Jeder kennt es, doch manchmal habe ich das Gefühl, dass ich Vorfälle dieser Art fast wie magisch anziehe. Sie sind nicht sehr erfreulich und die eigene Pünktlichkeit fördern sie auch nicht gerade… „Persönliche“ Pannen im öffentlichen Verkehr: Einmal verschläft man die richtige Station, ein anderes Mal verpasst man den Zug, oder man fährt in die falsche Richtung. Lassen sich solche Geschehnisse vermeiden? Meinen Erfahrungen zufolge würde ich mit „Nein“ antworten, das liegt aber zu gewissen Teilen auch an mir. Jetzt kann man sich darüber ärgern, oder man kann seine peinlichen Geschichten zum Besten geben und darüber lachen.
Einmal zum Beispiel fuhr ich beinahe eine Stunde lang in die falsche Richtung, ohne es zu merken. Zum Zeitpunkt dieses Ereignisses war ich ungefähr 12 Jahre alt. Ich hatte vor, zum Abendessen zu meinen Grosseltern zu fahren. Aus einem Grund, den ich heute nicht mehr weiss, war es nicht möglich, den Zug meiner üblichen Route zu nehmen. Also liess ich mir vor Aufbruch den Weg mit dem Tram von meiner Mutter erklären. Bei der Station, wo ich ins mir bislang eher unbekannte Tram umsteigen sollte, war mir aber irgendwie nicht klar, dass mein Ziel die eine Endhaltestelle der Tramlinie war. Ich war eher der Annahme, dass meine Station irgendwo dazwischen liege. Hätte ich das gewusst, wäre mir vielleicht aufgefallen, dass das Tram auf der anderen Strassenseite fuhr, genau meine Station als Endziel angeschrieben hatte. So allerdings stieg ich einfach ins nächstbeste Tram mit der richtigen Nummer ein und wartete darauf, dass die Computerstimme meine Station ansagte. Weil ich allerdings, verpeilt wie ich halt manchmal bin, ins falsche Tram eingestiegen war, fuhr ich fast eine Stunde lang nichtsahnend in die falsche Richtung. Nicht einmal als ich aus dem Fenster das Gegentram mit meiner Haltestelle auf der Anzeigetafel in die entgegengesetzte Richtung fahren sah, wurde mir klar, dass etwas nicht stimmte. Ich dachte lediglich, dass sie wohl vergessen hätten, die Aufschrift zu aktualisieren. Als ich an der Endhaltestelle ankam und das Tram nicht mehr weiter fuhr, wunderte ich mich erst einmal, weshalb meine Station noch nicht gekommen war. Langsam dämmerte mir dann aber, dass ich irgendeinen Fehler gemacht haben musste. Ich dachte mir, dass ich vielleicht, trotz meiner genausten Überwachung des Anzeigebildschirms, die Richtige Station verschlafen hätte. Da ich es aber nun mal nicht ändern konnte, beschloss ich gleich, im Tram sitzen zu bleiben und den gekommenen Weg wieder zurückzufahren. Doch als ich erneut an der Station vorbeifuhr, bei der ich ursprünglich eingestiegen war und meine Haltestelle nicht vorgekommen war, wurde mir bewusst, dass ich sie nicht bloss verpasst hatte, sondern dass ich in die falsche Richtung gefahren sein musste. Ein zweites Mal an diesem Tag blieb ich also einfach sitzen und wartete, bis das Tram weiterfahren würde. Beinahe zwei Stunden später kam ich schliesslich an der anderen Endhaltestelle der Tramlinie an und wartete auf meinen Anschlussbus. Als ich über drei Stunden nach dem vereinbarten Zeitpunkt bei meinen Grosseltern eintraf, es war inzwischen dunkel geworden, erfuhr ich, dass nicht nur meine Grosseltern sondern auch meine Eltern in heller Aufregung um mich waren. Mein Grossvater war mit dem Auto losgefahren, um mich zu suchen und meine Grossmutter war kurz davor, die Polizei zu verständigen. Weil ich damals noch kein Handy hatte, bekam ich von dieser ganzen Aufregung während meines kurzen Umwegs natürlich nichts mit. Vermutlich aber, das kann ich heute sagen, hätte ich auch mit Handy nichts mitbekommen und wäre nichtsahnend mit dem Flugmodus aktiviert, in der Gegend herumgefahren.
Ein anderes Mal, es ist noch nicht sehr lange her, waren wir mit meiner damaligen Klasse und der Parallelklasse, in der französischen Schweiz im Klassenlager. Am ersten Tag stand unter Anderem ein Museumsbesuch auf dem Plan. Also stiegen wir, um dorthin zu gelangen, in einen Zug – beziehungsweise alle ausser mir stiegen ein. Der Eingang zum Zug war nämlich so aufgebaut, dass es zwei Türen gab, die eine vom Zug, die andere von der überdachten Station. Wie eigentlich immer waren ich und meine Kollegin die aller Letzten, der Rest – allen voran unsere Lehrer – war bereits eingestiegen. Allerdings war es an dieser Station nicht üblich, dass über vierzig Leute in den Zug einsteigen und so benötigten wir dafür auch um einiges mehr Zeit als der Durchschnitt. Da die Tür der Station automatisch funktionierte und aber über keine Form der Intelligenz verfügte und somit auch von dieser ungewöhnlichen Situation nichts mitbekam, schloss sie sich einfach ohne jegliche Warnung in Form eines Piepen oder Ähnlichem und klemmte meine Kollegin, welche vor mir ging, ein. Allerdings hatte die Tür nicht diese Funktion, die automatische Türen sonst haben, dass sie sich sofort wieder öffnen, wenn etwas den Schliessmechanismus stört. So behielt sie meine Kollegin in ihren Fängen, welche dann von den Leuten im Zug hineingezogen werden musste. Ich allerdings blieb draussen und sah zu, wie der Zug mitsamt meinen Mitschülern und Lehrern davonfuhr. Das wäre ja alles in allem gar kein Problem gewesen, ich wurde unmittelbar von meiner Lehrerin angerufen und darüber informiert, dass ich einfach mit dem nächsten Zug bis zur Endstation fahren solle, was ich dann auch tat. Nur hatte ich im nächsten Zug das Pech, dass ich kontrolliert wurde und mein Ticket zeigen sollte, welches ich natürlich nicht hatte. Also versuchte ich den Kontrolleuren, welche übrigens kein Englisch verstanden, in meinem gebrochenem Französisch zu erklären, was passiert war, womit ich allerdings nicht sehr viel Erfolg hatte. Glücklicherweise erübrigte sich die Situation als wir an der Station ankamen und meine Lehrerin den Kontrolleuren das Billet unter die Nase hielt.
Da ich in meinem Leben bisher sehr viele Vorfälle dieser Art hatte, lautet mein Fazit mittlerweile: „Da ich es ohnehin nicht vermeiden kann, freue ich mich, statt mich aufzuregen – was sowieso meistens nichts bringt – über die lustigen Geschichten, die man danach immer erzählen kann.
Dieser Beitrag wurde im Rahmen des Best-Ofs 2018 noch einmal aufgeschaltet. Wir bedanken uns bei dir, liebe Sofie, herzlich für deinen Einsatz bei Tize!