Am 20. Oktober kommt es zu den allvierjährlichen, eidgenössischen Wahlen. Mitten im Trubel des Wahlkampfes: Der 22-jährige Joël Müller. Die Gesellschaft sieht er zurzeit in einem polarisierenden Wandel, deshalb kandidiert er für die Wahl zum Nationalrat in der Jungen CVP. Wie er dazu kam und was ihn in der Politik bewegt, alles in der dritten Ausgabe von #porträtiert.

«Ä dumme Latz», hält Joël nicht in der Politik, wie er sagt, sondern auf der Tribüne. Der aus Herbetswil stammende Jungpolitiker der Jungen CVP ist begeisterter Fussballfan und FC Basel-Supporter. Als Zugbegleiter bei der SBB hat er auch bereits die FCB-Fans in andere Stadien gebracht. «Da geht es manchmal ganz schön zur Sache», erklärt er schmunzelt. Doch aus der Ruhe bringe ihn das nicht, schliesslich hat Joël bereits drei Jahre Berufserfahrung. Wenn er nicht gerade durch die Schweiz kutschiert oder für den FCB jubelt, musiziert Joël mit Schlagzeug beim Musikverein Herbetswil mit – oder macht leidenschaftlich Politik. An seinem sonst eigentlich freien Samstag, an dem ich Joël treffe, hat er bereits seit den frühen Morgenstunden auf der Herbstmesse Solothurn Werbung für seine Partei betrieben.

Die Politik ist in Joëls Leben nicht mehr wegzudenken. Seitdem er lesen kann, ist er mehr auf Zeitungen, als auf Bücher fixiert. «Mein Interesse stützt sich vor allem auf das Zeitgeschehen, sei es in der Schweiz oder international. So entschied ich mich schon in jungen Jahren, der JCVP beizutreten», erklärt er. In dieser Partei scheint er sich wohlzufühlen. Erfüllt von seinem Werbetag, den er gemeinsam mit anderen Jungparteien an der Solothurner Herbstmesse bestritt, sitzt er da, geschniegelt und gestrählt in einem schwarzen Kittel, darunter ein passendes Hemd. Seriös wirkt er, keine Frage. Wie er erzählt, geht er auch so an seine Aufgaben im Vorstand der JCVP heran. Hauptsächlich hat er das Amt eines Redaktors inne und erfasst Beiträge und Kolumnen in der Zeitschrift der JCVP oder gleist Kommentare zu politischen Themen auf. «Im Grossen und Ganzen bin ich dafür verantwortlich, dass unsere Stimme gehört wird», umschreibt er seinen Tätigkeitsbereich zusammenfassend. Im Gegensatz zur Mutterpartei der CVP, sieht Joël die Jungpartei als «jung, erfrischender und liberaler». Politischen Debatten, wie beispielsweise die Ehe für Alle, stimmen die «Jungen» klar und entschieden zu. «Die Mutterpartei ist im Grossen und Ganzen auch dafür, dennoch hört man aus deren Rängen auch kritischere Stimmen», ergänzt Joël.

 

«Meine Hauptanliegen? Den Polparteien entgegenwirken!»

Laut dem politischen Atlas der Schweiz, gibt zurzeit die Schweizerische Volkspartei (SVP), sowie die Sozialdemokratische Partei (SP) das Tempo in der Schweizer Politik an. Joël spricht von einem Rechts-links Gefälle, welches mit Hinblick auf die jüngere Wählerschaft immer grösser zu werden scheint. Wie Joël erklärt, habe er sich deswegen für die JCVP entschieden. «Mein Hauptanliegen ist, konstruktiver an politische Themen heranzugehen und die Gesellschaft ein wenig weg von diesem «Wer hat den grössten Latz»-Denken zu bringen», sagt er mit einem Lächeln auf den Lippen. Seiner Meinung nach, finde die sachliche Politik eher auf der mittigen Ebene statt.

 

«Es muss uns gelingen, die politische Mitte als Stimme der Vernunft zu präsentieren.»

 

Die politische Mitte als Stimme der Vernunft

Um dieser vorherrschenden Polposition entgegenzuwirken, versuche die JCVP mit ihren Inhalten zu überzeugen. «In der Mitte Politik zu betreiben heisst nicht, die spektakulärsten Anliegen zu haben oder immer die lautesten und provokativsten zu sein. Es muss uns gelingen, die politische Mitte als Stimme der Vernunft zu präsentieren», erzählt Joël auf die Frage hin, wie die Jungpartei versuche, sich aus diesem Schema herauszubewegen. Auch die Zusammenarbeit mit den anderen Jungparteien erachtet er als enorm wichtig. So versuche die JCVP auch mit beispielsweise den Jungfreisinnigen zusammen zu arbeiten und gemeinsame Lösungsansätze für politische Themen zu finden. Dafür sei es auch wichtig, gerade die junge Wählerschaft abzuholen.

Dennoch wird an dieser Zusammenarbeit gerüttelt. Wie die NZZ berichtet, sorgte eine Wahlkampagne der CVP vor zwei Wochen für Aufruhr. Wer in der Google-Suchleiste nach einem Kandidaten einer anderen Partei sucht, findet ein unscheinbares, «normal» aussehendes Inserat auf. Doch auf den zweiten Blick ist zu erkennen, dass es sich dabei um eine CVP-Seite handelt, auf der durch die Überschrift «Zeigt mir lieber echte Lösungen!» mit Positionen der CVP kontert wird. Der Präsident der Jungfreisinnigen, Philipp Eng, hat über Facebook auf die umstrittene Aktion reagiert. «Nach wilder Windfahnen-Politik kommen nun #FakeNews. Ist das der Stolz einer einst staatstragenden Partei? Diskreditierung statt Inhalte?», schrieb er in seinem Post. Joël verteidigt die neuartige Wahlkampagne: «Ich muss dazu sagen, dass das Ganze von den Medien hochgekocht wurde. Die Art und Weise, wie andere Parteien politisieren, unterscheidet sich nicht grossartig davon. Neu ist nur, dass sich der Wahlkampf vermehrt digital abspielt. Zudem kommt, dass die Kampagne auf keinerlei Fakenews aufbaut, sondern alles, was auf dieser Seite geschrieben steht, auf Tatsachen und Fakten basiert. Ich persönlich finde aber im Bezug auf die Vernunft, für die wir eigentlich stehen, hätte die Idee anders umgesetzt und die anderen Parteien vorgewarnt werden sollen.»

 

Vom Familientisch in die Schule: Das Thema Politik soll sich verlagern

Im Wahlkampf setzt sich Joël mit der JCVP dafür ein, viel in den Schulen präsent zu sein. Es sei während eines Wahlkampfes nützlich, die jüngere Generation für einzelne politische Themen zu interessieren. Deswegen gebe es auch innerhalb der Partei Diskussionen über den Stellenwert der politischen Bildung an Schulen. «Wir setzen uns mit den anderen Jungparteien, von links bis rechts, zusammen und arbeiten zurzeit eine Initiative aus, die der politischen Bildung in unserem Schulsystem einen besseren Platz und im Lehrplan einen höheren Stellenwert bieten soll», verkündet er. Joël findet, dass der politische Diskurs zurzeit vor allem von zu Hause aus geführt wird. Das habe auch die Konsequenz, dass die Kinder schnell dieselbe oder ähnliche Haltungen zu einzelnen Themen annehmen, wie deren Eltern. «In der Schule bestände die Möglichkeit zu einer neutralen Vermittlung. Mich stört, dass das Schwergewicht in der Schule besonders auf die Vergangenheit der Menschheitsgeschichte liegt. Das ist wichtig und kann durchaus spannend sein, das steht nicht zur Frage. Trotzdem lernen wir in der Schule zu wenig über die heutige Situation und das komplizierte Konstrukt unserer Demokratie», so Joël. Zudem müsse man sich vor allem auf die Interessen der Jungen beziehen.

 

Betreiben einer zeitgemässen Politik

Breit diskutiert wird bei der jüngeren Bevölkerung vor allem das Thema Umwelt, wie die Debatte um die Migration. Auch Joël sind diese Themen wichtig. «Die Umwelt liegt der JCVP sehr am Herzen, nicht erst seit gestern und keineswegs, weil es plötzlich einen so grossen Hype darum gibt. Wir fördern aktiv die Energiewende mit.» Kritischer wird Joël aber bezüglich der Klimastreiks. «Die Idee und die Anliegen dieser Streiks sind sicherlich die Richtigen. Doch mit der Art, wie diese umgesetzt werden, habe ich ein wenig Mühe. Ich finde, jede und jeder sollte vorerst vor seiner eigenen Haustür kehren, bevor an solchen Massendemonstrationen teilgenommen wird», erläutert er seine Meinung.

Sein grösstes Anliegen in der Debatte um die Migration, ist besonders die Integration. «Der Wille zur Integration muss von uns Einheimischen, wie aber auch von den Einwanderern und Geflüchteten kommen. Es darf nicht passieren, dass man sich gegenseitig aufspielt und alle in einen Topf schmeisst.» Joëls Haltung zum Thema ist klar: «Solange sich jemand integrieren kann, soll er auch hierbleiben dürfen.»

 

«Das Team steht im Mittelpunkt»

Bezüglich der diesjährigen Wahlen sieht sich Joël vor allem im Team mit seiner Partei zusammenarbeitend. Obwohl sich einzelne Mitglieder zur Wahl aufstellen, sieht er das Grosse und Ganze dahinter. Es sei wichtig, sich untereinander zu unterstützen, gleichzeitig aber auch, dass man selbst auf der Liste möglichst weit nach vorne kommt. «Man muss immer den Ausgleich finden», findet er.

Joël lacht auf die letzte Frage, weshalb man gerade ihn auf dem Wahlzettel aufschreiben sollte. «Ich bin eine engagierte Person und eifere nicht immer nur dem Parteibüchlein hinterher. Zudem braucht es mehr von uns Jungen im Parlament. Durch das ich in meinem Beruf immer am Puls der Zeit bin, sehe ich auch, mit welchen Problemen die Gesellschaft kämpft und wie es den Menschen im Allgemeinen geht», sagt er aus. Abschliessend bezeichnet er den Urnengang der Jungen als enorm wichtig, auch wenn die Papierflut im Wahlcouvert vorerst langweilig er scheint. «Die Stimme der jungen Bevölkerung muss gehört werden, schliesslich liegt die Zukunft in unserer Hand.» Die Nationalratswahlen finden am 20. Oktober statt.

Vielen Dank Joël, für das interessante Gespräch.

Mehr Informationen:

https://www.jcvp.ch/


#porträtiert: In der Reihe «#porträtiert» auf Tize.ch, wird jeden 2. Montag eine neue Person vorgestellt. Hier geht’s zur Reihe.

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