Die Medien sind voll davon: Donald Trump ist der dritte Präsident in der Geschichte der vereinigten Staaten, gegen den ein Amtsenthebungsverfahren eingeleitet wird. Grund dafür: Ein umstrittenes Telefonat zwischen ihm und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenski. Tize.ch versucht, die Hintergründe des Diskurses über ein mögliches «Impeachments» zu beleuchten und aufzuzeigen, welche Auswirkungen dieses auf die politische Gesellschaft des mächtigsten Landes der Welt hat.

Ein Telefonat unter den Staatspräsidenten Trump und Selenski sorgte nach seiner Veröffentlichung für Aufregung in der Presse und in der Bevölkerung der USA. Donald Trump habe während des Dialogs Ermittlungen gegen seinen potenziellen Rivalen der demokratischen Partei Joe Biden angeheizt, wie der Tagesspiegel berichtet. Der Anwärter für die Präsidentschaftskandidatur und ehemalige US-Senator steht in Verdacht, Ermittlungen in der Ukraine gegen seinen Sohn Hunter Biden verhindert zu haben, so Trump im Telefongespräch mit dem ukrainischen Präsidenten. Doch was bewegte den Präsidenten der USA dazu, Ermittlungen gegen Joe und Hunter Biden in einem Schwellenland wie der Ukraine einzuleiten?

 

Trump unter zunehmend steigendem Druck

Die erste Amtsperiode, in der Donald Trump als Präsident der vereinigten Staaten im Amt ist, geht in ihre Endphase. In dieser Zeit hat sich nicht nur die Welt rasant entwickelt, auch die amerikanische Politik erlebte viele Umwälzungen und noch nie dagewesene Ereignisse. Das Personal im Weissen Haus wird regelmässig ausgetauscht, in einem Tempo, wie es in der US-Regierung zuvor nie gesehen wurde, Trump trifft sich als erster Präsident der USA mit dem Machthaber Nordkoreas, will eine Mauer an der Grenze zu Mexiko erbauen lassen, etc. Klar ist, dass Trump nicht davor zurückschreckt, den Mund aufzumachen. Und genau diese Eigenschaft bringt ihm vermehrt Probleme ein. Gerade eines seiner grössten Wahlversprechen, eine Mauer zu Mexiko zu errichten, um die Einwanderung aus dem Süden einzudämmen, konnte er bislang nicht einhalten. Stattdessen berichtet die Frankfurter Rundschau, dass noch kein Meter der versprochenen Mauer steht, abgesehen vom Prototypen, der nun stückchenweise wieder abgerissen wird. Die Folge: Langsam überlegen sich selbst die treusten Anhänger der republikanischen Partei, ob Trump vor drei Jahren wirklich die beste Wahl war.

Im Bezug auf die Neuwahlen im nächsten Jahr, muss sich Trump also neue Wege erdenken, wie er mit den Konkurrenten der demokratischen Partei fertig wird. Nach Journalist und YouTuber Mirko Drotschmann käme Joe Biden, in der Obama Regierung Vizepräsident der USA, als möglicher Kandidat für die nächsten Wahlen in Frage. So versuchte Trump also ein Gegenmittel zu finden, mit dem er seinen möglichen Konkurrenten schaden kann.

 

Die Ukraine als Spielball zwischen Republikanern und Demokraten

Und dieses Gegenmittel scheint der US-Präsident gefunden zu haben. Bidens Sohn, Hunter Biden, hatte einen Platz in der Chefetage des ukrainischen Erdgasunternehmens «Burisma» inne. Als im Jahre 2016 der Konzern mit Korruptionsvorwürfen konfrontiert wurde, in denen auch die damalige ukrainische Regierung im Bezug auf die Maidanbewegung und den anhaltenden Bürgerkrieg mitdrinsteckte, leitete der damalige Generalstaatsanwalt der Ukraine Wiktor Schokin Ermittlungen ein. Bis zu diesem Punkt können alle Informationen belegt werden, wie beispielsweise in der PBS News Hour. Weniger belegbar wiederum sind Trumps Anschuldigungen. Seiner Version zufolge, wie Mirko Drotschmann offenlegt, habe Joe Biden die ukrainische Regierung unter Druck gesetzt und mit der Unterschlagung von finanziellen Mitteln gedroht, sollten die Ermittlungen gegen Sohn Hunter weitergeführt werden. Geschätzt ging es dabei um die Summe von einer Milliarde US-Dollar, auf die die Ukraine aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Lage und des Bürgerkriegs angewiesen war und bis heute ist. Die Ukraine reagierte schnell: Ermittlungen gegen Hunter Biden wurden gestoppt und Wiktor Schokin verlor seinen Posten.

Donald Trump spricht von einem Amtsmissbrauch auf Seiten Bidens und kontaktierte deshalb am 25. Juli in diesem Jahr den neuen Präsidenten der Ukraine, Wolodymyr Selenski. Im Gespräch soll Trump darauf gedrängt haben, dass die Ermittlungen wieder aufgenommen würden. Auch er drohte damit, kein weiteres Geld aus der USA in die Ukraine zu entsenden, sollten die ukrainischen Behörden nicht seinen Forderungen nachgehen, wobei es dieses Mal um ca. 400 Millionen US-Dollar Militärhilfe ging. Zwei Geheimdienstler der USA, die das Gespräch abgehört hatten, leiteten das Telefonat sofort ihrer Führungsetage weiter. Seither melden sich immer mehr Zeuginnen und Zeugen zu Wort und bestätigen, dass Donald Trump tatsächlich mit der Unterschlagung von finanziellen Hilfsmitteln gedroht hatte.

 

Eine Amtsenthebung unwahrscheinlich

Für die Mitglieder der demokratischen Partei ist der Fall klar: Trump habe sein Amt missbraucht und muss dessen Enthoben werden. Aus diesem Grund haben die Demokraten ein Amtsenthebungsverfahren, sogenannt «Impeachment» eingeleitet. Ein solches Impeachment ist aber sehr kompliziert und umfangreich. Auch wenn das Repräsentantenhaus bereits für eine Anklage gegen den Präsidenten abgestimmt hat, ist es eher unwahrscheinlich, dass das Impeachment durchkommt. Als nächstes werden die Anklagepunkte aufgelistet und an den Senat weitergeleitet, in dem die Republikaner 53% aller Sitze beinhaltet – für die Annahme der Anklagepunkte werden zwei Drittel der Stimmen im Senat benötigt.

 

Der Graben der US-Politik

Sollte das Impeachment gegen Donald Trump nicht durchkommen, setzt es dennoch ein Zeichen. Nicht nur, dass die Demokraten jegliche Chancen für eine Amtsenthebung nutzen, auch dass die USA seit ihrer Gründung noch nie dermassen in zwei Lager gespalten war, wie sie es seit dem Wahlkampf zwischen Clinton und Trump waren. Die demokratische und republikanische Partei sind die einzigen zwei grossen Parteien der Weltmacht, daneben existiert die «Libertarian Party» und die «Green Party», die aber zu klein sind, um bei den Präsidentschaftswahlen wirklich viele Stimmen einkassieren zu können. Wie sich die Politik in den vereinigten Staaten weiterentwickelt, wird sich mit den nächstjährigen Wahlen zeigen.

 

Mehr Informationen zum Bürgerkrieg in der Ukraine:

Tize-Beitrag: Streit um die Krim, wie die Ukraine zu zerreissen droht

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