Faktisch gesehen vergeht die Zeit immer gleich schnell, daran lässt sich nichts rütteln. Unbestreitbar ist jedoch auch, dass unser Gefühl für die Zeit je nach Situation sehr stark variieren kann. So geben uns Uhren die Zeit immer gleich an und doch empfinden wir beim Ablesen der Zeit nicht immer gleich.
Eine neue Herangehensweise
Ganz ehrlich, wenn meine Uhr mir zeigt, dass ich nur noch drei Minuten bis zur Abfahrt meines Zuges habe, komme ich schier in Panik. Drei Minuten, das schaff ich nicht, ich verpasse den Zug und komme zu spät, denke ich. Im Gegensatz dazu stehen die letzten drei Minuten der Schulstunde. Noch nie hat sich Zeit so sehr wie ein Kaugummi gezogen, nicht wahr?
Doch wenn ich mir einen Song anhöre, der in der ungefähr selben Länge spielt, so denke ich mir, was die Zeit angeht, gar nicht viel. Ich kenne die Musik, den Text, die Melodie. Ich höre es mir einfach an, weiss was wann kommt und wann es zu Ende ist. Sagen wir also, über diese drei Minuten habe ich, ohne sie wirklich zu realisieren, einen Überblick. Genau aus diesem Grund habe ich angefangen, Zeit mit Liedern abzumessen.
Sind es noch drei Minuten bis zum Bahnsteig, wähle ich einen Song in dieser Länge. Und da ich mir vorstellen kann, zu welcher Zeit im Song ich wo sein muss, habe ich einen viel besseren Überblick. Ohne Musik nämlich, tendiere ich dazu, die Zeit und ihr Voranschreiten zu überschätzen. Mache ich hingegen ein Workout und nehme mir vor, eine Minute lang in der Plank zu verharren, so ist es mit Musik um einiges angenehmer. Erstens werde ich natürlich abgelenkt und zweitens ist eine Minute eines Liedes, welches ich vom Ablauf her gut kenne, eine ganz andere als Minute in der nur Stille und das Warten herrscht.
Ähnlich ergeht es mir mittlerweile sogar unter der Dusche. Ich als begeisterte Musikhörerin kann sogar während dem Duschen nicht mehr auf Musik verzichten, da es zum einen unterhält und mir zum anderen einen Anhaltspunkt gibt, wie viel Zeit vergeht. Muss ich mich beeilen, so sollte ich nicht mehr als zwei Lieder verplempern. Habe ich mehr Zeit, so können es auch mal vier Lieder werden. Natürlich kommt es auf die Länge der Lieder an, doch die in meiner Playlist sind mir so bekannt, dass ich die Länge ungefähr kenne.
Grössere Dimensionen
Zeit in Liedern auszudrücken, ist das eine, was vor allem für kürzere Zeitspannen funktioniert. Ist jedoch eine längere Zeit in eine ähnliche Aktivität wie Musikhören aufzuteilen, so greife ich zurück auf Youtube-Videos oder Serien. So dauert ein Pendelweg für mich ungefähr so lange, wie ein ausführlicher Ted Talk. Die Zeit, die vergeht, von Aufstehen bis Beginn der Schulstunde morgens, kommt meist gleich mit zwei Folgen einer Serie. Und kann ich nicht einschlafen, sollte es aber bald tun, lasse ich eben ein viertelstündiges Video laufen, denn ich weiss, dass ich noch vor dem Ende einschlafen werde. Somit kann ich mir morgens klar werden, dass ich doch nicht noch ewig wach gelegen bin. Auch, wenn es sich nachts oft so anfühlt.
Wenn dir also die Standartmethode vom Zeit an der Uhr ablesen das nächste Mal verleidet, greif doch einmal auf deine Playlist zurück. Glaub mir, die Zeit wird ganz anders vergehen.