Zugegeben, wenn ich nicht weiterweiss, zücke ich das Handy und mit irgendeiner App oder mithilfe von Google finde ich die Antwort dazu. Die Angewohnheit, direkt zum Smartphone zu greifen, ist aber nicht nur eine schlechte Maniere von mir, sondern wahrscheinlich von jedem, der die Vorzüge und Möglichkeiten der Smartphones für sich entdeckt und schätzen gelernt hat. Es ist einerseits wirklich eine geniale Sache. Aber bin ich die Einzige, die es beängstigend findet, dass wir extrem abhängig werden von den neuen Technologien und Möglichkeiten?


Ein Beitrag von Alyssia Kugler


Ich nehme als Beispiel die Orientierung, die uns mit der Technik vereinfacht wird. Wenn wir uns verlaufen beziehungsweise verfahren haben, können wir das Handy zücken und dank dem gut ausgelegten Netz, Internet- und GPS-Funktion unseren Standort bestimmen. Mit wenigen Klicks zeigt uns Google oder eine extra dafür ausgelegte App die schnellstmögliche Route zu unserem persönlichen Ziel. Praktisch! Doch was ist, wenn uns das Handy geklaut worden wäre? Oder kein Netz verfügbar ist? Oder der Akku leer ist? Wir wären aufgeschmissen.

Wie oft konnten mir Freunde und Bekannte nicht sagen, wo sie durchgefahren sind, um zu ihrer Feriendestination zu kommen? Unzählige Male. Und dies wohl aus dem einfachen Grund, dass der Routenplaner uns die Aufgabe der Orientierung vollständig übernimmt. Wer viele Wege erfolgreich mit dem Routenplaner hinter sich hat, wird auch grosses Vertrauen dazu aufgebaut haben. So kann es passieren, dass der ortskundige Beifahrer den Fahrer lotsen möchte, dieser aber nur den Anweisungen folgt, wenn die Siri-Stimme dasselbe sagt. Keine Sekunde früher.

Alarmierend ist es, wenn sich der Fahrer auf der Autobahn fragt, ob man die nächste Ausfahrt nehmen müsse. Die Ausfahrtstafel, an der man kurz darauf vorbeifährt, wird nicht angesehen, stattdessen ein Blick auf den GPS geworfen. Doch was wenn das alles nicht mehr möglich wäre, aus welchem Grund auch immer? Wir müssten unsere Aufmerksamkeit wieder von Grund auf neu trainieren, um uns selbständig zurechtfinden zu können.

Zweifellos schätze ich solche vereinfachenden Innovationen, wie die GPS-Funktion, sehr. Doch ich bin auch überzeugt, dass es uns abhängig von unseren Helferlein macht. Und ganz ehrlich, mich fürchtet der Moment, in dem wir ausgeliefert werden vom Versagen oder Ausfallen der Technik. Denn die geschilderte Abhängigkeit beschränkt sich nicht nur auf die Orientierung. Ich habe lediglich dieses Beispiel gewählt. Wir stünden auch an einer Blockade, wenn wir eine Telefonnummer im Telefonbuch suchen müssten. Wenn wir fremdsprachige Texte mit dem Wörterbuch und dennoch in anständigem Zeitrahmen übersetzen müssten. Wenn der Busfahrplan nicht mehr online abrufbar wäre. Wenn wir Fliesstexte von Hand, fehlerfrei und gut strukturiert hinbekommen müssten. Wenn wir ohne Hill-Holder Funktion an einem Steilhang Anfahren müssten. Wenn wir ohne unsere vielen geliebten Küchenhelfer effizient kochen müssten. Und so weiter.

Obwohl wir Innovation nie ablehnen werden wollen, ist es wohl nicht abzustreiten, dass gewisses Handwerk und in gewissen Aspekten logisches Denken verloren gehen werden. Wir bewegen uns als Gesellschaft in zwei gegensätzliche Richtungen. Einerseits die innovative Richtung, in der Entwicklungen angestrebt werden, die uns das Leben weiterhin vereinfachen und komfortabler machen werden. Andererseits in die Rückwärtsbewegung, die uns zu alten Traditionen zurückzieht und zur Entschleunigung aus unserem rasanten Zeitalter einlädt.

Ich befinde mich in einer seltsamen Mischung dieser Gegenpole. Ich bin sehr abhängig von Handy, Laptop und Internet, versuche altmodischen Werte, die mich gegenüber Innovationen manchmal skeptisch machen, etwas zurückzunehmen. Parallel ziehe ich mich gerne zurück in die Ruhe, in die Natur und lese immer noch mit Vorliebe Bücher statt E-Books, versuche mich verzweifelt von der kompletten Kontrolle durch die Technik abzugrenzen. Und wo stehst du?

Geschrieben von:

Was ist deine Meinung? Schreib einen Kommentar!