Leidenschaftlicher Musiker und Musial Darsteller – der 22-Jährige Joel Goldenberger wagt bereits in frühen Jahren den Schritt auf die grosse Bühne. Wie sich Künstler*innen in der Schweizer Musikbranche Gehör verschaffen, welche Musicalrollen er am liebsten spielt und warum er wahrscheinlich nie einen schweizerdeutschen Song schreiben wird, erfährst du in diesem Artikel.
2020 hat Joel sein Debutalbum «Come Back Home» mit zehn selbst geschriebenen Songs veröffentlicht, welches direkt auf Platz 5 der CH-Albumcharts einstieg. Ausserdem kann er neben einigen Musicalproduktionen dank der Sendung «Sing It Your Way» sogar schon einen TV-Auftritt zu seinen Erfahrungen zählen.
Wie bist du zur Musik gekommen?
Zum Songs schreiben kam ich durch das Gefühl nicht immer nur Covers machen zu wollen. Gesungen habe ich schon immer gerne. Ich habe jede Möglichkeit ergriffen, um Musik zu machen. Irgendwann kam ich an den Punkt, an dem ich sagen musste: «So, jetzt muss ich mal etwas Eigenes machen. Etwas, das wirklich von mir ist.» Dabei musste ich erst einmal herausfinden, was mich eigentlich auszeichnet und was ich genau machen will. So ist dieses Album entstanden, dass jetzt die Grundlage bildet, für alles, das hoffentlich noch kommt.
2020 hast du dein erstes Album veröffentlich. Was war das für ein Gefühl, die Platte zum ersten Mal in den Händen zu halten und zu wissen, dass das wirklich deine Songs sind, die da drauf sind und die auch im Radio gespielt werden?
Das war ein sehr schönes Gefühl, das kann ich gar nicht richtig beschreiben. Das ist ein Werk, wofür du ein Jahr lang gearbeitet hast, dass du jetzt in den Händen halten kannst und den Leuten zeigen darfst. Ich war auch sehr zufrieden mit dem Endprodukt, für die Zeit, die wir dafür investiert haben und was dann dabei herausgekommen ist. Ja, es war wirklich ein sehr schönes Gefühl.
Gibt es ein Lied auf deinem Album, das dir besonders gut gefällt oder auf das du besonders stolz bist?
Das Lied, das mich immer wieder aufs Neue am meisten berührt, ist der Titelsong, also «Come Back Home». Ich persönlich mag auch lieber Balladen, als so «lüpfige» Songs. Und der Song, vor allem der Text, berührt mich wirklich immer wieder aufs Neue, weil er mich auch selbst immer wieder herausfordert.
Du hast alle Songs auf deinem Album selbst geschrieben. Wie schreibst du deine Songs? Setzt du dich hin und sagst, jetzt schreibe ich oder fliegen dir die Songs einfach zu?
Leider nicht. Ich glaube, das ist bei den wenigsten so, dass ihnen die Songs einfach zufliegen. Ich muss mich da wirklich bewusst ran setzen und sagen, so, jetzt kümmere ich mich um einen neuen Text oder um eine neue Melodie. Meistens kommt dann mit der Zeit auch die Inspiration, die kommt bei mir wirklich nur mit Arbeit. Ganz wichtig für mich ist auch nicht aufzugeben, wenn man merkt, oh, jetzt holpert es ein wenig. Sondern am gleichen Lied dran zu bleiben und es fertig zu machen. Sonst ist jedes Lied nur so halb angefangen und dann gefällt dir keins, wenn du auch keins fertig machst.
Was inspiriert dich genau zu deinen Songs?
Mein Ziel ist es grundsätzlich bei jedem Lied eine Aussage dahinter zu
haben, mit der ich den Leuten etwas weitergeben kann. Etwas, das mich in dem
Moment beschäftigt oder von dem ich finde, dass es die Leute beschäftigen
könnte. Das gelingt mir aber auch nicht jedes Mal, gerade, weil mir oft auch
einfach die Themen ausgehen. Wenn es mir aber gelingt, dann versuche ich
wirklich hinter dem Thema zu stehen und möglichst tief zu graben. Ich hoffe das
macht Sinn… (lacht)
Dein Album war auf Platz 5 der CH-Albumcharts. Wie hast
du reagiert, als du das erfahren hast?
Ich hätte es nie, wirklich nie erwartet. Laut den Verkäufen habe ich schon
gedacht, dass es für die Top 30 reichen könnte, aber mit Platz 5 hätte ich nie
gerechnet. Das war an einem Mittwoch, da bin ich am Morgen aufgewacht und habe
direkt auf mein Handy geschaut, weil ich wusste, dass an dem Tag die neuen
Platzierungen bekannt gegeben werden. Dann hab’ ich mein Album auf Platz 5
gesehen und konnte es kaum glauben. Aber nach einer Woche war es dann ja auch
schon wieder vorbei.
Dämpft die Tatsache, dass 2020 relativ wenig Alben von
Schweizer Künstlern erschienen sind und du somit weniger Konkurrenz hattest,
deine Freude ein bisschen oder spielt das für dich keine Rolle?
Bei mir hat das die Freude nicht gedämpft, denn auf die andere Seite war es
auch ein glücklicher Zufall, dass es gerade jetzt erschienen ist, als sonst
kaum jemand etwas geplant hatte. Das war wie ein zusätzlicher Schub, den es
gebraucht hat, um so gut zu funktionieren. Klar, vielleicht hätte es sonst
nicht funktioniert, aber das habe ich ein bisschen ausgeblendet.
Neben dem, dass du selbst Songs schreibst und singst,
hast du z.B. mit «Life on Stage» oder «Adonia» schon einiges an Musical
Erfahrung gesammelt. Was machst du lieber? Deine eigenen Songs singen oder
Musical spielen?
Gute Frage, das hat mich noch nie jemand gefragt… (überlegt) Mit
Musicals habe ich jetzt vorerst aufgehört, auch mit «Life on Stage», zumindest
mal bis nächstes Jahr. Aber ich glaube in solchen Rollen fühle ich mich wohler,
wenn ich zum Singen hinzu noch ein wenig schauspielern kann. Ich weiss nicht
genau woran das liegt, vielleicht, weil ich dann weniger ich selbst sein muss,
sondern jemand anderen spielen kann. Aber es müssen auch wirklich attraktive
Rollen sein. Dann mache ich das wahrscheinlich wirklich lieber, als selbst
Musik zu machen.
Könntest du dir in dem Fall auch vorstellen selbst einmal ein Musical zu schreiben?
Ja, darüber hab’ ich auch schon nachgedacht, aber ich sehe halt wie schwierig das ist. Ich habe einige Freunde, die ein Musical geschrieben haben und es jetzt am Aufführen sind… Es ist einfach wahnsinnig schwierig da den Durchbruch zu schaffen, so dass die Leute dein Musical auch wirklich anschauen. Aber wenn es irgendwann sein soll und ich eine gute Idee habe, kann ich mir schon vorstellen, dass ich es probiere.
Du hast gesagt, dass eine Musical Rolle, die du spielst, attraktiv sein muss. Wie sieht denn so eine Rolle genau aus?
Ich denke, es müsste auf jeden Fall eine Rolle sein, die im Verlauf der Geschichte, nicht unbedingt wichtig ist, aber… Aber die die Geschichte mit ihrem Denken und Fühlen irgendwie voranbringt. Ich persönlich spiele z.B. gerne den Antagonisten, also den Bösen. Ich finde das viel spannender, als den Helden, den Guten zu spielen. Ich spiele lieber den, der die Geschichte kaputt macht und solche Rollen spiele ich wirklich gern.
Mit 22 gehörst du noch zu den Jüngeren in der Schweizer
Musikszene. Du machst aber auch schon länger Musik. Wenn du jetzt deinem
15-jährigen Ich einen Tipp betreffend der Musik geben könntest, was wäre das?
Hab’ keine Angst vor grossen Träumen und pack es an. Denn wenn du es nicht
anpackst, kommst du auch zu nichts. Ich glaube man muss einfach auf sein
Bauchgefühl hören und Vollgas das machen, was man will, denn erst dann klappt
es. Wenn du nur so halbpatzig denkst, so jetzt könnte ich ja mal ein Lied
schreiben, vielleicht gefällt es denn Leuten ja… Dann wird das bestimmt nichts!
Man muss wirklich sage, so jetzt sammle ich Geld, wenn ich keins habe, schreibe
Songs und nehme sie auf. Und dann einfach machen.
Das scheint mir ein sehr guter Tipp zu sein, auch für alle, die jetzt dieses Interview lesen und vielleicht selbst Musik machen. Was möchtest du denen noch mit auf den Weg geben?
Wenn jemand in der Musik wirklich weiterkommen will und die Leiter hochsteigen, dann kann ich ihm/ihr nur raten, sich ein Netzwerk aufzubauen.
Ohne Netzwerk kannst du noch so gut Gitarre spielen- alles umsonst.
Joel Goldenberger
Schreib Leute an, komm mit ihnen in Kontakt, triff dich mit ihnen. Ich glaube heutzutage brauchst du einfach ein Netzwerk und wenn du das nicht hast, hast du schon verloren. Da kannst du noch so gut Gitarre spiele, noch so gut singen oder sonst irgendetwas. Wenn dich die Leute nicht kennen, wenn du kein Netzwerk mit anderen Musikern hast, kommst du nirgends hin. Das hat uns auch der Manager von Marc Sway und Bligg gesagt, bei der Sendung, bei der wir gerade mitmachen. Du musst einfach Leute kennen lernen und möglichst viel machen, um immer neue Leute zu treffen. Wenn du einfach für dich Musik machst, bringt das leider nichts.
Du hast es gerade selbst erwähnt, du hast mit deiner Band bei der Sendung «Sing It Your Way» mitgemacht. Wie ist es dazu gekommen?
Ich musste mich nicht dafür bewerben, ich glaube die Swisscom hat da einfach Leute ausgesucht. Ich wäre eigentlich auch gar nicht dabei gewesen, aber ich erhielt einen Anruf von der Swisscom, die sagten, dass jemand abgesprungen ist bei dieser neuen Sendung, die sie machen, ob ich Lust habe, mitzumachen. Ich sagte: «Ja klar, wann geht es los?» «Nächste Woche.» (lacht) Ich würde sagen, dass es hauptsächlich Glück war.
In welchem Punkt unterscheidet sich das Fernsehen am meisten vom Musical?
Ich denke, es ist die Anzahl Leute, die daran beteiligt sind. Beim Musical hast du zwar auch viele Leute, aber da hat jeder so seine Aufgabe. Du hast jemanden, der für die Kostüme verantwortlich ist, jemanden, der bei den Aufführungen dabei ist usw. Beim Fernsehen hat das einfach eine ganz andere Dimension. Da hast du fünf Kameraleute, drei Make-Up-Leute, fünf Techniker und alle sind immer voll dabei. Da musst du einfach abliefern. Beim Musical musst du zwar auch abliefern, aber vor allem in der Probephase kannst du es da auch mal gemütlich nehmen. Und beim Fernsehen musst du, wenn es mal läuft, einfach machen, weil irgendwie 15 Leute auf dich zählen. Viel Fernseherfahrung habe ich natürlich nicht, ich war nur ein paar Tage dabei, aber das ist so das, was mir aufgefallen ist.
In einem Interview, das Radio Argovia mit dir gemacht
hat, wird geschrieben, dass du nicht auf Schweizerdeutsch, sondern nur auf
Englisch schreibst und singst, weil dir Schweizerdeutsch zu persönlich ist. Was
steckt da dahinter?
Das wurde bei diesem Interview ein bisschen unglücklich verstanden. Ich
würde nicht mehr sagen, dass mir Schweizerdeutsch zu persönlich ist. Ich habe
mehr gemeint, dass es enorm schwierig ist auf Schweizerdeutsch etwas so
auszudrücken, dass es berührend ist oder gut rüberkommt. Ich finde auf Englisch
oder Hochdeutsch kann man Gefühle viel besser wörtlich ausdrücken, so dass es
auch Sinn macht und schön tönt. Aber auf Schweizerdeutsch wirkt es dann oft
sehr plump oder fast schon lächerlich. Darum finde ich tiefgründige Songs auf
Schweizerdeutsch ein sehr schwieriges Thema.
Trotzdem hast du jetzt schon ein paar Schweizerdeutsche
Songs gecovert, u.a. für «Sing It Your Way». Kommt vielleicht doch noch
irgendwann ein Schweizerdeutscher Song von dir? Vielleicht auf einem nächsten
Album?
Darüber hab’ ich auch schon nachgedacht, aber ich sträube mich noch etwas
dagegen. Mit Schweizerdeutsch stösst man schnell mal an die Grenzen der
Reichweite. Wenn, dann eher Hochdeutsch, darüber habe ich mir tatsächlich schon
ernsthaft Gedanken gemacht. Vor allem auch weil es mir auf Englisch oft Mühe
macht, mich genauso auszudrücken, wie ich das gerne würde. Ich bin ja kein
Muttersprachler. Hochdeutsch wäre da sicher die bessere Option, aber ich denke,
dass ich wahrscheinlich bei Englisch bleiben werde.
Wie sehen deine Pläne für ein ideales 2021 aus? Nehmen wir an, Corona ist in zwei Monaten vorbei, was macht Joel Goldenberger?
Ich würde möglichst schnell wieder neue Musik veröffentlichen wollen, mit der man dann auch Konzerte spielen kann. Von daher ist mein Album vielleicht zu einem etwas dummen Zeitpunkt erschienen, denn bis es dann wieder läuft im Musik-Business, ist das schon wieder etwas alt und vergessen. Von daher wäre es schon ein Ziel möglichst schnell wieder etwas zu veröffentlichen, vielleicht eine EP mit vorerst mal fünf Songs oder so.
Und nun etwas realistischer, was macht Joel Goldenberger 2021, wenn alles so bleibt, wie es ist?
Ich habe mir jetzt zu Hause ein kleines Studio eingerichtet und mein Ziel ist es in dieser Zeit, in der nichts läuft, einerseits neue Songs zu schreiben, damit ich etwas habe, wenn es wieder los geht. Und ich möchte mich andererseits auch wieder etwas bei den Covern einfinden, denn ich denke, um dein Netzwerk zu vergrössern, muss man auch Kontakte zu grossen Musikern haben. Heutzutage funktioniert das mit Social Media relativ einfach, mit Instagram usw. Darum habe ich schon auch die Hoffnung, dass da etwas entstehen könnte.
Vielen Dank für das Interview!
Joels Album «Come Back Home» findest du überall wo es Musik gibt, u.a. auf Spotify und Apple Music. Joels Arbeit kannst du aber auch ganz einfach auf seinem Instagram Kanal oder seiner Website verfolgen.