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Der 22-jährige Gesellschafts- und Kommunikationswissenschaftenstudent Alexander Stingelin erzählt über seine Erfahrungen als aktiver Sänger und Vizepräsident bei den Solothurner Singknaben. Seit 2003 ist er im Konzertchor tätig. In diesem Interview spreche ich mit ihm über die Rolle der Singknaben in Solothurn, die Vielfältigkeit des Chors und weitere Themen.

«Seit März 2015 bin ich Vizepräsident bei den Singknaben», erzählt mir Alexander gut überlegend. Vorher war er bereits lange im Vorstand und für die Logistik zuständig. Als dann der damalige Vizepräsident beschloss, sein Amt abzugeben und die Diskussion aufkam, das Amt des Vizepräsidenten extern zu vergeben, wurde ihm klar, dass diese Aufgabe eigentlich jemandem aus dem Chor selber übertragen werden sollte. Nourdin Khamsi, ein guter Freund von Alexander, der ebenfalls schon bei den Singknaben dabei war, beschloss dann das Amt des Präsidenten zu übernehmen, wollte die Verantwortung aber nicht alleine tragen. «So kam alles zusammen und ich war Vizepräsident», sagt er kurz und knapp.

 

Eine grosse Menge von Aufgaben

«Es ist schwierig, für mich selber festzulegen, was meine liebste Aufgabe als Vizepräsident bei den Singknaben ist. Schlussendlich gibt es so viel zu tun, aber besonders designtechnisches, also beispielsweise das Erstellen der Programmhefter für das Weihnachtsoratorium oder auch spezielle Anfragen von Konzertorganisatoren zu beantworten, die gerade reinkommen, das finde ich sehr interessant. Reisen zu organisieren und die Kommunikation, wie schon erwähnt, bei Anfragen, gehören auch zu meinen Lieblingsaufgaben. Das Anstrengendste von allem aber, ist der Weg und das Pendeln. Seitdem ich im Studium bin, wohne ich in Luzern. So muss ich besonders in der strengen Adventszeit mit dem ÖV hin und her fahren und versuchen, irgendwie alles unter ein Dach zu bringen. Beispielsweise, wenn wieder eine Sitzung stattfindet. Auch wenn etwas nicht klappt, weil wir mal eine Arbeit unterschätzen, kann es manchmal auch anstrengend sein oder nerven, aber das ist ja normal und kommt halt in jedem Verein vor.»

 

Der starke, notwendige Zusammenhalt

«Das Schönste für mich im Verein ist neben dem Musikalischen, auch der starke Zusammenhalt, den wir untereinander haben, was ja auch bereits im vorherigen Artikel über uns Singknaben zu lesen war. Was die Männerstimmen, aber natürlich auch die Knabenstimmen, in letzter Zeit leisten, das ist wirklich der Wahnsinn. Meiner Meinung nach ist dieser starke Zusammenhalt auch absolut notwendig, da es besonders von den Älteren eine Menge Einsatz braucht, was die Organisation und die Planung betrifft. Das spricht sich selbstverständlich auch herum und dieser Kern des Zusammenhalts unter den Männerstimmen, wirkt sich auch bei den Knabenstimmen positiv aus und schwappt auch auf die Beziehung zwischen uns und den Eltern der einzelnen Mitglieder über. Alles in allem finde ich, wir haben momentan einen sehr guten Drive drin, besser könnte es fast nicht mehr sein.»

«Zusammen an Weihnachten ein Raclette essen, die Veranstaltung eines Chlausenhöcks, sowie unsere jährlichen Lager im Frühling und im Sommer, dieses ist dann eher für den Nachwuchs bestimmt, all das gehört bei uns Singknaben dazu. Auch Auswärtskonzerte, wie letzten Sonntag in Genf, die eher selten stattfinden aber uns trotzdem viel Spass machen, sowie Musikchorfestivals, wie das EJCF (Europäisches Jugendchorfestival) letztes Jahr in Basel, gehören dazu. Das Pflegen unserer internen Beziehungen ist uns auch fernab vom Singen wichtig, wie beispielsweise ab und zu miteinander mal etwas trinken zu gehen.»

 

Europaweite Zusammentreffen

Wie Alexander erklärt, besteht bei so einem EJCF oder anderen Anlässen, an denen die Singknaben bereits mit von der Partie waren, eine etwas andere Art von Zusammentreffen. «Grundsätzlich finde ich, gibt es grob gesagt kein Konkurrenzdenken bei solchen Festivals. Hin und wieder aber kommt es schon vor, dass von Mitgliedern aus anderen Chören merkwürdige Kommentare kommen. Das sind meist die, die sich an etwas hinaufziehen wollen und kommt nur ganz selten vor. Die meiste Zeit über haben wir es gut mit den anderen Chören und lernen neue Leute kennen, ältere, wie auch jüngere, was ja auch unser Schwerpunkt ist.»

Als anderes Beispiel zählt Alexander auch das Zusammentreffen eines schwedischen Chors aus Uppsala im letzten Sommer auf, was in seinen Augen auch eines der Highlights in diesem Jahr war, neben dem Mozartrequiem oder dem SKJF (Schweizer Kinder- und Jugendchor Festival). Im Gegenzug zum Besuch der Singknaben in Uppsala im Jahre 2013, besuchte der schwedische Chor die Knaben und Männer in ihrer Heimatstadt. «Das war einfach nur super. Wir haben sehr viele Leute über dieses Wochenende kennengelernt, sangen zusammen und zeigten ihnen die Stadt», erzählt Alexander, während er sich mit einem Lächeln zurückerinnert.

 

Die «spezielle» Stellung der Singknaben

Auf die Frage hin, wie die Beziehung der Singknaben zu den einzelnen Institutionen aussieht, antwortet mir Alexander: «Die Singknaben sind in Solothurn sehr verwurzelt. Aus diesem Grund haben wir Singknaben auch eine sehr spezielle und schon fast einzigartige Stellung zwischen der Kirche, der Stadt und ihrer Politik. Man kennt uns in allen gesellschaftlichen Bereichen, das ist auf der einen Seite eine extrem grosse Chance, kann aber auf der anderen Seite seine Tücken haben, dass wir uns nicht bei irgendetwas verrennen. Ich finde es deshalb sehr wichtig, dass man in diesem Punkt aktiv bleibt, sich immer wieder ein wenig neu definiert und mit der Zeit geht. Zu diesen Punkten will ich gerne etwas beitragen.»

 

«Wir haben einen sehr guten Draht zur Kirche»

Weiter frage ich ihn, wie es um den Ruf der Singknaben steht. Darauf antwortet Alexander: «Seitdem ich im Präsidium bin, haben wir einen wahnsinnig tollen Draht zur Kirche, zur Kirchgemeinde und zum neuen Pfarrer Thomas Ruckstuhl. In den letzten Jahren haben wirklich gewaltige Annährungen zwischen uns und der römisch-katholischen Kirche stattgefunden und die Leute sind auf uns zugekommen, um uns besser kennenzulernen. Wir spüren auch, dass die Leute aus der Kirchgemeinde Freude an uns haben, da es nicht selbstverständlich ist, einen solch guten Chor zu haben. Von der politischen Seite her, haben wir diesen Herbst den Preis für Musik des Regierungsrates gewonnen, was hierzulande ja die höchste Anerkennung ist, die man vom Kanton bekommen kann. Dies ist für mich auch ein Indiz dafür, dass wir einen guten Ruf haben.»

Vielen Dank Alexander, für das interessante Interview.

Das Weihnachtsoratorium der Singknaben der St. Ursenkathedrale ist Tradition in der Stadt Solothurn. Das Konzert füllte in den letzten Jahren die gesamte Jesuitenkirche in der Solothurner Altstadt und war für die Singknaben ein grosser Erfolg. Wie ist die Stimmung innerhalb des Vereins, wenn es um das immer näher rückende Konzert geht? Ein Interview mit fünf aktiven, leidenschaftlichen Sängern.

«Jauchzet, frohlocket!» lautet der Eröffnungschor im diesjährigen Repertoire des Weihnachtsoratoriums der Singknaben der St. Ursenkathedrale. Besonders das für Solothurn traditionelle Oratorium von Bach und andere Motetten von klassischen Komponisten erwarten die Besucher dieses Wochenende in der Jesuitenkirche in der Solothurner Altstadt. Dieses Jahr dürfen die Singknaben das Weihnachtsoratorium sogar gleich dreimal bestreiten.

«Es macht mich jedes Mal wieder stolz, mit dabei sein zu dürfen», erzählt der 17-jährige Valentin Sollberger strahlend. Die Vorfreude ist bei ihm sehr gut zu spüren. Seit zehn Jahren ist Valentin im Chor mit dabei. Er selbst ist bei den Männerstimmen des Chors tätig. Der Unterschied zu den Knabenstimmen stellt die Tonhöhe dar, wie er mir erklärt. Die noch etwas jüngeren Singknaben singen zum Teil in der Sopranstimme, welche die höchste unter den Stimmen ist, im Vergleich zur Tenor- und Bassstimme. Trotz dieses Unterschieds ist der Zusammenhalt im Verein besonders in der stressigen Phase des Advents etwas vom wichtigsten, was die Singknaben auszeichnet.

 

Ein Zusammenhalt, der sich über Generationen hinzieht

«Der Zusammenhalt bei uns Singknaben ist eigentlich über das ganze Jahr über enorm gross. Schon als ich frisch dazu kam und bei den Knabenstimmen war, hielten wir stark zusammen und jetzt natürlich noch mehr, da wir sozusagen miteinander im Verein aufgewachsen sind», erklärt mir Valentin. Auch die 19-jährigen Sänger der Männerstimmen Elia Catena, Daniel Kern und ein weiterer Singknabe, bestätigen dieses Gefühl des Zusammenhalts. «Es muss sehr viel getan werden, gerade wenn es um die Organisation geht. Die logistische Organisationsplanung übernimmt Joel Arni, ein weiterer Singknabe der Männerstimmen. Alle Mitglieder des Männerchors erhalten einen Einsatzplan mit Informationen darüber, wer was und wann zu erledigen hat. So muss man also auch auf jeden zählen können und darauf vertrauen, dass jeder mitanpackt, was in den letzten Jahren auch sehr gut funktioniert hat. Somit ist der Zusammenhalt untereinander, sowie das gegenseitige Vertrauen enorm wichtig», erklärt mir Elia.

«Hinzu kommt, dass wir Männerstimmen eine Art Vorbildsposition gegenüber den Jüngeren haben. Wir organisieren und leiten die Lager und Reisen, die wir jedes Jahr machen. Dies stärkt den Zusammenhalt zwischen uns Männerstimmen, aber auch den Zusammenhalt zwischen uns Männerstimmen und den jüngeren Mitgliedern», erzählt Valentin weiter.

 

Vorfreude auf die bevorstehenden Konzerte

«Generell ist die Stimmung von allen Mitgliedern, durch das Band, hoch, was dann mit Hinblick auf die bevorstehenden Konzerte auch noch einmal verstärkt wird. Der Wille, seine Familie, wie seine Freunde stolz zu machen, gibt einem zudem ein wenig den Drang, am Weihnachtsoratorium schön zu singen. Es ist aber noch immer kein Müssen, sondern ein Wollen», so Daniel. Für Valentins Bruder Benjamin Sollberger, ist die Freude bei den Männerstimmen erst am Tag des Konzertes selber richtig spürbar. «Besonders wenn wir «Grossen» die Knaben ein wenig «anstacheln» und sie fragen, ob sie bereit und nervös sind, kommt in mir automatisch die Vorfreude auf», so Benjamin. Auch er ist bereits zehn Jahre dabei. «Besonders das Singen in der Weihnachtszeit, mit diesem grossen Konzert, ist für mich Jahr für Jahr ein super Erlebnis. Es ist ein sehr schönes Gefühl, wenn man in der wunderschönen Kirche singen darf bei einem solch grossen Publikum. Es ist auch ein Gefühl, das man beim ersten Mal hat und dann Jahr für Jahr, immer wieder», erklärt mir ein weiterer Singknabe.

«Wie in einem Rausch» oder «Einfach unbeschreiblich», betiteln schlussendlich die interviewten Singknaben das Gefühl während des Singens.

 

Singen mit Leidenschaft

Auf die Frage, ob man denn in dieser strengen Zeit nicht mal die Lust verliert, schildert mir ein Singknabe schlicht: «Von uns hat bestimmt jeder schon einmal das Gefühl gehabt, aufhören zu wollen, weil es eine grosse Menge an Zeit beansprucht. Als ich mit dem Basketballspielen begann und gleichzeitig den Probeplan für das Singen einhalten musste, ging es mir beispielsweise so. Für mich wurde dann aber klar, dass ich meine Priorität komplett auf die Singknaben fixieren möchte, denn sobald ich wieder in einer Probe war, habe ich gar nicht mehr darüber nachgedacht, mit diesem Hobby aufzuhören. Nicht nur die Musik spielt bei diesem Hobby für mich eine Rolle, sondern auch die zwischenmenschlichen Beziehungen, die wir unserem Verein nach und nach aufbauen.» Auch Daniel bestätigt, dass diese Momente in der Gemeinschaft zusammen innerhalb des Chors, bei den Singknaben eine zentrale Rolle spielt. «Es entstehen unvergessliche Momente, die einem menschlich so viel bringen», sagt er.

Benjamin ist sehr stolz drauf, Singknabe zu sein. Als schönsten Moment definiert er den Moment, wenn er kurz vor dem Konzert die Kirche betritt, das Orchester bereits die Instrumente einstimmt und die Bänke voll sind mit Menschen, die mit gespannten Gesichtern auf das Konzert warten.

 

Wo ist denn nun der Chor zu hören?

Das erste Konzert vom Weihnachtsoratorium in diesem Jahr, findet diesen Freitag, dem 15. Dezember in der Jesuitenkirche von 19:00 bis 21:00 statt. Auch am darauffolgenden Samstag um dieselbe Uhrzeit, am selben Ort, beglücken die Singknaben die Besucher mit ihren weihnachtlichen Liedern und Klängen. Das jährliche Weihnachtssingen des Chors findet am Samstag, dem 23. Dezember in der St. Marien Kirche statt, von 19:00 bis 21:00 Uhr.