Seit mehreren Wochen wüten tausende Brände im Amazonasgebiet in Südamerika. Mehr als 72.000 Brandherde und somit 83% mehr als letztes Jahr sind registriert. Aus umwelttechnischer Sicht ist dies eine Katastrophe, denn das Amazonasgebiet wird nicht umsonst als grüne Lunge der Welt bezeichnet. Es speichert nicht nur rund 20% des Süsswassers der Welt und produziert ebenso viel Sauerstoff, sondern ist auch Heimat von rund 10% der weltweiten Biodiversität und 34 Millionen Menschen.
Unter dem Hashtag #PrayforAmazonia empören sich nun seit einigen Tagen Tausende über diese Brände und fordern Politiker auf, etwas dagegen zu tun. Dabei wird der Vergleich mit dem Brand der Kirche Notre Dame in Paris gezogen. Während damals die Medien voll mit diesem Thema gewesen seien und Prominente sich mit Geldzusagen überboten hätten, interessiere sich niemand für das Amazonasgebiet, obwohl es für unsere Welt ungleich wichtiger sei.
Doch nur eine scheinheilig grüne Selbstdarstellung
Dass sich dieses Statement im Moment in praktisch jeder Instagram Story findet, ist einerseits grossartig, denn die aktuelle Situation in Brasilien und die Umweltpolitik von Präsident Bolsonaro sind tatsächlich erschreckend. Andererseits ist der #PrayforAmazonia einfach nur lächerlich. Plötzlich gibt es so unzählig viele überzeugte Umweltaktivisten, deren Herzensangelegenheit seit jeher die Umwelt und das Wohl des Planeten sind. Mit erhobenem Zeigefinger wollen sie der Welt zeigen, dass sie erkannt haben, wie schrecklich die Situation ist und dass gehandelt werden muss. Menschen, die in ihrem Alltag keine Sekunde an die Umwelt denken, die mit dem Flugzeug übers Wochenende verreisen oder kiloweise Lebensmittel fortwerfen, mutieren mit dem #PrayforAmazonia zu Moralaposteln. Dies ist furchtbar doppelbödig und weckt den Verdacht, dass es den Nachbetern von #PrayforAmazonia nicht um die Sache geht, sondern vielmehr um ihr trendig grünes Image und damit um ihre Selbstdarstellung.
Trotzdem ist es wichtig, dass möglichst viele Personen den #PrayforAmazonia in ihrer Instagram Story teilen. In diesem konkreten Fall ist das etwas vom Wenigen, was wir direkt tun können. In einem zweiten Schritt wäre es aber viel mehr wünschenswert, dass uns diese Umweltkatastrophe zum Umdenken bringt. Dass wir uns bewusst werden, dass wir unseren Lebensstil ändern müssen, um unseren Planeten zu schützen. Denn erst wenn wir selbst aktiv unseren Teil zu einem gesunden Planeten beitragen, ist der #PrayforAmazonia kein Armutszeugnis mehr.