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In der Schweiz wirbelt Frau Holle ihren Schnee mit unermüdlicher Hand über das Land, deckt Dächer und Strassen in makelloses Weiss. Die SBB-Schlitten fallen aus, dafür kann man den richtigen Schlitten aus dem verstaubten Ecken holen und den Schnee wie in den guten alten Zeiten geniessen. Ein Szenario, das kaum weiter entfernt sein könnte von der Wärme und Sonne, die ich in den letzten zwei Monaten entdeckt habe.

Wer meine Reiseberichte verfolgt hat, weiss, dass ich auf Interrail-Tour durch Italien war. Ligurien, Cinque Terre, Florenz, Neapel – und dann: Tropea, die Perle Kalabriens, ein Ort, der Herkules selbst einst Erholung versprach. Der Legende nach nannte man ihn „Herkuleshafen“, und wenn ich ehrlich bin, ich verstehe warum. Tropea ist nicht nur schön – es ist Magie, in Stein und Meer gegossen. Es fühlt sich nicht nur wie eine Legende an. Viel mehr wie eine Wahrheit, in goldene Farben getaucht und von den Wellen des tyrrhenischen Meeres umrahmt. Kleiner Spoiler: Ich verstehe absolut, wieso Herkules genau diesen Ort ausgesucht hat, denn: es ist der schönste Ort, an dem ich je Ferien gemacht habe.

Bereits die Anreise nach Tropea weckte hohe Erwartungen. Der Zug von Napoli nach Tropea glitt wie ein Pinselstrich entlang der türkisfarbenen Küste. Die Aussicht aus dem Zugfenster hätte kaum besser sein können (ausser, die Fenster wären noch etwas sauberer gewesen). Der Bahnhof – ein kleines, pastellgelbes Häuschen mit einer analogen Glocke, die schrill und ungeduldig läutete, sobald sich ein Zug näherte, schien aus einer anderen Zeit zu stammen, was wahrscheinlich sogar eine Tatsache ist. Denn hier in Tropea ist, im Gegensatz zu den Cinque Terre zum Beispiel, nichts EU-gesponsert. Als ich den schweren Koffer über die Gleise hob und die ersten Schritte in die Stadt wagte, fühlte ich mich wie in eine andere Welt versetzt. Ich lief eine schräg nach unten führende Strasse entlang zu meinem Bed and Breakfast, checkte ein und machte mich bereit für eine Stadterkundungstour.

Die Stadt: Eine Königin auf ihrem Thron

Tropea thront wie eine Königin auf ihrem Felsen, etwa vierzig Meter über dem Meer. Die Gässchen winden sich wie Serpentinen durch die Altstadt, führen unweigerlich zum Belvedere der Piazza del Cannone. Dort öffnete sich der Blick auf das Meer – vor mir lag das tyrrhenische Meer, das Blau und Grün leuchtete, und in der Ferne erkannte ich die Umrisse des Vulkans Stromboli und der Liparischen Inseln. Zudem sieht man ebenfalls auf die berühmte Kirche «Santa Maria dell’Isola», die wohl eher einem Schloss gleicht. Kein Wunder also, dass dieses Bauwerk auch «Castello Vecchio» also «altes Schloss» genannt wird. Es stand ausser Frage: Den Sonnenuntergang wollte ich von diesem Schloss aus her bestaunen.

Die Kirche erhebt sich majestätisch auf einem Felsen, als wäre sie einem Märchen entsprungen. Der Himmel war in Rosa und Orange gefärbt, die Sonne strahlte wie ein Goldstück und tauchte alles in ein magisches Licht. Vor einem Gittertor musste ich, wie viele andere Romantiker, Halt machen, denn das Schloss öffnete für die Öffentlichkeit erst später. Es fand nämlich eine Hochzeit statt. Andere hätten sich vielleicht darüber geärgert, aber für mich war ein Bonus: Ich fühlte mich wahrhaftig wie in einem Disney-Film, als das Hochzeitspaar nach einiger Zeit, begleitet von Musik und Applaus, heruntergeschritten kam. Obwohl die Situation etwas schräg tönt, war es in diesem Moment einfach nur magisch. Die Sonne strahlte im goldenen Licht, der Himmel war rosa-orange gefärbt, der Mond zeigte sich auch schon und das Meer glitzerte wie tausend Sterne. Nachdem auch Nonna und Nonno wieder sicher unten waren, wurde das Gittertor für die Touristen geöffnet und ich konnte endlich nach oben gehen. Ich betrachtete die Sonne, den Himmel und das Meer, bis es dunkel war. Danach ging ich in die Kirche, die noch von der Hochzeit mit Unmengen an Blumen geschmückt war. Ich dankte den höheren Mächte, still für dieses wunderbare Leben, das ich leben darf. Vor Dankbarkeit kamen mir einige Tränen.

Irgendwann wurde dieser magische Moment abrupt davon unterbrochen, dass mein Magen zu knurren begann. Ich hatte seit dem Morgen nichts mehr gegessen. Eine kleine Trattoria lockte mich mit einem verführerischen Versprechen: Ravioli al pistacchio. Die cremige, nussige Füllung schmolz auf der Zunge und wäre wohl für alle Liebhaber der trendigen Dubai-Schokolade ein Traum. Obwohl ich schon recht satt war, überredete mich der Kellner dazu, ein «Tartufo al Cioccolato» zu probieren. Es sind keine Trüffelpilze, wie man denken könnte, sondern so etwas wie ein Eisküchlein. Absolut köstlich. Der krönende Abschluss war ein Limoncello, vom Haus offeriert.

Türkisblaues Meer mit argentinischer Bekanntschaft

Am nächsten Tag ging es weiter mit essen. Das Frühstück wurde im idyllischen Innenhof serviert. Es gab alles, was das Herz begehrt: von «Cornetto al Crema Bianca» bis hausgemachte Kuchen und Muffins. Für ein solches Frühstück hätte ich in der Schweiz wohl den gleichen Betrag bezahlt, wie eine Nacht hier im Bed & Breakfast.

Ich beschloss, eine Verdauungswanderung zu machen und wollte den kleinen Hügel hinter Tropea besteigen. Leider musste ich schnell feststellen, dass es unmöglich war, zu wandern. Es gab nur die Autostrassen, auf denen man sich aufs Überleben fokussieren musste und somit die Natur leider nicht geniessen konnte. Aber wie auch wandern in Italien, wenn es im Italienischen nicht mal ein Wort dafür gibt? Ich schlenderte also einfach entlang der Via Lungomare und buchte spontan eine Bootstour für den Nachmittag. Nach einem Panino Caprese in der Altstadt, holte ich meine Badesachen und ging hinunter zum Herkuleshafen. Dort fand ich eine kleine Gruppe, die ebenfalls bereit war für die Tour zum Capo Vaticano. Bald darauf tuckerte das kleine Boot mit dem Sommerhit «30°» von der Sängerin ANNA aus der Bucht. Das Wasser hatte eine Farbe, die ich noch nie gesehen hatte. Die beiden Kapitäne Domenico und Federico setzten den Anker und alle, die wollten, konnten ins Wasser springen.

Ich kam aus dem Wasser und sah eine junge Frau, die sich zu meinen Sachen gesetzt hatte. Auch sie war eine Solotravellerin und scherzte, dass sie mit all diesen Pärchen an Bord in mir eine Artgenossin gesehen hatte. Wir begannen zu plaudern, und es stellte sich heraus, dass sie aus Argentinien war und Filmproduzentin ist. Ich schmunzelte über den Zufall, dass hier alles irgendwie mit Filmen zu tun hat. Den Rest der Bootsfahrt verbrachten wir damit, uns über unsere bisherigen Erfahrungen auszutauschen und wir verabredeten uns für später, um gemeinsam Abend zu essen.

Tartufo, Tropea = Traum

Einige Stunden später fanden wir uns in einem winzigen Restaurant mit nur sechs Tischen, ich mit «Paccheri al ragù» und sie mit «Braciola di maiale» auf dem Teller. Es lief ein Fussballmatch im Fernsehen, Lecce versus AC Milan. Zwei Typen in unserem Alter fieberten eifrig mit und fragten uns, für welche Mannschaft wir seien. Um sie zu provozieren, sagten wir für Lecce und so kamen wir ins Gespräch. Die beiden sind aus Milano und gönnen sich ebenfalls noch einige Tage Sonne hier im Süden, bevor es wieder zurück an die Universität und zur Arbeit geht. Als wir alle merkten, dass der Besitzer langsam etwas zu auffällig viel gähnte, bezahlten wir und gingen zur Hauptgasse «Corso Vittorio Emanuele». Dort überzeugte ich meine argentinische Bekanntschaft, ebenfalls das Eisküchlein, das «Tartufo», zu probieren. Ich schlenderte den Rest des Abends mit meinen drei neuen Freunden durch Tropea und dachte, wie schön es ist, einfach mit wildfremden Menschen eine so tolle Zeit geniessen zu können.

Den verbleibenden Tag verbrachte ich lesend am feinkörnigen Strand und genoss die Sonne auf meiner Haut. Ich war schon fast etwas trübselig, als ich dann am darauffolgenden Tag, zum kleinen Bahnhof Tropeas stiefelte und in den Zug stieg. Ich hatte diesen kleinen Ort durch Instagram-Reels gefunden und kann zusammenfassend sagen, dass diese nicht zu viel versprechen. Ende September war es nicht zu heiss, aber trotzdem sommerlich warm. Es war nicht überlaufen, wie so manch anderer Ort in Italien. Und trotzdem nicht ausgestorben. Die Menschen, die Altstadt, die Strände, das Meer, das Essen, die Sehenswürdigkeiten, aber vor allem einfach die ruhige, magische Stimmung – Tropea hat mein Herz. Wer für nächsten Frühling eine Reisedestination sucht, macht mit Tropea auf jeden Fall nichts falsch.

Part 1 meiner Interrail-Reise durch Italien

Im Juli schlug ich zu. Und es floss. Zwar kein Blut aber Geld. Zum Glück nicht so viel wie es sonst gekostet hätte. Im Juli hatte Interrail eine Kampagne mit -20% auf alle Tickets. Ob sie erfolgreich war, weiss ich nicht, doch mich konnten sie jedenfalls um den Finger locken. Eine meiner besten Freundinnen und ich hatten sowieso schon eine Unterkunft in Napoli gebucht, wo wir uns treffen würden. Ich dachte also, wieso fliegen, wenn sich die klimafreundlichere Möglichkeit des Zuges anbietet? Nach Neapel sind es von Zürich aus etwas mehr als neun Stunden Fahrt, daher beschloss ich, einen Stopp einzulegen. Meine Wahl fiel auf Firenze, eine Stadt, die ich schon mehrmals besucht habe, deren Charme immer noch gleich verlockend bleibt. 

Ich packte meinen neuen Koffer und am 1. September zog ich ihn sprintend hinter mir her in den Zug, der mich nach Milano bringen würde. Von dort aus fuhr ich nach Bologna, wechselte Zug und dann war ich auch schon da, in der Wiege der Renaissance, wie die Heimatstadt von Leonardo Da Vinci auch genannt wird. Die Zugfahrt erwies sich zu meinem Erstaunen als sehr angenehm: keine Verspätungen, Klimaanlage und saubere Toiletten. Daumen hoch für die SBB und die Frecciarossa.

Ein Abend, viele Herzensmomente 

YellowSquare, hiess das Hostel, das ich mir ausgesucht hatte. Wieso es so heisst, weiss ich bis heute nicht, doch es hatte top Bewertungen und war nur 15 Minuten von der Bahnstation entfernt. Leider waren diese 15 Minuten genug, um meinem schönen, neuen Koffer einer der vier Rollbeinchen zu rauben. (Es lag nicht an den Strassen von Firenze, sondern an der äusserst fragwürdigen Qualität des Koffers.) Verschwitzt und durstig checkte ich in mein Zimmer ein, welches ich mit drei anderen Frauen teilen würde. Eine meiner Mitbewohnerinnen befand sich im Zimmer und begrüsste mich ganz herzlich. Sie war eine Musical-Performerin aus Melbourne, die ihre dreiwöchige Spielpause in Italien verbrachte, um Sonne und Energie zu tanken. Wir verstanden uns auf Anhieb prächtig und verabredeten uns für den Abend. 

Nach dem ganzen Tag in Zug, beschloss ich trotz der Hitze einen einstündigen Spaziergang zur Piazza in Angriff zu nehmen. Ich lief durch das Zentrum zum Duomo, dann über die denkmalgeschützte Brücke Ponte Vecchio auf den Hügel zur Piazza Michelangelo, um den Sonnenuntergang zu sehen. Ich hatte zwar nicht erwartet, dass ich die Einzige bin: Aber wenn ich sage, dass jeder Quadratmeter auf der Treppe der Piazza besetzt war, dann meine ich dies wortwörtlich. Im Abendlicht glitzerte eine Kirche etwas oberhalb der Piazza und nach einigen weiteren Treppen fand ich die Chiesa San Miniato al Monte. Auch dort gibt es eine Piazza mit wunderschönem Ausblick auf die Stadt, jedoch ohne die Touristenhorden, die sich weiter unten bei der Piazza Michelangelo angesiedelt haben. Meine neugewonnene, australische Freundin gesellte sich wenig später zu mir dazu und wir bestaunten zusammen, wie eine grosse Orange namens Sonne hinter den Hügeln verschwand. Es war traumhaft. 

Wir liefen den Hügel hinunter und fanden uns wenig später in einer kleinen Osteria mit einem isländischen Pärchen in ein Gespräch verwickelt. Sie hatten uns ihre noch fast volle Weinflasche angeboten und begannen, von ihrem Roadtrip zu erzählen. Mit drei wildfremden Personen lachte ich an diesem Abend über die Welt und das Leben. Zum Beispiel über wie unglaublich es ist, dass man in Italien Autos im neutralen Gang lässt, damit andere parkierende Gefährte diese herumstossen können, um sich so in den Parkplatz zu zwängen. Der isländische Mann erzählte uns mit lauter und vielleicht etwas lallender Stimme, letzte Woche hätten sie ihr parkiertes Auto nicht auf Anhieb finden können, weil es 15 Meter weiter nach vorne gestossen worden war. Fazit des Abends: In Italien erfüllen Stossstangen ihren Zweck.  

Neapel – das reinste Chaos? 

Am nächsten Morgen ging es für mich weiter nach Neapel. Nach einigen Stunden im Zug, fand ich meine Kollegin winkend am Gleis und wir stiegen in die Metro. Obwohl Napoli wohl als Synonym für „Chaos“ berühmt ist, fanden wir eine gepflegte, organisierte und saubere Stadt vor. Ich war positiv überrascht. 

Unser Appartment lag im lebendigen, stimmungsvollen und sehr zentralen Viertel Quartieri Spagnoli. Dieses Viertel hat seinen Ursprung in der Zeit, als Spanien im 16. Jahrhundert unter die Herrschaft des spanischen Vizekönig Pedro Alvarez de Toledo kam, der eine Stadterweiterung vornahm, um die spanischen Soldaten einquartieren zu können[1]. Obwohl das Quartier lange als Rotlichtviertel mit viel Kriminalität und Korruption bekannt war, ist das Gebiet heute absolut sicher und erstaunlicherweise auch in der Nacht ziemlich ruhig. 

Die nächsten paar Tage verbrachten wir natürlich damit, Neapel zu erkunden. Wir besuchten das eindrückliche Palazzo Reale, die Galleria Umberto, das Kloster Santa Chiara und fanden in fast jeder Ecke unglaublich schöne Kirchen und Kapellen. Ein besonderes Highlight war das sogenannte „Napoli Sotterranea“: eine Führung durch die Hohlräume, die bei den Griechen als Aquädukte gedient haben und später im Zweiten Weltkrieg als Schutzräume genutzt worden sind. 

Foodbaby In Coming

Wir assen napoletanische Spezialitäten für ein Geld, das in der Schweiz nicht mal für eine Flasche Wasser reicht. Vor allem Frittiertes kommt nicht zu kurz: Pizza fritta (frittierte Pizza), Frittatine (frittierte Pastakugel gefüllt mit Hackfleisch und Käse), Zeppole (frittierte Teigbällchen), Babà (frittierter Teig in Rum getränkt) und Cozzetiello (Brot gefüllt mit Tomatensauce und Fleischbällchen). In Napoli ist man kurzum im „Food Heaven“.  Wer einen Verdauungsspaziergang braucht, der schlendert der Via Toledo oder der Meerespromenade „Lungomare“ entlang und betrachtet die verschwommenen Umrisse des Vulkangiganten, des Vesuvs. Wer auf der Suche ist nach einem kulinarisch und kulturell interessanten Abend, geht in die Trattoria da Nennella. In diesem Lokal speist man für 16 Euro einen ersten und zweiten Hauptgang mit Beilage. Das Besondere sind jedoch nicht nur der Preis und das Essen sondern, dass sich das Lokal ganz plötzlich während dem Essen in eine Party verwandelt: „Sarà perché ti amo“ ertönt aus den Boxen, die Kellner tanzen auf dem Tisch, die Gäste werden aufgefordert mitzutanzen, mitzusingen und es spielt keine Rolle, dass man nur die vier Wörter des Refrains kann. Der Vibe ist unglaublich. (Während ich das hier schreibe, verzieht sich mein Mund automatisch zu einem Lächeln.) 

Tagesausflug: Posillipo

Am letzten Tag beschlossen wir uns dafür, aus dem Stadtinnern rauszukommen und fuhren mit dem Bus 30 Minuten lang zum Stadtteil „Posillipo“. Nach weiteren 30 Gehminuten erreichten wir den Eingang zu einem der wenigen öffentlichen Strände, der „Spiaggia della Gaiola“. Da dieser Strand in einer geschützten Zone liegt, braucht man eine Reservierung, die jedoch gratis ist. Wir hatten Glück und konnten uns die letzten Tickets sichern. Der Strand ist atemberaubend und durch die Limitierung der Gäste überhaupt nicht überfüllt. Die farbigen Häuser der Küste, das klare Meer, Blick auf den Vesuv – was will man noch mehr? 

Napoli nel cuore 

Neapel war der zweite Stopp meiner Interrail-Reise. Ob diese Stadt tatsächlich „die schönste Stadt der Welt“ ist, wie der Dichter Stendhal einst meinte[2], ist schwer zu bewerten. Fest steht für mich jedoch, dass hier fast alles stimmt: Das Essen, die Preise, der Humor der Leute, das Meer, die Stimmung, ja, sogar die Metro und die Abfallentsorgung klappen bestens. September war eine gute Zeit, um hierher zu kommen, man könnte jedoch auch noch später, Ende September oder im Oktober, nach Napoli reisen, falls man wie ich wärmeempfindlich ist. Neapel wird seinem Namen als Nabel der Welt mehr als gerecht, sei es dem Nabel der Welt der Kulinarik, der Kultur oder der Kirchen. 

Quellen: 

Quartieri Spagnoli, in: Wikipedia, https://it.wikipedia.org/wiki/Quartieri_Spagnoli, heruntergeladen am: 07.09.24. 

Stendhal e i due volti di Napoli, in: è Campania, https://ecampania.it/event/stendhal-e-due-volti-napoli/, heruntergeladen am: 07.09.2024. 


[1] Quartieri Spagnoli, in: Wikipedia, 07.09.24. 

[2] Stendhal e il due volti di Napoli, in: è Campania, 07.09.2024. 

Ich konnte mit einem interessanten ukrainischen Historiker über den Ukraine-Konflikt reden. Das Interview, das ich mit ihm geführt habe, ist in drei Teile aufgeteilt: Kultur, Geschichte und Gegenwart und Zukunft. In diesem Teil geht es um die ukrainische Kultur. Wie hat sie sich verändert und welchen Einfluss hat der Krieg auf sie? Fragen, die mir Radomyr Mokryk beantwortet hat. Das Gespräch habe ich am 15. April geführt, das heisst, dass manche Details nicht mehr up to date sind. Dies wird jedoch im Text erwähnt.

Als Präsident der Guggen von Solothurn (abgekürzt GUSO), deckt der selbstständige Marketingconsulter Thomas Nyffenegger einige organisatorische Aufgaben ab. Was sind seine Ämter in der Solothurner Fasnacht und was bedeutet die Fasnacht für ihn? Ein Interview.

Am heutigen Donnerstag ist es in Solothurn wieder soweit. Die jährliche Solothurner Fasnacht startet mit der traditionellen Chesslette und dauert eine Woche, bis zum Aschermittwoch. Doch was auf den einen Blick wie ein fröhliches, sorgenloses Fest erscheint, muss im Hintergrund bis auf das Detail genau geplant und organisiert werden. Eine grosse Aufgabe für die vereinigte Fasnachtsgesellschaft von Solothurn (UNO) und für die vereinigten Guggen von Solothurn (GUSO). Auch die Politik kommt in dieser Fasnachtsvorbereitung nicht zu kurz.

«Vor der Fasnacht bin ich immer in Hochstimmung», antwortet Thomas Nyffenegger strahlend auf die Frage, wie es ihm an diesem kalten, verregneten Januarabend geht. «Vor und während der Fasnacht bleibt eher weniger die Freizeit, um diese mit der Familie zu verbringen oder viel auszuruhen. Da liegt es auch an mir, dass ich mir mal einen Abend komplett frei nehme und mir so meine Zeit einteile», erzählt er mir weiter. Während der Solothurner Fasnacht ist Thomas Nyffenegger als Präsident der GUSO und als aktives Mitglied der Gugge Weihere Schränzer, in der er bis vor zwei Jahren ebenfalls Präsident war, organisatorisch, wie auch als Fasnächtler viel auf den Beinen.

Was bedeutet es GUSO-Musiknarr an der Solothurner Fasnacht zu sein?

«Als GUSO-Musiknarr bin ich sozusagen der Präsident der Guggen von Solothurn. Wie das Amt als Präsident auch in anderen Vereinen aussieht, kümmere ich mich um die Organisation, der Interessen der Mitglieder, also der Guggen von Solothurn und versuche diese auf eine Art und Weise in das Geschehen der Solothurner Fasnacht einzubringen. Ebenfalls sind die verschiedenen Strukturen der GUSO, sowie einen optimalen Fasnachtsablauf, zu organisieren. Dies bedeutet für mich einerseits viel Arbeit, aber es ist eine interessante Arbeit, die mir Spass bereitet.»

Was ist der Zweck der GUSO-Vereinigung?

«Die GUSO wurde im Jahre 1980 gegründet, zum Zweck, die Interessen der Guggen zu bewahren. Die Stimmen der Guggen spielen in der Solothurner Fasnacht eine wichtige Rolle, so muss also gut auf die Interessen und Ansprüche der einzelnen Vereine gehört werden. So können beispielsweise auch neue Anlässe oder Ideen, betreffend der Solothurner Fasnacht, aus den Sitzungen herauswachsen und in den Fasnachtsablauf integriert werden. Der «12i-Chlapf», der in der Nacht vom Fasnachtsdienstag auf den Aschermittwoch stattfindet, ist beispielsweise einer dieser Anlässe.»

Wie hoch schätzt du die Wichtigkeit der GUSO für die Solothurner Fasnacht?

«Auch gegenüber den Narren und Närrinnen von Solothurn ist diese Vereinigung ein wichtiger Zweig. Die GUSO befindet sich durch den Ober der Guggen in der UNO, in welcher auch die Stammzünfte ihren Platz finden. Die GUSO ist das oberste Organ, welches die Guggen vertritt und hat somit auch einen Sitz im UNO Vorstand. Die UNO verbindet so die Guggen mit den anderen Vereinen und Zünften.

Die Aufgaben der UNO wiederum, welche für die Fasnacht in Solothurn ebenfalls sehr wichtig sind, beziehen sich auf das ganzheitliche, organisatorische. Wie beispielsweise die Umzüge am Sonntag und Dienstag, die Planung und Koordination des Plakettenverkaufes, die medizinische Versorgung, die Planung der Sicherheit, die Sicherstellung von Notfallplänen, sollte etwas schiefgehen, der Aufstellung von Ständen mit Verhandlungen der Firmen, bei denen sich die Narren Närrinnen verpflegen können und noch vielem mehr.»

Wie hoch schätzt du die Wichtigkeit der GUSO in Zusammenarbeit mit der Stadt Solothurn ein?

«Das ist eine gute Frage», antwortet Thomas lachend und nippt kurz an seinem frischeingeschenkten Becher Cola. «Die GUSO, wie aber auch die UNO, also die Guggen und die Zünfte in der Fasnacht vereint, spielen für die Stadt eine wichtige Rolle. Denn die Fasnacht gehört in Solothurn zum Kulturgut dazu. Dieses Kulturgut liegt im Interesse der Stadt, wie auch im Interesse des Kantons. Deshalb sind auswärtige Auftritte der Guggen ebenfalls sehr wichtig, um den Kanton zu vertreten und den Menschen in anderen Kantonen zu zeigen, dass in Solothurn viel läuft, was die Fasnacht anbelangt, auch wenn man das vielleicht beim Hörensagen nicht glauben mag, da Solothurn nicht unbedingt die grösste Stadt der Schweiz ist. Ein genaues Beispiel dafür wäre der Besuch der Weihere Schränzer und einer Fasnachtsdelegation von Chesslerinnen und Chesslern an der Olma in St.Gallen vor fünf Jahren oder die Teilnahme der Weihere Schränzer am Marché Conur in Saignelégier oder am Sächsilüte in Zürich.»

Wie kann man sich den Aufbau der GUSO vorstellen?

«Jede Gugge kann zwei Mitglieder ihres Vereins wählen, welche dann an den Delegiertenversammlungen zusammensitzen und die Guggen vertreten, ihre Anliegen, Vorschläge und Ideen präsentieren und sich so austauschen. Meine Aufgabe ist es dann wiederum, das Besprochene zusammenzufassen, nach Lösungen zu suchen und zu kooperieren. Diese Lösungsvorschläge präsentiere ich dann an der Hauptversammlung. So haben wir also eine Art «demokratisches Parlament» für die Fasnacht in Solothurn.»

Der Hauptsitz der beiden Fasnachtsvereinigungen befindet sich im Richteramt von Solothurn, wie mir Thomas erklärt. Gibt es also einen Rechtsstreit, finden sich der Kläger und die UNO, wie die GUSO in diesem Amt wieder. Daraus lässt sich schliessen, dass auch die Regionalpolitik von Solothurn stark mit der Fasnacht zusammenhängt. Auf die Frage hin, wo denn diese Sitzungen der Delegierten aus den verschiedenen Guggen stattfinden, wird mir von Thomas erläutert, dass dabei versucht wird, die verschiedenen Beizen und Restaurants ein wenig zu berücksichtigen. Sicherlich stellt das auch eine gewisse Herausforderung dar, die vielen Abgeordneten in eine Lokalität zu bringen. «Es ist tatsächlich eine Schwierigkeit, bei so vielen Mitgliedern», sagt er nachdenklich.

Die Umzüge am Fasnachtssontag und am Fasnachtsdienstag sind einer der «Hauptattraktionen» der Solothurner Fasnacht. Was muss alles im Vorfeld getan werden, um dem Publikum einen schönen Fasnachtsumzug bieten zu können?

«Die ganze Organisation ist für uns natürlich ein grosser Aufwand. Zuerst müssen die Zünfte angefragt werden, wie es mit den Sujets für die nächste Fasnacht aussieht. Dieser Prozess beginnt schon im August. Dann werden die Wagenbauchefs der Fasnachtszünfte eingeladen, um die Fahrzeuge zu überprüfen, mit denen sie die Fasnachtsumzüge bestreiten. Die MFK (Motorfahrzeugkontrolle) überprüft die Bremsen und kontrolliert, ob die Fahrzeuge sicher sind. Auch muss die Planung für die Sicherheit an den Umzügen gemacht werden, also Sicherheitsleute aufgestellt werden, die neben den grossen Wägen herlaufen und dazu schauen, dass keine Person in den toten Winkel gerät, welcher an den Umzügen wegen dem eingegrenzten Blickfeld grösser ist, als normalerweise auf der Strasse. Die Guggen werden auf ihre Spieltüchtigkeit geprüft, sowie ob Masken und Kostüme für die Fasnacht bereit sind.»

Gewissermassen profitiert ja die Gastronomie der Stadt vom grossen Andrang der Menschen zu dieser Zeit. Wie offen für die Solothurner Fasnacht sind die Gastronomiebetreiber?

«Es gibt die Gastronomiebetreiber, die sich innovativ zeigen und bei der ganzen Sache mitmachen, was uns natürlich sehr freut. Das merkt man auch daran, dass die Preise von diesen Restaurants nicht unendlich in die Höhe getrieben werden und auch ihre Fenster sinngemäss dekorieren. Das sind dann auch die Orte, an denen unter dieser Woche etwas läuft, etwas los ist. Die Restaurants, welche die Preise an der Fasnacht unnötig in die Höhe treiben und ihre Lokalitäten nicht fasnachtsgemäss dekorieren, schiessen sich damit selbst ins Knie, da die Fasnächtler gar nicht erst hineingehen.»

In der Fasnachtswoche wird in Solothurn am Abend viel «Gegässelt», auch da muss es eine gewisse Vorplanung geben. Wie sieht die in etwa aus?

«Kurz gesagt, gibt es für die einzelnen Abende keine Planung. Die Guggen besprechen meistens untereinander spontan, welcher Platz für wie lange und von wem besetzt ist. Die einzige Planung für die Abende, die wir in der GUSO haben, ist die des Fasnachtsfreitags. Für diesen für die Guggen etwas spezielleren Abend, gibt es ein Plakat mit festen Zeiten für die fünf grossen Guggen, die an diesem Freitagabend mitspielen. Dort wird festgelegt, wo und um welche Uhrzeit die Guggen spielen, um auch den Besuchern eine Übersicht zu bieten, wo gerade was stattfindet. Auch für die Abende vom Fasnachtssonntag und Fasnachtsdienstag gibt es einen kleinen Plan. Bei dem wird lange im Voraus abgesprochen, welche Guggen direkt nach dem Umzug weiterspielen. Da viele Guggen nach den Umzügen in die Restaurants verschieben, um zu Nacht zu essen, müssen wir gewährleisten, dass doch noch etwa fünf Guggen in den Gassen bleiben und weiterspielen, damit keine Pausen entstehen, in denen nichts läuft. Unter den Guggen wechseln wir immer ein wenig ab, um niemanden zu benachteiligen.»

Ein spezieller Abend findet auch am Fasnachtsmontag jeden Jahres statt, der «Drumgugulalapfiff». Dort treten alle Guggen, wie die Schnitzelbänke der Stadt auf und präsentieren ihre neuen Lieder, wie auch die Kostüme. Ein wichtiger Anlass, wie mir Thomas erklärt. «Wenn man es so betrachtet, organisiert die GUSO fast alle wichtigen Anlässe, wie eben der Freitagabend, das Stadttheaterprogramm am Sonntag und Dienstabend, die Monsterguggete, der «Drumguglalapfiff», der «Zapfenstreich» am Dienstag, sowie der «Zwöufichlapf». Also abegesehen von den grossen Fasnachtsumzügen, alles.»

Was findest du, ist das wichtigste der Solothurner Fasnacht?

«Ich finde, dass unsere Fasnacht sehr farbenfroh, innovativ und kreativ ist. Auch, dass wir unterschiedliche Gruppierungen innerhalb der Fasnachtsgesellschaft haben, deren Vereinsleben sich voneinander unglaublich unterscheidet. Dies macht, so glaube ich, unsere Fasnacht umso spannender und attraktiver. Wir haben kleinere Vereine, grössere Vereine, die unterschiedlichsten Musikstile der Guggen und all die Freiheiten. Auch die Fasnachtswagen der Zünfte sind Markenzeichen der Solothurner Fasnacht. Denn die gewaltigen Kunstgebilde, die die Zünftler kreieren, mit all den liebevollen Details, sind einfach von Jahr zu Jahr wieder faszinierend.»

Versuchend, nicht zu viel zu verraten, sagt Thomas, auf was sich die Besucher der Fasnacht dieses Jahr besonders freuen dürfen. Da Thomas auch an den Inspektionen bei den verschiedenen Vereinen teilnimmt, kann er sagen, dass die Wagenbauzünfte auch dieses Jahr wieder hammermässige Sujets vorbereiteten und tolle Wagen gebaut haben. Auch auf Guggenmusiken, die dieses Jahr ihr Jubiläum feiern, kann man sich freuen, wie beispielsweise die Weihere Schränzer.

Vielen Dank Thomas, für das interessante Interview.

Es war auf einmal ganz still beim Stadion an der Alten Försterei, dass Flutlicht war aus. Einfach nur Kerzenschein erhellte alles an diesem 23. Dezember und dann fingen 28`000 Stimmen an Weihnachtslieder zu singen. Was sich in diesem Fussballstadion abspielt, findet man kein zweites Mal. Genau das kann man ebenso über den Fussballklub sagen, welcher dahinter steckt. Hat das traditionelle Weihnachtssingen seinen Ursprung von einem Haufen angetrunkener Fans, welche mit Bier sich ins Stadion geschlichen haben, um Weihnachtslieder zu schmettern? Man merkt, der Verein dahinter ist etwas Besonderes.

Besonders von Netflix-Konsumenten sind sie die Lieblinge: die «Gangs of Birmingham». Die mittlerweile fünf staffelige Serie «Peaky Blinders», die von BBC und Netflix produziert wird, erreicht Rekordzahlen bei Ladenverkäufen und Streams über den Onlineanbieter. Doch woher kommt der Riesenerfolg der «Shelby-Family» und was könnte Fans in der sechsten Staffel erwarten? Tize.ch beleuchtet die Hintergründe einer fiktiven Serie, die realitäts- und aktualitätsbezogener kaum sein könnte.

Birmingham, 1919: Die Brüder mit dem Familiennamen «Shelby», Thomas, Arthur und John, sind seit einem Jahr aus dem Kriegsgebiet an der Somme zurückgekehrt. Die Mittelmächte sind geschlagen, doch die Welt blutet und trägt Narben eines vier jährigen, ungnädigen Krieges mit sich. Der Kampf um Europa hat eine Gesellschaft hinterlassen, in die sich die Mitglieder der Shelby-Family bereits eng hineinintegriert haben. Waffengewalt, Missbrauch von Alkohol und Drogen, Korruption, Armut und der alltägliche Kampf ums Überleben begleitet die Familie Schritt für Schritt. Als Anführer des Familienunternehmens wird Thomas Shelby (gespielt von Cillian Murphy) zu Beginn der Serie vom Raub von Maschinengewehren der Britisch Army konfrontiert, welcher im Rausch von Mitgliedern der Bande, die sich vorerst eigentlich nur auf den Wettbetrug fokussiert hatte, ausgeführt wurde. Schnell wird der britische Premierminister Winston Churchill auf die Aktivitäten der Bande aufmerksam, sowie auch die kürzlich gegründete Irish Republican Army (IRA), die in ihrem Kampf für eine Unabhängigkeit Irlands auf neue Mittel angewiesen ist. Was mit einfachen Delikten bei Pferdewetten und einem verheerenden Diebstahl der Peaky Blinders in der ersten Staffel beginnt, endet nach etlichen Tiefschlägen und Höhepunkten in der fünften Staffel im Kampf gegen den aufkommenden Faschismus. (Achtung: Dieser Artikel enthält Spoiler für Leserinnen und Leser, welche die Serie «Peaky Blinders» noch nicht gesehen haben und dies noch tun wollen.)

Ein einzigartiges Konzept

Bei «Peaky Blinders» handelt es sich nicht nur um eine fiktive Serie, in der die Gipsy-Familie Shelby entscheidende Ereignisse der Zeitgeschichte miterlebt und diese durch ihr Handeln aktiv mitgestaltet. Nach der Frankfurter Allgemeinen spiele auch die Personenkonstellation der in Birmingham lebenden Protagonisten eine besonders wichtige Rolle. Neben den beiden Gangsterbrüdern, von denen gerade Arthur (Paul Anderson) immer wieder unter Gedankenrückfällen an die Schlacht der Somme leidet und diese mit Wutausbrüchen zu verarbeiten versucht, sorgen auch Tante Polly (Helen Mc Crory), Schwester Ada (Sophie Rundle) und ihr Ehemann Freddi Thorne (Iddo Goldberg), sowie der von Churchill angesetzte Inspektor Campbell (Sam Neill) dafür, dass Gangsterchef Thomas nie zur Ruhe kommt. Ob es sich dabei um einen Einfall der rebellischen Tante Polly handelt, den sie aus eigener Hand direkt in die Tat umsetzt, um den revolutionären Geist des Kommunistenanführers Freddi Thorne, der die wachsenden, unzufriedenen Arbeitermengen in Birmingham um sich schart oder den zunehmenden Druck von Seiten Campbells und der Polizei, der IRA oder des Wettbetrügers Billy Kimber und anderen rivalisierenden Gangstergruppen, wie auch die New Yorker Mafia. Die tiefen Verstrickungen der einzelnen Personen und Banden, sowie die Einbindung der fiktiven Geschichte in historische Ereignisse sind daher sicherlich ein Garant für den Erfolg der Serie.

Cillian Murphy als «Thomas Shelby» ist Gewinner der besten Drama Performence der NTA 2020

Mit Ach und Krach in die fünfte Staffel

Auch in der fünften und bisher letzten Staffel wurden Fans mit dem eng verworrenen Handlungsstrang und die dadurch aufrechterhaltene Spannung verwöhnt. Bereits die erste Folge holt den Zuschauer beim turbulenten Börsencrash am «schwarzen Donnerstag» von 1929 ab, wobei die mittlerweile international expandierte «Shelby-Company» hart getroffen wird, und lässt ihn wie bei einem Rausch bis zum Ende der Staffel nicht mehr los. Obwohl es Thomas und seine Bandenmitglieder mittlerweile geschafft haben, im legalen Bereich Geschäfte zu tätigen und er selbst als Politiker der Labour Party im Parlament aktiv ist, wird die Familie aufgrund des plötzlichen Geldmangels zurück in die Illegalität gedrängt. Hinzu kommt der politische Kampf in Grossbritannien, in dem neben der bereits florierenden Labour Party eine andere, neue politische Partei entsteht und die Monarchie in Bedrängnis bringt: die British Union of Fascists (BUF).

Eine indirekte Anspielung auf die heutige Zeit?

Ursprünglich als Labour Party-Abgeordneter, hat er sich mit seinen «Blackshirts» vom Sozialismus abgespalten und bewegt sich in die rasant aufkommende nationalsozialistische und antisemitische Richtung, wobei er um die Gunst des einflussreichen Thomas Shelby buhlt: Oswald Mosley. Bei ihm handelt es sich, wie bei so vielen Charakteren der Serie, um keine rein erfundene Person. Tatsächlich lebte der Politiker in den 1920er und 30er Jahren in Grossbritannien und war Gründer der BUF und Anführer der «Blackshirts», zu Deutsch «Schwarzhemden», die als paramilitärische Miliz weniger Macht in Grossbritannien innehatte, sich aber in Italien unter Mussolini stark etablierte. Heute ist bekannt, dass Mosley permanenten Kontakt zu Adolf Hitler hatte und zu Beginn seiner Macht in Grossbritannien auch von der Daily Mail unterstützt wurde, so berichtet die Welt. Schnell entsteht ein politischer Kampf, in dem Thomas den Faschisten um jeden Preis übertrumpfen will. Gerade in der vierten Folge der Staffel 5 werden die Worte Mosleys «Britain first!» sehr deutlich, während er eine flammende Rede auf dem Anwesen der Shelbys hält. Die Frage ist, ob die Produzenten der Serie mit Absicht einen Bezug zum zurzeit neu erstarkenden Nationalismus erstellt haben, der unter anderem mit den politischen Entwicklungen in den USA und Grossbritannien zu spüren ist.

Auch die durch den Brexit wieder aufgekommene «Irland-Frage» wird mit dem Säbelrasseln zwischen der IRA und der UVF (Ulster Volunteer Force) in der Serie thematisiert. Auch stellt Oswald Mosley im Gespräch mit Thomas die Frage, ob er sich als Abgeordneter auch schon mit der Frage auseinandergesetzt habe.

Von links nach rechts: Billy Gleeson als «Jimmy Mc Cavern», Anführer der «Billy Boys», mit Sam Clafflin als «Oswald Mosley»

Was passiert in der sechsten Staffel?

Die fünfte Staffel endet genauso turbulent, wie sie begonnen hatte. Nach einem gescheiterten Mordanschlag der Peaky Blinders gegen Mosley, der durch die rivalisierende Gang «Billy Boys» vereitelt wurde, ist zusehen, wie Thomas aufgrund des steigenden Druckes von allen Seiten seinem schlechten psychischen Zustand vollständig verfällt und sich die Pistole an die Schläfe setzt. Unklar bleibt, ob er abdrückt oder nicht. Laut Netzwelt ist bereits klar: Eine Fortsetzung wird es frühesten Ende dieses Jahres geben. Trotz langer Wartezeit können sich Fans beruhigen: Der Drehbuchautor Steve Knight hat bekannt gegeben, dass Thomas Shelby am Leben bleiben würde. Dennoch sei er weiterhin tief in die wachsenden politischen Spannungen verstrickt.

Viele Jugendliche interessieren sich kaum noch für die Religion und bezeichnen religiöse Gemeinschaften gar als «out». Nicht nur das Christentum ist davon betroffen. Laut einer Statistik von Statista ist die Konfessionslosigkeit ab dem letzten Jahrhundert um 11.3% der Weltbevölkerung gestiegen. Doch weshalb stösst vor allem das Christentum in den neueren Generationen auf einen solch grossen Widerstand?

Es ist 09:00, die Kirchenglocken läuten durch das Dorf. Der Nebel schleicht sich beinahe unscheinbar durch die Strassen. Auf den Strassen wiederum: Niemand. Nicht ein einziges Auto, welches sich den Weg durch die Häuser bahnt. Es scheint fast so, als wäre das gesamte Dorf noch vollkommen im Tiefschlaf. Siehe da: Nichtsdestotrotz schlendert ein älteres Pärchen auf dem Trottoir entlang in Richtung Dorfkirche. Schaut man in die Kirchen, sieht man schnell, dass der Altersdurchschnitt sehr hoch ist. Doch wo bleiben eigentlich die Jungen?

 

Die «Ich-Gesellschaft»

Wie der englische Poet Phineas Fletcher einmal sagte, «The way to god is by our selves». Laut dem wissenschaftlichen Buch «Religion und Spiritualität in der Ich-Gesellschaft» von der SPI kann der Mensch in der heutigen Zeit die verschiedensten Aspekte des Lebens selbst entscheiden, so selbstständig, wie noch nie zuvor. Wie beispielsweise die schulische Ausbildung und der eigene Bildungsweg, seine politische Einstellung, das ökonomische und ökologische Verhalten, sowie betreffend des Lebensstils die Sexualität und die Religion. Die Entscheidungsfreiheit in den verschiedenen Bereichen fiel noch nie so gross aus wie in den letzten Jahren. Der Mensch hat also auch mehr Verantwortung und hat vor allem mehr Schwierigkeiten zu bewältigen und zu erleben. Aus dieser Situation ergab sich dann die sogenannte «Ich-Gesellschaft».

 

Kulturelle Revolution

Ein grosser Teil der Antworten auf die Frage, wie denn so eine «Ich-Gesellschaft» überhaupt entstehen konnte, basiert sich auf der Theorie einer kulturellen Revolution in den 1960er Jahren. Auch darunter zu verstehen ist, dass sich die Menschheit in diesen Jahren langsam von den Autoritäten aller Art verabschiedete. Dies geschah aufgrund des Wirtschaftswunders 1945 bis 1973 und wurde auch ein wenig von der Aufklärung vom 18. Jahrhundert geprägt. Einfacher vergleichen kann man es so: Vor dieser kulturellen Revolution hatten die Menschen dieselben, identitären Merkmale, welche sich dann in den Jahren des Wirtschaftswunders veränderten und die Menschen begannen, individueller und eigenständiger zu denken.

Auch das Christentum und alle anderen Religionen, ganz besonders die monotheistischen, also die Religionen, bei denen es nur einen Gott gibt, wurden als sehr autoritär angesehen. Somit wurde insbesondere das Christentum nicht mehr zum pflichtigen Teil des Lebens zugehörig, sondern wurde immer mehr in den Bereich der Freizeit abgedrängt. Dort musste die Religion mit anderen Formen von Freizeitbeschäftigungen oder Selbstentfaltungen konkurrieren.

 

Der Mensch im Zentrum

Nach der kulturellen Revolution setzte sich die religiöse Individualisierung, sowie auch die Konsumorientierung durch. Um das oben erwähnte einfacher zusammenzufassen, hat sich der Mensch sozusagen selbst in den Mittelpunkt gerückt und sieht sich so als allerletzte Autorität, besonders in Fragen der Religion. Bildlich beschrieben, wie vor der Kenntnis durch Galileo Galilei, dass sich die Erde um die Sonne dreht und nicht anders herum. Damals, was auch heute noch stark zu bemerken ist, drehte sich alles um den Menschen und alles, was «vorgeschrieben» wurde oder wird, musste oder muss immer noch direkt bekämpft werden.

 

Wie sieht die Zukunft des Glaubens aus?

Die Zeit der Aufklärung oder die Zeit nach dem 2. Weltkrieg, in der eben diese kulturelle Revolution stattfand, gelten als die glorreichsten Epochen der Zeitgeschichte. Nach der Reformation des Christentums, wurden die ersten demokratischen Staaten geschaffen, Wirtschafts- und Geldsysteme fanden ihren Durchbruch, später im 20. Jahrhundert wurde der Nationalsozialismus weitläufig besiegt, Staatenbündnisse wurden gegründet, in Europa kehrte Frieden ein und die Welt öffnete sich und liess die Globalisierung zu wie auch die rasant schnell wachsenden technischen Fortschritte. Doch wo findet heute das Christentum den Platz, nach all den erreichten Fortschritten und Zeiten des zunehmenden Wohlstands?

Tatsache ist, dass die Kirche nicht mehr die unterdrückende, mit harter Hand regierende Herrschaftsform ist, wie sie es im Mittelalter vor der Reformation war. Martin Luther hat die Kirche und das gesamte Christentum, protestantisch wie katholisch, reformiert. Die Kirche ist keine autoritäre Macht mehr, die den Menschen etwas vorschreibt und ist ebenfalls nicht mehr von «konservativ-orientierten Menschen» geprägt. Die Kirche ist offen und hilft da, wo sie nur kann. Sie hilft nicht nur Christen, sie hilft Juden, Muslimen, Atheisten und Menschen von überallher gleichermassen.

 

Wie sähe die Welt ohne Glaube aus?

Die gläubigen Menschen finden in ihrer Religion eine Art von Hoffnung und Glaube, nach dem Tod nicht einfach fort zu sein, sondern, wenn sie gute Taten vollbringen, ein anderes, ewiges Leben zu erhalten, um ihrem Schöpfer möglichst nahe zu sein. Die Menschheit braucht jede einzelne Religion auf dieser Welt, um zusammen, nicht alleine, Grosses zu erreichen und den Frieden zu fördern. Ohne Glaube hätte die Menschheit nichts, woran sie sich festhalten kann, woran sie hoffen und vertrauen kann.