Sarah Bünter ist 27 Jahre alt und wurde im letzten Jahr zur Präsidentin der Jungen CVP Schweiz gewählt. Wie sich der Alltag als Repräsentationsfigur der Jungpartei gestaltet und wie sie zum «C» im Namen steht, erzählt sie uns im Interview.

Neben ihrer Arbeit als Präsidentin studiert Sarah Bünter an der Universität St. Gallen internationale Beziehungen. Ausserdem arbeitet sie im Øya Bar und Kafé als Barkeeperin. Diese Arbeit schätzt sie besonders, weil sie sich so mit vielen Menschen austauschen und ihre Ansichten hören kann. In ihrer Freizeit treibt sie Sport, malt mit Acrylfarben, verbringt Zeit mit Freunden und besucht wenn immer möglich Konzerte.

Seit dem letzten Jahr bist du Präsidentin der Jungen CVP Schweiz. Wie sieht deine Arbeit aus?

Sie ist sehr vielseitig und spannend. Jede Woche sieht anders aus. Als Präsidentin ist man an vielen Podiumsauftritten und steht im aktiven Austausch mit den Sektionspräsidentinnen und Sektionspräsidenten. Aufgrund unseres föderalistischen Systems sind viele Entscheide, die gefällt werden, auf kantonaler Ebene. Da ist es das Ziel, dass man zusammenspannt und Ideen und Vorstösse in mehreren Kantonen einbringen kann. Dazu bin ich auch intensiv bei der Gestaltung unserer Social-Media-Kanäle dabei und leite gemeinsam mit der CVP ein politisches Ausbildungs- und Weiterbildungsprogramm „Zukunft Mitte Schweiz“ Bei einer Jungpartei läuft sehr viel über über das Präsidium und den Vorstand. Wir haben aktuell aber auch ein Sekretariat von 30%, welches uns sehr stark in der Administration, aber auch Organisation von Anlässen unterstützt. In den letzten Monaten haben wir einiges mehr an Medienaufmerksamkeit bekommen, was natürlich sehr cool ist, aber auch mit mehr Arbeit verbunden ist. Diese Tendenz spüren aber alle Jungparteien, da der Fokus immer mehr auch auf der Meinung der Jungen liegt. Dadurch gibt es auch immer mehr Medienafragen oder Podiumseinladungen. Gleichzeitig bleibt eine grosse Aufgabe die Führung der Jungpartei. Das ist Arbeit im Hintergrund, die man nach aussen nicht gleich spürt, die aber mindestens so spannend ist. Das ist beispielsweise mit Besuchen in die verschiedenen Sektionen und an parteiinternen Anlässe verbunden, aber auch der individuelle Austausch mit Mitgliedern. Man ist schlussendlich ein Teil von einem ganzem Team und gleichzeitig auch eine Repräsentationsfigur.

Wie wurdest du politisiert?

Ich bin wohl «leider» ein typisches, durch die Familie politisiertes Kind. Ich sage leider, da ich mich sehr stark dafür einsetze, dass sich junge Menschen unabhängig von ihrer Herkunft für unser politisches System interessieren. Wenn man aus einer politischen Familie kommt, ist man einfach automatisch bereits schon früh mittendrin. Ich kenne aber sehr viele junge Menschen, die diesen politischen Hintergrund nicht haben und sich aktiv engagieren, das finde ich sehr cool. Bei mir war bereits mein Grossvater politisch sehr aktiv, er war in Frauenfeld im Stadtrat sowie im Thurgau Kantonsrat. Meine Mutter ist jetzt auch im Thurgauer Kantonsrätin. Wir haben am Esstisch oft politische Diskussionen geführt: Sobald jemand in der Familie politisch ein wenig aktiv ist, wird am Mittagstisch darüber gesprochen. Das merke ich jetzt auch bei mir. Politik ist sehr schnell ein wichtiger Teil deines Lebens. Als Kind habe ich sehr viel davon mitgekriegt. Ich habe aber lange gewartet, bis ich einer Partei beigetreten bin, weil ich nicht einfach zur CVP wollte, nur weil meine Familie schon dort war. Ich wollte zuerst ein wenig hinter die Kulissen schauen und habe bei der CVP ein Praktikum gemacht, da es die einzige Partei war, die ein solches im Kanton anbot. Dabei kam ich aber auch mit vielen anderen Parteien direkt in den Austausch. Schlussendlich musste ich dann aber sagen, dass die CVP auch die Partei für mich ist.

Was hat dich denn dazu gebracht, dich für die CVP zu entscheiden?

Für mich war ein sehr wichtiger Punkt, wie man mit anderen Meinungen umgeht. Ich habe Ratsdebatten mitverfolgt und geschaut, wie die Parteien mit anderen Meinungen umgegangen sind. Es gibt zu verschiedenen Themen sehr viele verschiedene Meinungen und man sollte diese respektieren. Die von der CVP haben zugehört und zum Gesagten Stellung genommen und haben nicht einfach alles ideologisch betrachtet. Das war für mich ein sehr wichtiger Faktor. Je länger, desto mehr bekam ich auch zu spüren, dass die JCVP in der Schweiz ein Erfolgsmodell sieht, das aber unter den Herausforderungen auch immer wieder angepasst werden muss. In der Schweiz führen wir das Modell einer öko-sozialen Marktwirtschaft: Wir überlassen nicht alles der Marktwirtschaft aber auch nicht alles dem Staat, sondern überlassen es einem gesunden Mass zwischen beidem. Das finde ich zielführend. Das hat mich letztendlich auch dazu bewegt, der JCVP beizutreten, denn sie verfolgt dieses Modell in der Politik. Schlussendlich soll man sachlich bleiben und nicht versuchen, Polemik in die Sache zu bringen.

Sarah Bünter setzt sich besonders stark für zwei Themen ein. Einerseits wäre da die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. «Ich bin der Überzeugung, dass wir es schaffen mehr Frauen in die Politik und Wirtschaft zu bringen», findet sie. Sie denkt, dass die tiefe Frauenquoten auch häufig noch mit dem alten Rollenbild zu tun hat. Bereits in unserer Generation spüre man eine Veränderung darin. Wichtig sei vor allem, dass das Umfeld dafür geeignet ist und es genug Möglichkeiten gibt, sein Kind auch ausserfamiliär betreuen zu lassen. Sie als junge Frau findet es wichtig, dass sie sich aktiv dafür engagiert und dadurch vielleicht auch andere Frauen dazu motivieren kann.

Andererseits ist ihr das Stärkung des Milizsystems ein sehr wichtiges Anliegen. Vor allem in der Coronakrise zeige sich wieder, wie wertvoll dieses System ist. Man soll nicht einfach einen Beruf lernen, sondern in der Gesellschaft noch eine zweite Funktion ausüben, wie zum Beispiel im Militär, Zivildienst, Zivilschutz oder in einem Verein. «Die Coronakrise hat gezeigt, dass man schnell Hilfe leisten konnte, weil man neben dem Beruf noch eine weitere Ausbildung genossen hatte», beurteilt Bünter die Situation. Deswegen setzt sie sich für den «Service citoyen» ein. Konkret bedeutet das: Für Männer und Frauen soll es eine Dienstpflicht geben, welche aber erweitert wird. Jeder Bürger soll also einen Dienst an die Gesellschaft leisten. Besteht hier nicht die Gefahr, dass zum Beispiel dem Militär dann noch mehr Personen fehlen? Bünter verneint. Es werden mehrere Milizämter berücksichtigt und garantiert, dass dem Militär keine Leute fehlen werden. Denn wenn alle eine Dienstpflicht haben, werden auch mehr Frauen ins Militär gehen. «Ausserdem wird nicht mehr unter den Diensten unterschieden, sondern es ist ein System, in dem jedes Teil gleich attraktiv ist nichts gegeneinander ausgespielt wird.»

Im Moment wird in der Partei darüber diskutiert, ob man das «C» im Namen beibehalten oder abändern sollte. Wie siehst du das?

Das C hat viel mit der Geschichte in der Schweiz zu tun. Viele Strukturen, Institutionen, unser Rechtssystem und die Kultur sind vom Christentum geprägt und damit letzten Endes auch die Gesellschaft. Dieser Ursprung ist heute nicht mehr gleich präsent und diesen Veränderungen in der Gesellschaft muss auch eine Partei immer wieder Rechnung tragen. Dennoch bin ich überzeugt, dass wir mit einer starken Verankerung in unserem kulturellen Ursprung viel offener für Neues sein können. Denn Heimat ist auch mit Kultur verbunden und unsere Kultur in der Schweiz ist von christlichen Werten geprägt. Das bedeutet vor allem Eigenverantwortung und Solidarität. Gleichzeitig auch, dass ein Mensch ein Leben in Würde leben soll. Das Chancengerechtigkeit herrscht. Letzten Endes ist es wie bereits gesagt, eine Kombination von Freiheit und die Unterstützung des Staates und zwar dann, wenn ein Individuum oder eben auch ein Gliedstaat eine Aufgabe aus eigenen Kräften nicht meistern kann. Alles dies sind wichtige Aspekte, für die wir uns politisch auch einsetzen. Viele Junge verbinden das C jedoch immer direkt mit der Kirche. Darum finde ich es wichtig, dass man offen über das «C» im Namen diskutiert. Letzten Endes ist es aus meiner Sicht viel entscheidender, wie wir politisieren und nicht, wie wir heissen. An unseren Werten, die wir verfolgen, wird sich – unabhängig vom Entscheid – nichts ändern.

Hat eine christliche Partei überhaupt Platz in einem säkularen Staat, in dem also Kirche und Staat getrennt wird?

Im Christentum wurde schon früh zwischen Gott und Kaiser, dem Herrschenden unterschieden. In anderen Religion stellt die Religion noch heute an sich den Staat dar. Unabhängig von diesem Vergleich ist es für uns ganz klar, dass der Staat von der Kirche unabhängig sein muss. Wie ein Staat funktioniert, hat aber Einfluss auf das Leben einer Gesellschaft und das ist auch mit Werten verbunden. Werte, die wir als Grundlage dafür nehmen, wie wir zum Beispiel mit der Natur oder den Mitmenschen umgehen. Viele sehen hinter dem C jedoch klar die katholische Kirche und ich verstehe, dass viele Leute denken, dass das vermischt werden könnte. Aber das wird bei uns ganz klar getrennt. Beispielsweise beten wir auch nicht an Delegiertenversammlungen oder Sitzungen. Es geht bei uns viel mehr um die Werte, die wir in der Politik verfolgen wollen.

Weshalb ist die JCVP eine geeignete Partei für unsere Jugend?

Vor allem die jetzige Zeit hat gezeigt, wie wichtig der gesellschaftliche Zusammenhalt ist und dass dieser nicht durch reine Ideologien gefördert wird. In der JCVP ist es stark verankert, dass wir Themen differenziert anschauen und unterschiedliche Meinungen einfliessen lassen, um dann gemeinsam eine Lösung zu finden. Dabei kommen viele Perspektiven für ein Thema zusammen, die es alle zu beachten gilt. Das macht die Lösungsfindung manchmal schwieriger, dafür umso interessanter, denn auch die Gesellschaft ist von Vielfalt geprägt und letzten Endes muss jede Lösung von der Gesellschaft getragen werden. Das Interessante an der JCVP ist daher, dass Meinungen nicht aufgrund einer Ideologie vorherrschen, sondern aktiv an Lösungen mitgewirkt werden kann.

Was empfiehlst du Jugendlichen, die sich politisch engagieren möchten?

Ich empfehle, mutig zu sein, Sachen zu hinterfragen und aufzustehen, wenn man Fragen hat. Schlussendlich sind auch in der Politik alles Menschen, die ihren Alltag leben. Oft denkt man, dass man dieser Politikerin oder diesem Politiker nicht schreiben kann. Aber auch ich bin auch nur ein Mensch und nicht anders wie andere in meinem Alter. Desto mehr Ansichten man mitkriegt, desto besser kann man entscheiden, wo man politisch liegt. Ich denke, dass jede Jungpartei offen ist, jemandem einen Einblick zu gewähren. Dort merkt man schnell, ob es einem gefällt. Wie in allen Vereinen, machen die Mitglieder auch eine Jungpartei aus.


 tize.ch – Redakteurin Cynthia Gehrig interviewt regelmässig junge Personen aus der Politik. Alle bisherigen Interviews zum Nachlesen gibt’s hier.

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