Disclaimer: Dieser Artikel soll ungeschönt aber dennoch vereinfacht die Wirkung der Mikro- bzw. Kombinations-Pille sowie der Mini-Pille beleuchten. Aufgrund eigener Erfahrung und Recherche weiss ich, wie viele Pilleneinnehmer*innen nur oberflächliches Wissen zu diesen oralen Kontrazeptiva besitzen. Dafür mache ich unter Anderem das oftmals junge Alter der ersten Einnahme und das damit meistens ausbleibende kritische Hinterfragen des Präparats sowie mangelhafte Aufklärung von Seiten einiger Gynäkologen verantwortlich. Oftmals hinterfragen Anwender*innen die Wirkung erst bei Auftreten von Nebenwirkungen oder beim Absetzen der Pille. Mit diesem Artikel möchte ich dem zumindest teilweise entgegenwirken und dazu anregen, sich mit dem eigenen Körper und allem, was man an ihm (v.A. hormonell) verändert, auseinanderzusetzen.

Falls du planst, die Pille abzusetzen, sie aber aufgrund hormoneller Vorerkrankungen wie PCOS oder Endometriose nimmst, bespreche dies bitte im Vorfeld mit deinem Gynäkologen.

Sind wir mal ehrlich: Wie oft hast du einem Arzt, der fragte, welche Medikamente du einnimmst, erst beim zweiten Nachhaken seinerseits gesteckt, dass du die Pille einnimmst?

Auch ich habe während meiner langjährigen Pilleneinnahme bei dieser Frage als erstes die Medikamente, die ich gelegentlich wegen meiner Allergien nehmen muss, aufgezählt. Danach legte ich meistens eine nachdenkliche Pause ein, fügte ein «ach ja und die Pille» an und setzte ein abwinkendes Handzeichen mit Schulterzucken dazu. So, als würde ich die Pille nur aus Vorsicht und Wohlwollen dem Arzt gegenüber mitzählen. Als wäre sie kein wirkliches Medikament.

Und genau hier liegt das Problem.

Bis zum Absetzen der Pille besass ich kein fundiertes Wissen über ihre Wirkung. Während den acht Jahren, in der ich das Präparat in allen Farben und Formen nahm, hatte ich lediglich oberflächliches Halbwissen auf Lager. Hätte ich damals die Wirkung genau hinterfragt und verstanden, hätte ich wohl nicht zwei Mal überlegen müssen, ob ich die Pille beim Arzt als Medikament mitzähle.

In den Augen der Gesellschaft wird die Pille leider noch viel zu wenig als ein Arzneimittel betrachtet. Denn genau wie jedes andere Medikament auch, greift die Pille in körpereigene Vorgänge ein und soll daher auch als Medikament wahrgenommen werden.

Wie wirkt die Pille aber nun genau?

Um die Wirkungsweise der Pille verstehen zu können, folgt als erstes ein Crash-Kurs zum weiblichen Zyklus. Dieser beginnt am ersten Tag der Menstruation, endet am Tag vor der nächsten Regelblutung und dauert zwischen 21 und 35 Tage. Aufgeteilt ist der Zyklus in drei Phasen: der Follikelphase, in der die Eizellen heranreifen, die Gebärmutterschleimhaut aufgebaut wird und das Hormon Östrogen dominiert, dem fruchtbaren Eisprung bzw. der Ovulationsphase mit dem Testosteronanstieg und der damit einhergehenden starken Libido und zuletzt der Lutealphase, in der sich der Körper auf eine mögliche Schwangerschaft vorbereitet und das Progesteron im Hormonspiegel dominiert.

Die Stimmung, Körpertemperatur, Ausstrahlung, Libido, der Tatendrang, der Zervixschleim, das Hautbild und vieles mehr verändern sich mit und während dem Zyklus genau wegen diesem Wechselspiel aus Hormonen und Körperfunktionen. Unseren fabelhaften Zyklus in diesem Artikel aber genau zu beschreiben und genauer auf diese Stichworte einzugehen, würde jedes Mass sprengen. Alles in Allem tut unser Körper jeden Tag das Beste, um der Fortpflanzung im Sinne der Natur zu dienen und jede Zelle in uns arbeitet hart daran, genau das zu realisieren.

Wichtig ist zudem anzumerken, dass man entgegen des weit verbreiteten Mythos, im gesamten Zyklus fruchtbar zu sein, nur während maximal sechs bis sieben Tagen im gesamten Zyklus schwanger werden kann. Dies, weil man nur vor und während des Eisprunges zeugungsfähig ist. Eine Eizelle lebt maximal 18 Stunden und ist nur während dieser Zeitdauer fruchtbar, danach stirbt sie ab. Da Spermien jedoch bis zu fünf Tage im Körper überleben und auf den Eisprung «warten» können, summiert sich die fruchtbare Phase auf sechs bis sieben Tage. Hätte ich das damals gewusst, hätte ich wohl nicht jeden Tag eine Pille wegen dieser einen Woche im Monat geschluckt.

Die Inhaltsstoffe

In der am häufigsten verschriebenen Kombinationspille sind zwei verschiedene Hormonersatzstoffe enthalten. Einerseits ein Östrogenersatzstoff, meistens Ethynilestradiol und andererseits ein Progesteronersatzstoff, Progestin oder Progestogen genannt. Wohlgemerkt Ersatzstoffe, da es sich hierbei um keine wirklichen Hormone handelt, sondern lediglich um synthetisch hergestellte hormonähnliche Substanzen, die in unserem Körper an Rezeptoren andocken und sie besetzen. Für die verhütende Wirkung ist nur das Progestin verantwortlich. Daher gibt es die Minipillen, die kein Östrogenersatzstoff enthalten, aber niemals eine Pille, die kein Progesteronersatzstoff enthaltet. Der Östrogenersatzstoff wird lediglich zur «Stabilisation des Zyklus» (der im Grunde bei der Einnahme der Pille gar kein Zyklus ist, wie wir gleich erfahren) beigesetzt.

Kleiner Exkurs: Ein weiterer wichtiger Begriff ist das Wort Antiandrogen. Antiandrogene Pillen sind hoch dosiert und werden unter anderem bei unreiner Haut verschrieben. Diese Präparate hemmen die körpereigene Testosteronbildung, was das Hautbild im Gegenzug bessert. Da aber Testosteron auch im weiblichen Zyklus eine wichtige Rolle spielt und unter Anderem für die Libido unablässig ist, ist auch eine antiandrogene Pille nicht ganz Ohne.

Der Wirkmechanismus

Ist das Progestin nach der Einnahme im Blutkreislauf angelangt, reagiert das Gehirn aufgrund seiner hormonähnlichen Struktur und kann es nicht vom körpereigenen Progesteron unterscheiden. Da dem Körper eine Unmenge an Progesteron vorgetäuscht wird, also das Hormon, das in der Lutealphase nach dem Eisprung dominiert, denkt das Hirn, dass der Eisprung bereits stattgefunden hat und stellt sofort die Reifung der Eizellen ein. Im Körper finden die Vorgänge statt, die grundsätzlich also in einem natürlichen Zyklus für ungefähr ein bis zwei Wochen nach dem Eisprung andauern würden, nur halt eben für die gesamte Einnahmedauer. Mit der ausbleibenden Ovulation bleiben auch die körpereigene Hormonproduktion und unser natürlicher Zyklus auf der Strecke. Somit bleibt der Körper während der gesamten Zeit, in der wir die Pille nehmen, in einer vorgetäuschten, fremdgesteuerten, zweiten Zyklusphase «stecken».

Was jedoch gerne vergessen wird ist, dass die Pille oral eingenommen wird und somit das gesamte Verdauungssystem durchqueren muss, bevor sie ihre Wirkung im Blut entfalten kann. Somit zieht sie den gesamten Verdauungstrakt in Mitleidenschaft und kann sowohl Nahrungsmittelunverträglichkeiten als auch Vitalstoffmängel hervorrufen. Die Leber versucht im Anschluss, die Pille aus unserem Körper zu entgiften, und filtert drei Viertel der enthaltenen Hormonersatzstoffe heraus. Dieser sogenannten First-Pass-Effekt ist in der Dosierung des Präparats berücksichtigt. Daher wird die Pille höher dosiert, damit am Ende die richtige Menge an Hormonersatzstoffen den Blutkreislauf erreichen.
Da wir das Präparat täglich einnehmen, ist die Leber ununterbrochen mit der Entgiftung beschäftigt und kann im schlimmsten Fall andere Toxine nur halbherzig abbauen.

Sind die Hormonersatzstoffe erst im Blutkreislauf angelangt, haben sie Einfluss auf das gesamte empfindliche Hormonsystem.

Einfluss auf Libido, Ausstrahlung und Partnerwahl

Was dies bewirken kann, zeigen etliche Studien1 auf, die beispielsweise darlegen konnten, dass die Pille die Partnerwahl beeinflussen kann. Es kommt nicht selten vor, dass Anwender*innen des Präparats durch den veränderten Geruchssinn andere Partner bevorzugen, als wenn sie den natürlichen Zyklus haben. Oft wird daher empfohlen, die Pille beispielsweise mindestens ein Jahr vor der Hochzeit oder dem gemeinsamen Hauskauf abzusetzen, um zu sehen, ob man sich gegenseitig noch «riechen» kann.

Auch ist der negative Einfluss auf die Libido nicht zu unterschätzen, der viele Anwender*innen betrifft. Durch die ausbleibenden hormonellen Schwankungen während des natürlichen Zyklus und der ansteigenden Lust um den Eisprung herum wird die Libido leider oft schwer in Mitleidenschaft gezogen.

Interessanterweise hat eine Studie2 in einem Nachtclub der USA aufgezeigt, dass diejenigen Tänzerinnen, die die Pille einnahmen, am wenigsten Trinkgeld bekommen haben. Tänzerinnen mit einem natürlichen Zyklus haben in ihrer fruchtbaren Phase hingegen am meisten Trinkgeld bekommen. Dies lässt sich damit erklären, dass man während der Ovulationsphase auf Andere viel attraktiver wirkt. Da der Eisprung unter der Einnahme der Pille ausbleibt, ist auch dieser beschriebene «Peak» nicht vorhanden.

Zudem wächst bei der Einnahme in jungen Jahren die Gebärmutter oftmals nicht vollständig aus. Erst nach dem Absetzen wächst sie weiter und erreicht nach etwa sechs bis zwölf Monaten ihre richtige Grösse, wodurch ein direktes Einsetzen einer Kupferspirale nach dem Absetzen der Pille Komplikationen hervorrufen kann.

Wissen ist Macht!

Dies sind nur einige von vielen Beispielen, was die Pille in und mit unserem Körper anstellt. Wichtig ist, stets im Klaren zu sein, dass alles, was in unsere körpereigenen Vorgänge eingreift, weitaus grössere Folgen haben kann, als uns vorerst deutlich ist.

Es soll eine bewusste Entscheidung sein, ob wir die Pille nun nehmen oder nicht. Das Präparat kann eine Bereicherung sein, wenn man es gut verträgt. Dennoch ist selbst nach 60 Jahren, die seit der ersten Markteinführung vergangen sind, das Wissen über das orale Kontrazeptivum nur oberflächlich behandelt worden. Wir sollten genaustens Bescheid wissen, auf was wir uns einlassen. Wissen ist Macht.

Für Interessierte zum Thema oder solche, die die Pille absetzen möchten, sich aber im Vorfeld informieren möchten, empfehle ich die beiden Bücher «Kleine Pille, grosse Folgen» und «Bye Bye, Pille» von Isabel Morelli, den Podcast «GenerationPille» und den Blog generation-pille.com.

Quellen:

  1. https://www.focus.de/gesundheit/experten/nebenwirkungen-der-pille-manipulierte-partnerwahl-wie-die-anti-baby-pille-das-liebesleben-beeinflusst_id_8923448.html
  2. https://www.welt.de/wissenschaft/article1270279/ohne-pille-verdienen-stripperinnen-mehr.html
Geschrieben von:

«𝚁𝚊𝚒𝚜𝚎 𝚢𝚘𝚞𝚛 𝚠𝚘𝚛𝚍𝚜, 𝚗𝚘𝚝 𝚢𝚘𝚞𝚛 𝚟𝚘𝚒𝚌𝚎. 𝙸𝚝 𝚒𝚜 𝚛𝚊𝚒𝚗 𝚝𝚑𝚊𝚝 𝚐𝚛𝚘𝚠𝚜 𝚏𝚕𝚘𝚠𝚎𝚛𝚜, 𝚗𝚘𝚝 𝚝𝚑𝚞𝚗𝚍𝚎𝚛» - 𝚁𝚞𝚖𝚒

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