Was haben Nutella, Margarine und Nivea-Crème gemeinsam? All diese Produkte enthalten Palmöl. Damit sind sie keine Ausnahmen, denn rund ein Sechstel aller Produkte im Supermarkt enthalten in irgendeiner Form Palmöl. Aus diesem Grund werden riesige Mengen des pflanzlichen Fetts benötigt, welches vor allem in Indonesien und Malaysia produziert wird.

Laut Bundesamt für Landwirtschaft importierte alleine die Schweiz im Jahr 2018 knapp 27 000 Tonnen Palmöl. Der Lebensmittelkonzern Nestlé verarbeitet sogar rund 420 000 Tonnen pro Jahr. Neuste Recherchen der Schweizer NGO Solidar Suisse zeigen nun, dass Nestlé Palmöl von Plantagen bezieht, wo Menschenrechtsverletzungen zur Tagesordnung gehören.

Rund 840’000 Plantagen-Arbeiter haben keine Papiere.

Die Schweizer NGO Soldiar Suisse hat Recherchen auf zwei Plantagen in der Provinz Sabah in Malaysia gemacht. Aus dieser Region stammen neun Prozent des weltweit produzierten Palmöls. 85% des dortigen Bodens wird für den Anbau genutzt. Die Recherchen von Solidar Suisse zeigen, dass von den 1,2 Millionen Arbeitsmigranten in der Provinz Sabah 840 000 keine Dokumente besitzen. Bei weiteren 50 000 bis 200 000 handelt es sich um undokumentierte Kinder. Diese Personen haben keinerlei Rechte und müssen daher in ständiger Angst vor der Ausschaffung leben. Damit sind sie den Plantagenbesitzern völlig ausgeliefert. Aus Angst vor Polizeikontrollen verlassen die illegalen Arbeitsmigranten die Plantagen kaum. Die Plantagenbesitzer nützen diese totale Abhängigkeit laut Solidar Suisse schamlos aus. So sind die Zurückhaltung von Ausweispapieren, die Drohung mit der Polizei sowie Lohnabzüge häufig angewandte Methoden. Obwohl die Arbeiter und Arbeiterinnen giftige Pestizide versprühen müssen, erhalten sie keinerlei Schutzkleidung, geschweige denn eine entsprechende Schulung. Die NGO schreibt, dass diese in den Plantagen von Sabah festgestellten Missstände charakteristisch für Zwangsarbeit seien und dass nur die Ausbeutung der Arbeiter und Arbeiterinnen den tiefen Preis des äusserst arbeitsintensiven Palmöls ermögliche.

Rund 50’000 bis 200’000 undokumentierte Kinder arbeiten auf den beiden Plantagen, welche Soldiar Suisse unter die Lupe genommen hatte.

Da die Arbeiter und Arbeiterinnen oft nach Ernteertrag bezahlt werden, benötigen sie die Hilfe ihrer Kinder, um ihren Lebensunterhalt zu sichern. Die Kinder werden daher zu festen Arbeitskräften auf den Plantagen. Zudem ist es ihnen als Undokumentierte nicht möglich, eine Schule zu besuchen. Somit haben sie kaum Chancen auf ein späteres Leben ausserhalb der Palmölplantagen.

Nestlé kann bloss 54% seines Palmöls bis zur Plantage zurückverfolgen.

Beide von Solidar Suisse untersuchten Palmölplantagen liefern laut Recherche ihre Ernte an Palmölmühlen, die auf der Liste der Palmölmühlen des Lebensmittelkonzerns Nestlé stehen. Obwohl der Konzern nach seinen eigenen Richtlinien erwartet, dass seine Zulieferer ihre Arbeitsmethoden kontinuierlich verbessern und dabei ihr Personal und ihr Land respektieren und pflegen, profitiert er von der Ausbeutung der Arbeiter und Arbeiterinnen, die einen tiefen Preis des Rohstoffs ermöglicht. Mit der Untersuchung von Solidar Suisse konfrontiert sagte Nestlé, dass die Vorwürfe untersucht würden. Falls sie zutreffen würden, werde Nestlé entsprechende Massnahmen ergreifen. Menschenrechtsverletzungen und Kinderarbeit würden nicht toleriert.

Dies zu kontrollieren ist aber einfacher gesagt als getan. Aufgrund von komplexen Produktions- und Lieferketten ist es oft schwierig, das Palmöl bis zur Plantage zurück zu verfolgen. Nestlé kann so nach eigenen Aussagen 91% seines Palmöls bis zur Mühle nachverfolgen, aber nur 54% bis zur Plantage. Theoretisch weiss also Nestlé bei knapp der Hälfte des verwendeten Palmöls nicht, ob dahinter nicht Ausbeutung oder Kinderarbeit steckt. Auch bei Solidar Suisse ist man sich im Klaren, dass es äusserts schwierig ist, totale Transparenz zu schaffen.

Ein erster, wünschenswerter Schritt sei aber beispielsweise die Offenlegung der Daten der kontrollierbaren 54% des Palmöls. Zudem müsse Nestlé mehr Einfluss auf lokale Handelspartner und Behörden ausüben, damit Zwangs- und Kinderarbeit eliminiert werden könne. Die Einhaltung der Mindestlöhne sowie die Legalisierung der Arbeiter und Arbeiterinnen müsse garantiert sein, fordert Solidar Suisse.

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4 Comments

  1. Peter Zimmermann Reply

    Apropos Palmöl: Alle auf Palmöl basierende Inhaltsstoffe sind bei Beiersdorf (u.a. Nivea) ab 2020 physisch und nachhaltig zertifiziert.

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