Für einmal möchte ich ein Herzensthema meinerseits aufgreifen, eine Leidenschaft aus Kindheitstagen. Flaggen. Man mag jetzt behaupten, dass dies ein völlig unwichtiges, irrelevantes Thema ist. Welches nur die allerwenigsten von uns weiterbringt. Dem habe ich nichts entgegenzusetzen. Aber man muss doch nicht immer nur über Ernstes oder Nützliches schreiben. Manchmal kann es sich auch einfach nur um Flaggen drehen.
Spätestens seit Sheldon Coopers «Fun with Flags» gelten Flaggen als etwas, mit dem sich ausschliesslich Nerds näher befassen. Doch genau wie jedes Unternehmen auf ein wiedererkennbares Logo achten sollte, sollte sich auch jedes Land, jede Stadt und jede Provinz um eine wiedererkennbare Flagge bemühen. Schliesslich ist es quasi eine XXL-Visitenkarte aus Stoff, die 15 Meter über dem Boden weht und an jedem Event von Fussballspiel bis Staatsempfang präsent ist. Doch was macht eine gute Flagge aus? Dahinter steckt eine ganze Wissenschaft. Die Vexillologie.
Nein diesen Begriff habe ich nicht erfunden, um mir eine pseudowissenschaftliche Legitimation zu verschaffen, den gibt es wirklich. Gemäss dem Vexillologen Ted Kaye gibt es 5 Grundprinzipien für eine gut designte Flagge. (Für die etwas lesefaulen Tize-Konsumenten, gibt es selbstverständlich auch zur Vexillologie einen TED talk welcher auf diese 5 Grundsätze eingeht).
Nr. 1 Einfachheit gewinnt
Eine Flagge soll einen hohen Wiedererkennungswert haben. Je komplexer die Flagge, desto schwieriger ist es, sie korrekt in Erinnerung zu behalten. Flaggen hängen meistens an einem Masten und flattern im Wind, da sind kleine Details sehr schwer erkennbar, deshalb kann man diese gleich weglassen. Als Faustregel für eine gute Flagge gilt: Wenn man sie in einem 3 auf 4 cm grossen Rechteck zeichnen kann, ist sie in Grossformat auch aus grösserer Entfernung noch gut erkennbar. So kann sich später auch jedes Kind die Flagge schnell einprägen.
Nr. 2 Ausdrucksvolle Symbolik
Eine gute Flagge bringt eine gewisse Bedeutung mit sich. Wie so oft in der Kunst ist diese Bedeutung relativ breit interpretierbar, aber es braucht einen Grund, wieso ein spezifisches Design nun für etwas steht. Diese Bedeutung ist meist historisch geprägt; Flaggen poppen grundsätzlich nicht aus dem Nichts auf, sondern geistern meist seit Jahrhunderten herum und passen sich je nach politischen Gegebenheiten leicht an.
Nr. 3 Nur zwei bis drei einfache Farben
Um die Flagge simpel zu halten, sollten es nicht nur wenige, sondern vor allem auch einfache Farben sein. Das heisst, die zur Verfügung stehende Farbpallette umfasst grundsätzlich: Blau, Gelb, Rot, Grün, Weiss und Schwarz. Damit kann man 90% aller Landesflaggen abdecken. Bei weiteren Farben wie Orange, Braun oder Lila besteht oftmals die Gefahr, dass sie mangels Kontrast nicht gut zur Geltung kommen.
Nr. 4 Keine Buchstaben oder Logos
Die wohl wichtigste und meistmissachtete Regel. Das Ziel einer Flagge ist, dass man darin das Land oder die Stadt wiedererkennt. Wer den Namen darauf schreiben muss, um erkannt zu werden, hat offensichtlich versagt. Allgemein sind Schriften oftmals klein oder schwer lesbar, demnach widersprechen sie dem Prinzip Nr. 1. Selbiges gilt für amtliche Wappen.
Neben der Flagge hat jedes Land (teilweise auch Provinzen oder Bundesstaaten) noch ein Wappen. Im Alltagsgebrauch werden die zwei oft als dasselbe angesehen, was so aber nicht ganz richtig ist. Wappen sind meist detailreichere Illustrationen, die ein Land repräsentieren sollen und werden beispielsweise auf amtlichen Dokumenten abgedruckt. Jedes Land hat solch ein Wappen. In Deutschland ist dies beispielsweise der Bundesadler (siehe Links). Diese Illustrationen sind oft sehr detailreich und von weit weg schwierig zu erkennen. Daher haben sie auf einer Flagge nichts zu suchen. Die Schweiz ist hier eine Ausnahme, hier sind die Flagge und das Wappen abgesehen von der Aussenform identisch.
Nr. 5 Bewusst anders oder bewusst ähnlich
Damit die Flaggen unverwechselbar nur mit diesem Land in Verbindung gebracht werden kann, sollten sie möglichst einzigartig sein. Wenn aber Länder gewisse Ähnlichkeiten zu einander aufweisen kann es durchaus Sinn machen, auch ähnliche Designs zu wählen. Negative Paradebeispiele in diesem Punkt sind Indonesien, Monaco und der Kanton Solothurn. Diese beiden Länder und dieser Kanton haben herzlich wenig miteinander zu tun. Deren Flaggen jedoch weisen durchaus gewisse Ähnlichkeiten miteinander auf.
Ein positives Beispiel hingegen sind die skandinavischen Flaggen. Die skandinavischen Länder liegen geografisch relativ nahe beieinander, sie haben (mit Ausnahme von Finnland) ähnliche Sprachen und auch historisch sind sie nahe miteinander verwandt. Da macht es durchaus Sinn, dies auch in der Flagge so zu zeigen. Dies machen sie mit dem skandinavischen Kreuz. Und trotz der offensichtlichen Gemeinsamkeit sind sie durch verschiedene Muster und Farben klar von einander trennbar.
Dies sind sie also, die 5 Grundprinzipien der Vexillologie. Bei sämtlichen Flaggenbewertungen gelten diese 5 Prinzipien als Anhaltspunkte, natürlich ist aber auch jedes mal etwas persönlicher Geschmack dabei.
Bildquellen
- is: W