Der Sender feierte Ende August 2016 seinen 10. Geburtstag. Der Artikel wirft einen Blick zurück und stellt fest, wo noch Handlungsbedarf besteht.
Der damalige Bundesrat Moritz Leuenberger ging davon aus, dass privates Fernsehen in der Schweiz nach der Pleite von Tele 24 und TV3 nicht mehr realisierbar sein würde. Dominik Kaiser trat an, um das Gegenteil zu beweisen. Kaiser hatte die gescheiterten Projekte analysiert und ging fest davon aus, dass er seine Ziele erreichen würde. Anders als bei seinen Vorgängern wurde es Kaiser gestattet, ein reines Unterhaltungsprogramm zu lancieren. Er musste – anders als TV3 – nur kurze Newssendungen
von jeweils einer Minute produzieren. Ausserdem bestreitet er mit den Programminhalten nur das Vor- und Hauptabendprogramm, Vor- und Nachmittags wurden zu Beginn Telefonspiele ausgestrahlt, aktuell sind auf diesem Sendeplatz Telefonberatungen zu sehen. Diese Sendeplätze sind als Dauerwerbesendung vergeben und ermöglichen den Machern Investitionen für die Primetime zu tätigen.
Herzensprojekte haben einen schwierigen Stand
Bei den Zuschauern ist 3+ sehr beliebt, bei uns TV-Journalisten ruft der Sender jeweils gemischte Gefühle hervor. Sendungen wie „Der Bachelor“, „Bauer ledig sucht“ oder „Jung, wild & sexy“ sind keine Kritikerlieblinge. Allerdings ist auch nicht bekannt, ob Kaiser wirklich Spass hat, solche Projekte zu realisieren. Herzensprojekte von Kaiser hatten beim Publikum in den vergangenen zehn Jahren einen schwierigen Stand. So wollte er eine Neuauflage von „Wer wird Millionär“ realisieren, diese musste aber nach einer Testphase von nur drei Sendungen, aufgrund des geringen Zuschauerinteresses eingestellten werden. Leute, die quiz-affin sind, haben dem Sender ein solches Format nicht zugetraut. Sendungen wie „Promi Big Brother“ oder die Schweizer Variante des „Dschungelcamps (Ich bin ein Star, holt mich hier raus!)“ mussten schon nach ersten Überlegungen aufgrund des zu hohen finanziellen Risikos verworfen werden. Die wohl bei Kritikern und Publikum gleichermassen beliebte Sendung ist der „Restauranttester“ mit Daniel Bumann, obwohl auch seine Beratungen langfristig gesehen nicht immer von Erfolg gekrönt sind. Diese Sendung wird, im Gegensatz zu allen anderen Eigenproduktionen von 3+, auf Mundart vertont.
Gebührendiskussion grösstenteils ohne 3+
Der grösste Privatsender der Schweiz, welcher 3+ mittlerweile ist, beschäftigt 30 Mitarbeiter und unterhält die zwei ebenfalls erfolgreichen Schwestersender 4+ und 5+. In der aktuellen
Gebührendiskussion rund um die SRG und das Schweizer Fernsehen hält sich Kaiser vornehm zurück. Er wird zwar von politischen Vertretern immer mal wieder in Diskussionen eingebracht, so zum Beispiel von Natalie Rickli, er selber aber nimmt an Diskussionen zu diesem Thema nicht teil. So ist es schwierig zu erkennen, was die Haltung von Kaiser in dieser Frage wirklich ist. Wenn zum Beispiel Natalie Rickli betont, dass ein Sender wie 3+ „Die grössten Schweizer Talente“ oder „The Voice of Switzerland“ ebenfalls umsetzen könnte, wäre es interessant, die Haltung von Dominik Kaiser zu erfahren. Gerüchten zu Folge wollte Kaiser „The Voice of Switzerland“ auch realisieren, allerdings in
Zusammenarbeit mit SRF.
3+ hat auch schon Sportrechte erhalten, sie waren 2010 neben SRF Junior-Partner der Europa League. Im Frühjahr gingen diese Rechte allerdings wieder komplett zurück an SRF, da 3+ diese nicht refinanzieren konnte. Dieses Beispiel der zurückgegebenen Rechte wird von SRF-Verantwortlichen gerne angeführt, wenn Konkurrent Peter Wanner mehr Sportrechte für die
Privatsender fordert.
Die Zukunft von 3+
Überzeugt hat 3+ immer wieder mit seinen internationalen Serien. Diese Rechte zu erhalten dürfte künftig immer schwieriger werden, da sich 3+ neben herkömmlichen TV-Sendern auch im Wettbewerb mit Web-Anbietern wie Netflix befindet. Zudem muss Kaiser immer auf die von deutschen Sendern in Auftrag gegebenen Synchronfassungen warten und hoffen, dass die Ausstrahlungsrechte für die Schweiz nicht als Paket mit den deutschen Rechten verkauft werden. Bei den Eigenproduktionen ist zu hoffen, dass sich 3+ in Zukunft erfinderischer zeigt. Wieso nicht auch Comedy-Formate in Angriff nehmen? SRF hat Ende August 2016 bekannt gegeben, dass ab Sommer 2017 der Comedy-Sendeplatz am Sonntagabend für die Talkshow „Aeschbacher“ freigegeben wird. Dies bedeutet, dass im Bereich Comedy eine Lücke aufgeht, die die privaten Sender zu füllen versuchen sollten. Ausserdem wünschte ich mir, dass die schon bestehenden Eigenproduktionen vermehrt auf Schweizerdeutsch vertont werden, würde dies einem Schweizer TV-Sender doch gut zu Gesicht stehen.
Von Michael Küng