Adèle führt das perfekte Leben- Zumindest könnte es das sein. Trotzdem setzt sie alles aufs Spiel – für Sex mit fremden Männern. Eine Buchrezension über den ersten Roman der preisgekrönten Schriftstellerin Leïla Slimani.
Inhalt
Adèle Robinson führt das perfekte Leben. Sie arbeitet für eine Pariser Zeitung und lebt mit ihrem liebenden Ehemann und ihrem kleinen Sohn in einem schicken Viertel. Sie lebt die Traumvorstellung vieler Frauen mit Familie. Trotzdem ist sie nicht glücklich.
Sie hasst die Vorstellung, dass sie arbeiten muss, um davon zu leben und… hat Sex mit fremden Männern.
Ihr sind die Risiken bewusst, sie weiss, wenn ihr kleines Geheimnis gelüftet wird, droht ihr ganzes Leben aus dem Ruder zu laufen. Sie könnte alles verlieren. Mit nichts mehr da stehen. Trotzdem setzt sie alles aufs Spiel. Denn Sex ist für sie längst zu einer Besessenheit geworden.
Die Autorin
Die in Marokko geborene Leïla Slimani ist eine französisch- marokkanische Schriftstellerin und Journalistin. Die mittlere dreier Töchter arbeitete seit 2008 als Journalistin für das Magazin «Jeune Afrique». 2014 veröffentlichte sie ihren ersten Roman «Dans le jardin de l’ogre» (All das zu verlieren.)
Für ihren Erstling erhielt sie den «Prix de la Mamounia». Für Slimani ist Literatur ein Ort ohne Grenzen. Ein Ort, wo Slimani die Möglichkeit ergriff, über das Böse und grausame in unserem Alltag zu erzählen, da Ethik und Anstand in der Literatur keine Rolle spielen. Die Kritiker sind der Schriftstellerin egal, denn sie will ihr Publikum schockieren.
Authors have a nationality: Books do not.
Leïla Slimani
Persönliche Meinung
«Seit einer Woche hält sie durch.» Bereits mit dem ersten Satz konnte mich Slimani in ihren Bann ziehen. Nach einer Seite lernt man die sexuelle Besessenheit von Adèle kenne. Ich merkte sofort, dass die junge Frau nicht die «normalen» sexuellen Begierden verspürt. Slimani wartete nicht 50 Seiten, bis sie die innere Zerrissenheit ihrer Protagonistin zeigte.
Die wenigsten stehen auf der Seite jener Person, die den Partner/in betrügt. Für mich ist Betrug ein Trennungsgrund und vor allem ein grosser Vertrauensbruch. Trotzdem konnte ich das Verhalten der Protagonistin nachvollziehen. Sie flieht vor dem, was man vor ihr erwartet. Was man(n) von einer Frau erwartet.
Sie wollte immer nur eins: Beachtet werden
Adèle im Buch «All das zu verlieren»
Slimani zeigt, wohin eine Sexsucht führen kann und vor allem, was sie mit einem Menschen macht.
Dass sich eine Marokkanerin traut über ein solches Tabuthema zu sprechen, finde ich bemerkenswert. Auch wenn Leïla Slimani der Meinung ist, dass sie aufgrund ihrer Kultur weder schamhafter noch schonungsloser sein müsste.
Im Buch «Sex und Lügen» behauptet Slimani, dass es kein Zufall sei, dass sie eine Figur wie Adèle erschaffen habe, da gerade die Marokkaner und ihre Nachbarn sich in Sachen sexuellem Leid, Frustration und Entfremdung auskennen sollten (Die Buchrezension über dieses Buch folgt nächste Woche.)
Der Roman ist schockierend, tiefgründing und einfach lesenswert!
Fazit
Das Buch hat mich umgehauen. Es liest sich, wie wenn du eine Zigarette anzündest und in einen Rausch verfällst. Das Buch habe ich bereits vor einigen Monaten gelesen und es ging mir seitdem nicht mehr aus dem Kopf. Das Cover der deutschsprachigen Ausgabe ist gut gewählt. Es lässt den Leser keine voreiligen Schlüsse ziehen. Perfekt bei einem Buch, wo ein Tabuthema wie Sexsucht behandelt wird.
Ich kann das Buch wärmstes empfehlen. Fünf Sterne von fünf.
«All das zu verlieren» ist lieferbar beim Buchhändler deines Vertrauens.
Bildquellen
- 9783630875538: Randomhouse.de