Schon seit über einem Monat hören wir in den Nachrichten immer wieder ähnliche Schlagworte. Frankreich, Macron, Gilets Jaunes. Die Proteste in Frankreich sind omnipräsent und zeigen einmal mehr, wozu die wütende Menge fähig sein kann. Doch während Frankreich laut mancher Medienportale im Chaos versinken solle, sieht es teilweise auf Instagram ganz anders aus. 

Ich bekenne mich schuldig, einigen Influencern zu folgen, um manchmal etwas von meinem Alltag zu fliehen und mich mit dem glänzenden Online-Lifestyle abzulenken. Gerade jetzt ist es aber nicht mehr wirklich ein Entfliehen, sondern ein Wundern. War ich nämlich nun einige Zeit der Ansicht, in Paris herrsche die totale Unruhe, so wurde ich auf Instagram eines Besseren belehrt. Fashionevents, Fotoshootings und weitere Lifestyle-Aktivitäten finden ganz normal statt. Influencer flanieren durch Paris, als wäre alles normal und als gäbe es nichts zu der Situation zu sagen, die sich womöglich nur einige Strassen weiter abspielt.

Dieser krasse Kontrast zeigt mir eine überaus geteilte Welt auf. Und je nach dem, in welcher „sozialen Blase“ man sich befindet, kriegt man nur das eine oder eben das andere mit. Kein Wunder also, gibt es immer mehr Missverständnisse, wenn die einen in Paris einen wunderbaren Fotoshooting-Ort und die anderen einen Protestplatz sehen. Wer sich, wie ich, beiden Ansichten aussetzt, ist erstmal verwirrt.

Natürlich verlange ich von niemandem, gleich seine Onlinebloggerkarriere einzustellen, weil es an einem Ort Proteste gibt. Aber sie praktisch auszublenden und fröhlich weiter zu posten, finde ich auch seltsam. Es geht nicht darum, ewig lange Texte unter dramatischen Bildern zu posten. Aber wie wäre es mit einem Denkanstoss? Einer Erwähnung der Lage, um nicht komplett realitätsfremd zu werden?

Abschottung in Blasen

Diese Realitätsfremdheit, wie ich sie nenne, fällt mir nämlich nicht nur in diesem Falle, sondern auch sonst öfters auf. Durch die sozialen Blasen, die ich vorher schon mal angesprochen habe, ist es aber auch einfacher, sich eine eigene Realität zu kreieren. In dieser wird alles ausgeblendet, was einem unangenehm erscheint. Warum das so einfach ist?

Wir im Zeitalter von Social Media haben zwar durchaus die Möglichkeit, uns mit allen Themen zu beschäftigen, die uns belieben. Meistens läuft es jedoch darauf hinaus, dass wir vor allem den eigenen Interessen nachgehen. Wir schotten uns immer mehr in unseren eigenen Interessenssphären ab und treffen dort logischerweise auch nur noch auf Menschen, die gleichgesinnt sind. So bilden sich Blasen um uns herum, die zwar nicht undurchbrechbar sind, doch meistens ist es einfach zu angenehm, sich herauszubewegen.

So kommt es, dass es für manche nur noch die eine Priorität gibt: Nämlich gegen die Beschlüsse Macrons zu kämpfen und sich in öffentlichen Protests zu wehren, egal, ob es dabei zu gewaltvollen Eskalationen kommt oder nicht. Andere dagegen wollen in Paris nur eines: Likes generieren und das Traumleben führen, welches alle anderen alt aussehen lässt.

Krass ist nur, dass sich diese Dinge zeitgleich abspielen und es, zumindest auf Instagram, aussieht, als würde das eine keineswegs das andere ausschliessen oder beeinflussen.

Geschrieben von:

"Write it. Shoot it. Publish it. Crochet it. Sauté it. Whatever, Make!" - Joss Whedon

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