zuerst der Prinz der Feuernation und dann der Feuerlord die eigentlichen Bösewichte sind, hat sie mit ihren Freundinnen die Hauptrolle übernommen und ist viele Stunden zu sehen. Von ihrer Mutter fühlte sie sich immer als Monster betrachtet, was sich in den Comics fortsetzt.

Mai zeichnet sich durch ihr ruhiges, introvertiertes, gelangweiltes und emotionsloses Verhalten aus. Dies wurde ihr als Mitglied der Aristokratie beigebracht, nur einmal zeigt sie einen Gefühlsausbruch. Als nicht Bändigerin der Feuernation hat sie sich auf den Kampf mit Wurfsternen und Pfeilen fokussiert. 

Ty Lee blockiert mit einer eleganten zirkusreifen Körperbeherrschung das Chi von ihren Gegnern und macht sie somit bewegungsunfähig. Sie ist als nicht Bändigerin ebenfalls eine starke Persönlichkeit. Mit einem extrovertierten Charakter der sichtlich nach Aufmerksamkeit verlangt (sie ist mit 7 identischen Schwestern aufgewachsen).

Prinzessin Yue gibt ihr Leben für den Mondgeist auf, die bemalte Lady ist ein weiblicher Geist der sich um arme und kranke Menschen kümmert. Gran Gran ist vor einer Zwangsheirat von Nord an den Südpol gereist. Hama hat die Gefangenschaft der Feuernation überlebt und Blutbändigen erfunden.

Zwischenfazit

Natürlich gibt es auch beeindruckende männliche Charaktere, die mit Mut, Witz und Ehre zu den Lieblingsfiguren der Zuschauer wurden (Onkel Iroh ist nur einer von vielen). Dennoch ist es schön zu sehen, wie diese Serie ein Frauenbild von starken, schönen, unabhängigen Kriegerinnen, Prinzessinnen und normalen Dorfbewohnerinnen geschaffen hat. Es wirkt natürlich und nicht erzwungen wie in den heutigen Serien und Filmen. Frauen werden hier nicht wegen ihrer Schönheit oder um die Handlung flüssiger zu gestalten eingefügt, sondern sie sind ein wichtiger Teil der Handlung.

Zu oft gilt nämlich noch immer das Narrativ des Mädchens, das hilflos auf seinen Helden wartet, um gerettet zu werden.

Auch in der Serie Korra gibt es einige starke Persönlichkeiten. So ist neben dem weiblichen Avatar Korra, Katara und Toph zu sehen. Ihre jeweiligen Kindern haben es ebenfalls zu starken Bändigern gemeistert. Asami gehört dem Team Avatar an, kann sich als nicht Bändigerin gut zur Wehr setzen und fährt super Auto. Jinora (Enkelin von Avatar Aang) kann in die Geisterwelt reisen.

Themenvielfalt

Das Spannendste an Avatar sind allerdings die unglaublich erwachsenen Themen, welche die Serie behandelt.

Das Thema Krieg ist omnipräsent in allen drei Staffeln. Obwohl es immer wieder lockere und lustige Episoden dazwischen gibt, ist es ein schweres Thema und eine grosse Bürde die die jungen Charaktere auf ihren Schultern tragen und den Zuschauern vermitteln können. Ein ganzes Volk (Luftnomaden) wurde ausgerottet.

Auch das Thema Tod wird immer wieder angedeutet. Zwar werden keine Charaktere explizit getötet, jedoch deuten die Hinweise drauf hin, oder wie Sokka am Schluss sagt: das weiss niemand so genau. Das Wort «sterben» wird vermieden. Einige Charaktere die im Laufe der Staffeln «sterben» sind: Kataras und Sokkas Mutter wird von südlichen Räubern getötet («es werden heute keine Gefangenen gemacht»). Der General Zhao wird vom Geist des Meeres mitgerissen. Jet der Freiheitskämpfer wird von Long Feng mit Erdbändigen verletzt.

Weitere Themen wie verschiedene Brauchtümer, Religionen, Versagens- und Verlustängste und Ernährungsformen werden angesprochen.

Die ganze Serie dreht sich um die Frage, wie der hundertjährige Krieg die Welt verändert hat, wie politischer Widerstand organisiert werden kann und welche Mittel dazu benutzt werden dürfen – und welchen Weg man eher nicht gehen sollte.

Lange bevor Donald Trump den Begriff Fake News in den Medien verankerte, spricht die Serie die Frage nach der Wahrheit und der Wichtigkeit von Aufklärung an. Die Bevölkerung im Erdkönigreich darf nicht über den Krieg sprechen, er wird verheimlicht und die Existenz verleugnet. Es herrscht ein toritäres Regime aus einer Schattenregierung (Dai Li).

Was sie besonders macht

Kritiken musste die Serie so gut wie keine einstecken. Heute würde man vermutlich das Thema cultural appreciation ankreiden – dass zwei weisse Künstler eine Serie über Asiaten machen und reich werden. Doch darauf ist Netflix vorbereitet, die ausgewählten Schauspieler entsprechen ziemlich den Vorstellungen der asiatischen Bevölkerung.

Die Serie ist eine erstaunliche Mischung aus westlichem Cartoon und japanischem Anime. 

So gibt es zwar realistische Kampfszenen, diese erstrecken sich aber nicht über mehrere Folgen, wie das bei Naruto/Boruto, Dragonball oder One Piece der Fall ist. Die Kämpfe lehnen sich an asiatische Kampfkünste wie das Kung-Fu an. Aber auch Japanische Samurai-Uniformen sind zu finden und die chinesische Malerei ist während Sokkas Ausbildung ein Thema. 

Die Nationen sind verschiedenen echten Stämmen angelehnt, jedoch wurde dies so wenig offensichtlich wie möglich gestaltet, damit es keine politischen Diskussionen gibt. -> Wasserstamm (Inuit und Sirenkiki), Feuernation (Japan), Erdkönigreich (China) und die Luftnomaden (buddhistischen Mönchen). Auch die Chinesische Mauer oder die Verbotene Stadt findet einen platz in der Serie. Die Serie soll über eines der besten world bildings verfügen. Das Erdkönigreich zeichnet sich durch ein Minensystem aus, die Stadt der Wasserstämme ist komplett aus Eis und die Feuernation weist Industrialisierungen auf.

Die Grenze zwischen Gut und Böse gibt es nicht. Der Prinz der Feuernation gilt als klassischer Antagonist der nur danach strebt bei seinem Vater wieder in guter Gunst zu stehen.

Dieses klassisch-männliche Narrativ wird immer wieder gebrochen und die Serie nimmt sich viel Zeit, zu zeigen, warum Zuko so wurde, um ihm schließlich die Möglichkeit der Läuterung zu geben.

Habt ihr diese Serie bereits gesehen?

Ich habe sie mir angesehen und kann sie euch herzlichst empfehlen. Damit schliesse ich diesen Artikel:

Dass daraus eine so komplexe, herzliche und politische Serie entstanden ist, gleicht einem kleinen Wunder.

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