Inside JCVP: Was tut sich in der mittigen Politik der Schweiz? Zwischen aufkommendem Populismus auf rechter und linker Seite bilden Mitteparteien ein politisches Gleichgewicht. Robin Schmid sieht die Mitteposition als Gelegenheit und erzählt, wie gerade die Jungpolitik diese Chance nutzen kann.

«Mehr als je zuvor», antwortet der 28-jährige Robin Schmid auf die Frage hin, ob Jungpolitik in der heutigen Zeit überhaupt noch von Nöten sei. «Die Welt wird schnelllebiger und stellt uns vor neue Konflikte. Es liegt vor allem an uns Jungen in der Gesellschaft mitzubestimmen», begründet der Jungpolitiker seine bestimmte Antwort. Seit fünf Jahren mischt Robin in der Politik mit und vertritt die Junge CVP als Präsident der Sektion Solothurn. Neben den wandelnden Rollenbildern sieht er auch den erstarkenden Populismus als grösste Herausforderung unserer Zeit.

Robin, was ist dein grösstes Anliegen in der Politik?

«Es ist die Familienpolitik, die mir am Herzen liegt und mich schliesslich auch zur JCVP brachte. 60.43% stimmten für einen Vaterschaftsurlaub, die Rollenbilder wandeln sich. Auch wir Männer müssen lernen mit den neuen Situationen umzugehen, was Geduld und Gelassenheit erfordert. Gleichzeitig zeigt mir dieses Resultat, dass ein grosses Bedürfnis der Gesellschaft in Sachen Gleichstellung besteht, da will ich anknüpfen.»

Robin Schmid setzt sich für eine junge Mitte-Politik ein.

Wie zufrieden bist du mit den Abstimmungsresultaten?

Gerade die Resultate zum Vaterschaftsurlaub erfreuen Robin sehr. «Es ist ein weiterer wichtiger Schritt in die richtige Richtung.» Trotzdem empfindet er die zwei Wochen als einen Witz, im Vergleich zu den Bestimmungen im umliegenden europäischen Raum. «Unsere Schweizer Mentalität ist interessant, wenn man eben gerade mit unseren grossen Nachbarn vergleicht.» Die eigentliche Vorlage schlug vier Wochen Vaterschaftsurlaub vor, als Kompromiss wurden dann die zwei Wochen an die Urne gebracht. «Das ist meiner Ansicht nach typisch Schweizerisch. Lieber arbeiten die Schweizer mehr, als ein paar Wochen mehr ihrer Familie zu widmen», sagt Robin lachend. Diese «urschweizerische» Mentalität erklärt er sich dadurch, dass die Schweiz immer für sich selbst sorgen musste, insbesondere zur Zeit der beiden Weltkriege. «Diese Mentalität war damals sicherlich von Vorteil, dennoch heute nicht mehr zwingend nötig», meint Robin.

Mit dieser «urschweizerischen Mentalität» verhält es sich ähnlich gegenüber dem Militär. Der Kampfjet wurde knapp angenommen. Ist das «beinahe-nein» ein Signal gegen unsere allseits gelobte Milizarmee?

«Ich habe den ganzen Sonntag über gezittert», gibt Robin zu. Er selbst war Mitglied des Komitees «Ja zur Beschaffung neuer Kampfflugzeuge». «Der Kampfjet war mein Kernthema. Zusammen mit Jungpolitikern der JSVP und des Jungfreisinns haben wir uns zusammengesetzt und die Parole gefasst.» In den diesjährigen «Mega-Abstimmungen» habe laut Robin der liberale, urbane Gedanke sehr dominiert. «Beweisen kann ich es nicht, aber ich beobachte schon seit längerem, dass linke und urbane Wellen sehr gut mobilisieren können und auch die Armee dadurch unter stärkeren Beschuss kommt. Hinzu kommt, dass die Vorlage zum Kampfjet enorm schwierig war, auch um dafür zu werben und sich schliesslich für ein «Ja» zu entscheiden.» Robin schmunzelt und fügt an: «Sechs Milliarden für ein Kampfflugzeug ist viel Geld.»

«Mal arbeite ich mit linken und mal mit rechten Jungpolitikern zusammen, nicht zuletzt, um den polarisierenden Flügeln etwas entgegenzuwirken»

Robin Schmid, Präsident JCVP Kanton Solothurn.

Ist demnach die parteiübergreifende Zusammenarbeit essenziell bei Abstimmungen?

«Eine solche Zusammenarbeit ist sehr wichtig, anders als bei Wahlen. Wie ich eben schon sagte, beim Kampfjet beispielsweise haben wir den Kontakt zur JSVP und zu den Jungfreisinnigen gesucht. Sobald einzelne Personen aus verschiedenen Parteien eine gleiche Parole vertreten wollen, kann man sich zusammenschliessen.» Als Mittepartei käme es nicht drauf an, ob sich Leute aus der JCVP mit links oder rechts zusammenschliessen. «Hierbei ist mir wichtig, ein gesundes Gleichgewicht zu pflegen. Mal arbeite ich mit linken und mal mit rechten Jungpolitikern zusammen, nicht zuletzt, um den polarisierenden Flügeln etwas entgegenzuwirken.»

Natürlich käme es bei einer solchen Zusammenarbeit auch zu kontroverseren Diskussionen. «Das soll aber auch so sein, wenn Leute aus unterschiedlichen politischen Richtungen zusammentreffen», so Robin. So hätte man die Möglichkeit, sich und seine Partei in einer Diskussion klar zu positionieren.

Die Stimmbeteiligung war so hoch, wie seit 2016 nicht mehr. Wie nimmst du das Interesse der jungen Bevölkerung in der Politik wahr?

«Sehr unterschiedlich. Auch für uns ist es schwierig, durch das «C» in unserem Namen Interessenten zu finden. Menschen mit anderer Religionszugehörigkeit als dem Christentum getrauen sich somit eher weniger, auf uns zu zukommen, was ja eigentlich nicht sein kann. In die JCVP dürfen alle eintreten, egal mit welcher religiösen oder ethnischen Herkunft.» Am einfachsten, die jüngere Zielgruppe abzuholen sei es, wenn man sie in einem alltäglichen Gespräch auf Probleme und Herausforderungen des gesellschaftlichen Lebens anspreche. «Besonders gut funktioniert das bei Gesprächen im Ausgang. Da komme ich viel in Diskussionen, wo ich meinem Gegenüber die Fragen stellen kann: Stört dich dieser Umstand nicht? Willst du daran nichts ändern? Das zieht aber nur bei denjenigen, die wirklich an der Politik interessiert sind.»

Dieses «C» im Namen der Partei habt ihr intern angefochten und seid zu einer Kompromisslösung gekommen: Die CVP soll bald «die Mitte» heissen. Wie stehst du zu dieser Namensänderung?


Robin betont, dass auch er die Vermischung von Staat und Kirche als altmodisch betrachtet. «Auch wenn ich bekennender Christ bin, habe ich eine politische Frage nie nach der Bibel beantwortet. Die Kirche gehört vom Staat getrennt.» Deshalb begrüsse er die Namensänderung. Die drei Wörter «Freiheit», «Solidarität» und «Verantwortung» sollen fortan unter dem Parteinamen stehen. «Diese ersetzen das «C» im Namen und widerspiegeln so die Politik, für die wir uns einsetzen», ergänzt Robin. «Wichtig zu erwähnen ist, dass noch nicht feststeht, wie und ob der Wechsel wirklich stattfindet. Es müssen parteiintern noch Abstimmungen abgehalten werden. Möglich ist es auch, dass wir von der Jungpartei den Namen «die Mitte» annehmen, die Mutterpartei aber beim «CVP» bleibt.

«Die CVP macht sich stark für den Kompromiss zwischen rechts und links, das ist unsere Position in der politischen Mitte.»

Als eine der grössten Herausforderungen in der Politik sieht Robin den Aufschwung des Populismus.

Ist es denn nicht schwierig, aus der «Mitte» heraus, eine klare, politische Richtung einzuschlagen? Gerade bei Abstimmungen ist man doch immer etwas «rechter» oder «linker».

«Die CVP macht sich stark für den Kompromiss zwischen rechts und links, das ist in dem Sinne unsere politische Richtung.» Robin findet, dass beide extremen Richtungen Ideen bringen, die man so nicht umsetzen könne. «Deswegen braucht es Mitteparteien, die Lösungen schmieden, die auch mehrheitsfähig sind.»

In Deutschland gibt es die linkspopulistische Partei «die Linke». Jetzt kommt die CVP mit einer Namensänderung zu «die Mitte». Denkst du nicht, dass hierzulande gedacht wird, die CVP springe nun auch auf die populistische Schiene? Wie stehst du generell zu Populismus?

Der Name sei das eine. «Wie gesagt, unsere politischen Inhalte fokussieren sich auf die Lösungen.» Zum Thema Populismus meint Robin: «In der Politik ist der Ton rauer geworden.» Zum einen habe das sicher etwas mit Trump an der Spitze des mächtigsten Landes der Welt zu tun. «Seine populistische Art ist heftig und schwappt in etliche Länder über, nicht zuletzt, weil die USA früher in Sachen Demokratie der Musterschüler war. Heute blickt man immer noch nach Übersee, obwohl diverse europäische Staaten bereits viel weiter sind, gerade was die Vielfalt in der politischen Landschaft betrifft. Polemik braucht es sicher ab und zu, keine Frage. Am Schluss ist es aber von Nöten, sich auf politische Lösungen zu konzentrieren.» Die lösungsorientierte Politik kommt in Robins Augen immer mehr abhanden. «Ja, auch in der Schweiz», fügt er an.

«In der Politik ist der Ton rauer geworden.»

Wie siehst du die Rolle von Jungpolitiker*innen in diesem rauen, populistisch werdenden Ton?

«Ich beobachte, dass es für uns Jungpolitiker*innen nur wenige Vorbilder gibt, die auch wirklich pragmatisch Lösungen aufzeigen und Kompromisse eingehen. Junge Einsteiger*innen sehen, dass populistisch angehauchte Leute wie Tamara Funiciello oder Erich Hess Erfolg haben und gewählt werden und beginnen, deren Rhetorik zu imitieren und diesen provokativen Ton als Vorbild sehen. Dieses Poltern nimmt gerade bei der Juso ab und zu ein grenzwertiges Ausmass an. Dazu muss gesagt werden: Die Strategie kommt an, die wissen genau, was sie tun.» Trotzdem fände es Robin schön, mal individuellere Praktiken von rechts nach links anzutreffen und weniger nachgeahmter Populismus. «Das soll auf keiner Ebene ein Vorwurf sein, trotzdem empfinde ich dieses Verhalten als falsch», schliesst Robin das Gespräch ab.

Vielen Dank für das Interview, Robin.

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