Alle über 18-jährigen Bürger der Schweiz kennen die Situation aus eigener Erfahrung: Kaum hat man die neuerworbene Volljährigkeit gebührend gefeiert, flattert schon das Armeeaufgebot ins Haus. Nun gilt es sich zu entscheiden, ob man den Militärdienst tatsächlich leisten möchte oder doch den Zivildienst bevorzugt. Seit der Abschaffung der Gewissensprüfung im Jahr 2009 interessieren sich immer mehr junge Männer für den zivilen Dienst. Dies ist der Armee und dem Bundesrat schon seit längerer Zeit ein Dorn im Auge. Nun hat der Ständerat beschlossen, mit sieben Massnahmen die Attraktivität des Zivildienstes zu verringern.

Die Massnahmen betreffen vor allem Männer, die bereits die Rekrutenschule absolviert oder sogar noch weitergemacht haben. Im letzten Jahr machten diese Personen nämlich mehr als 50% aller 6200 Zulassungen zum Zivildienst aus. Laut Gesetz dürfen aber nur Personen in den zivilen Dienst wechseln, die einen Gewissenskonflikt haben. Dies ist bei Armeeangehörigen, die bereits länger im Dienst sind, schlecht erklärbar. So sieht es auch Alex Kuprecht (SVP), der diese Wechsel während der Debatte im Ständerat als «unverständlich» bezeichnete. Unterstützt dabei wurde Kuprecht von Kommissionssprecher Josef Dittli (FDP), der meinte, dass der Zivildienst heute auch zur Optimierung des Lebenslaufs oder aus Gründen der persönlichen Bequemlichkeit gewählt werde. Die Abgänge von gestandenen Militärangehörigen, die kosten- und zeitintensiv ausgebildet worden seien, könnten den Sollbestand der Armee gefährden, sagte Dittli weiter.

Ein nützlicher Dienst an der Gesellschaft

Während bürgerliche Politiker und Politikerinnen also klar hinter diesen Massnahmen stehen, regte sich während der Debatte im Ständerat bei den Linken der Widerstand. So bezeichnete beispielsweise Géraldine Savary (SP) die Massnahmen als Schikanen. Das ursprüngliche Problem sei der wenig attraktive Militärdienst, die geplante Verschärfung des Zivildienstes daher die falsche Reaktion. Auch Paul Rechsteiner (SP) kritisierte die geplanten Massnahmen. Es gehe vergessen, dass es sich beim zivilen Dienst um einen vollwertigen, nützlichen Dienst an der Gemeinschaft handle, meinte er. Da der Ständerat aber im Moment bürgerlich ausgerichtet ist, hatten die Linken schlussendlich keine Chance und verloren die Abstimmung. Das Geschäft geht nun an den Nationalrat. Falls dieser ebenfalls zustimmen sollte, treten folgende Massnahmen in Kraft:

  • Junge Männer, die die Rekrutenschule bestanden haben und ein Gesuch zur Zulassung zum Zivildienst stellen, dürfen erst nach einer 12-monatigen Wartefrist zum Zivildienst zugelassen werden.
  • Wechselwillige Soldaten oder höhere Kader müssen nach dem Übertritt in den Zivildienst in jedem Fall noch 150 Diensttage leisten. Wer bis anhin in den zivilen Dienst wechselte, musste lediglich seine verbliebenen Diensttage, multipliziert mit einem vom Dienstgrad abhängigen Faktor, leisten. Konkret betrifft diese Massnahme Armeeangehörige, die nur noch wenig verbliebene Armeetage zu leisten haben.
  • Wenn das Zulassungsgesuch während der Rekrutenschule gestellt wird, muss der obligatorische lange Einsatz neu spätestens im Kalenderjahr nach der rechtskräftigen Zulassung abgeschlossen werden. Bis anhin war der Zeitpunkt für den langen Einsatz frei wählbar.
  • Militärangehörige, die bereits alle Diensttage geleistet haben, können sich nicht mehr in den zivilen Dienst umteilen lassen. Somit kann auch die Schiesspflicht nicht mehr umgangen werden.
  • Der Umwandlungsfaktor für höhere Kader im Schweizer Militär beträgt neu nicht mehr 1,1, sondern 1,5. Somit soll verhindert werden, dass sie aufgrund des niedrigen Faktors in den Zivildienst wechseln.
  • Zivis mit einem Medizinstudium dürfen keine Zivildiensteinsätze mehr leisten, die ein solches Studium erfordern. Mit dieser Massnahme soll erreicht werden, dass der Zivildienst nicht mehr als eine Art Praktikum genutzt werden kann.
  • Neu sind bereits alle Zivis ab dem Folgejahr der Zulassung jedes Jahr einsatzpflichtig.

Bevor aber diese Massnahmen wirklich in Kraft treten, muss wie gesagt auch noch der Nationalrat ja sagen. Zudem spricht Samuel Steiner, Co-Präsident des Zivildienstverbands Civiva, bereits von einem möglichen Referendum. Der Zivildienst sei ein wertvoller Dienst an der Gesellschaft, der nicht geschwächt werden dürfte, sagte Steiner. Im Falle einer Annahme durch den Nationalrat rechne er mit einer breiten Allianz aus Parteien, Betrieben mit Zivildienstleistenden sowie der Gruppe für eine Schweiz ohne Armee. Affaire à suivre.

Bildquellen

  • Symbolbild: Gaëtan Bally
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