Von Nahtoderfahrungen haben wir alle schon einmal gehört. Sei es ein Licht am Ende eines dunklen Tunnels, eine überirdische Begegnung oder einfach nur ein Gefühl des Friedens.
Aber sind diese übernatürlichen Erfahrungen wirklich real? Oder gibt es eine wissenschaftliche Erklärung dafür?
Was ist eine Nahtoderfahrung?
Eine Nahtoderfahrung, kurz NTE, beschreibt eine Reihe an Erlebnissen, die Menschen widerfahren sind, die bereits als tot galten. Dabei hat der Herzschlag bereits ausgesetzt, bevor diejenigen wiederbelebt wurden.
Spannende Erlebnisse
Leute haben zwar die verschiedensten Nahtoderfahrungen gemacht, viele hatten aber auch grosse Gemeinsamkeiten. Deshalb hier die häufigsten und bekanntesten Erlebnisse:
- Durch den Film «Heaven is for real» oder im Deutschen «Den Himmel gibt’s echt» ist die Geschichte eines 4-jährigen Jungen um die Welt gegangen. Der Pastorsohn musste sich einer komplizierten Operation unterziehen und ist dabei beinahe gestorben.
Als er wieder zu sich kam, erzählte er vom Himmel, wo es wunderschön sei und er Engel, verstorbene Verwandte und sogar Jesus vorfand.
Es gibt viele weitere Menschen, die von Ähnlichem berichten. - Ein weiteres weitverbreitetes Erlebnis ist das sogenannte «Out-of-body experience» (ausserkörperliche Erfahrung). Dabei haben die Betroffenen das Gefühl, ihren eigenen Körper zu verlassen. Manche geben sogar an, ihren Körper von aussen betrachtet zu haben.
- Es gibt nicht wenige Patienten, die angeben, nichts gesehen zu haben. Es sei ein beruhigender, friedlicher Moment gewesen, irgendwie befreiend.
Ähnlich haben sich auch viele gefühlt, die einen dunklen Tunnel mit Licht am Ende sahen. Dies ist eine der am weitverbreitetsten Erfahrungen, von denen bestimmt viele von euch schon gehört haben.
Es ist keine Seltenheit, dass die meisten Leute von innerem Frieden und Ruhe berichten. Diese Erfahrung soll auch vielen von ihnen die Angst vor dem Tod vollständig genommen haben.
Mögliche Folgen
Viele Betroffene berichten von einer regelrechten Persönlichkeitsveränderung. Solch ein Erlebnis hat starke Auswirkungen – und zwar nicht nur negative.
Viele werden von einer tiefgreifenden Glückseligkeit ergriffen und auch die religiösen Einstellungen ändern sich oft nach einer NTE.
Gleichzeitig sind NTEs aber auch eine beträchtliche Belastung. Darauf folgen nicht selten Schlafstörungen und unter anderem auch Depressionen.
Da viele die Erfahrung beinahe ekstatisch erlebt haben, gibt es auch nicht wenige Leute, die um jeden Preis versuchen zurück in diesen Zustand zu gelangen. Daher gibt es auch Fälle von späteren Suiziden.
Die AWARE-Studie
Wissenschaftler sind davon überzeugt, dass all die fantasievollen Schilderungen in himmelsgleichen Welten und Treffen mit verstorbenen Verwandten oder gar einer Art Gott allein auf das Unterbewusstsein zurückzuführen sind.
Deshalb gibt es so einige Studien zum Thema NTEs.
Eine der, meiner Meinung nach, interessantesten Studien ist die AWARE-Studie.
Ergebnisse der AWARE-Studie (AWAreness during REsuscitation, dt. Bewusstsein während Reanimation) wurden 2014 veröffentlicht. Die Studie widmete sich der Wahrnehmung, Kognition und Bewusstsein, sowie Hirnaktivität nach dem Eintreten des Herzstillstands.
Für die Studie gilt die Definition des Todes als «der Prozess, der nach dem Herzstillstand eintritt und sich in den Geweben des Körpers ausbreitet».
Ablauf
Vier Jahre lang wurden Daten von 2060 Patienten aus 15 Krankenhäusern in Grossbritannien, Österreich und den USA gesammelt. 330 der Patienten überlebten den Herzstillstand und 140 davon nahmen am darauffolgenden Interview teil.
Ergebnisse
39 Prozent der 140 Interviewten gaben an, eine Art Bewusstsein wahrgenommen zu haben.
Auch deren genauere Wahrnehmungen unterschieden sich deutlich voneinander. Nur knapp ein Zehntel derjenigen, die ein Bewusstsein wahrgenommen hatten, erlebten «typische» Nahtoderfahrungen, wie helles Licht, eine Paradieswelt oder Treffen auf Familienmitglieder.
Knapp die Hälfte der Teilnehmer durchlebten dabei verschiedenste Erinnerungen, welche normalerweise nicht mit Nahtod assoziiert werden. Die Erinnerungen gingen von Angst über Gewalt bis hin zu Déja-vus.
Am spannendsten fand ich persönlich die Aussage zweier Teilnehmer. Sie erzählten von audio-visuellen Eindrücken, die mit der Reanimation in Verbindung standen.
Einer der Beiden konnte sich an klare Details seiner eigenen Reanimation erinnern, die die Wissenschaftler verifiziert haben. Er muss also das Geschehen während des Herzstillstands in einem gewissen Zeitraum bewusst wahrgenommen haben.
Anhand eines Bieptons, den der britische Patient gehört hat, konnte festgestellt werde, dass er während einer Zeitspanne von über 3 Minuten seine Umwelt bewusst wahrgenommen hatte.
Fazit
Allgemein geht man nach Eintreten des Herzstillstands von einer weitern «Hirnlaufzeit» von maximal 30 Sekunden aus. Die 3 minütige Wahrnehmung des britischen Patienten lässt also auf eine weitaus höhere Wahrnehmungszeit schliessen.
Aussagekraft
Die Aussagekraft der Studie ist allerdings sehr gering. Nur wenige der Teilnehmer konnten tatsächlich über Erinnerungen aus der Zeit der Wiederbelebung berichten.
Auch die Erlebnisse des britischen Patienten waren ein Einzelfall und können daher kaum verallgemeinert werden.
Um Ergebnisse der Studie bestätigen zu können, benötigt es daher weitere Studien.
Schlussfolgerung
Im Moment können NTEs also weder wissenschaftlich belegt werden, noch gibt es eindeutige Beweise für die Existenz eines ausserkörperlichen Bewusstseins.
Diskussionen zum Thema bleiben weiterhin spannend und ich persönlich bin gespannt auf weitere Studien.
2 Comments
Eine völig gesunde Studentin konnte nach Belieben jederzeit eine ´außerkörperliche Erfahrung´ haben. Dies nutzte man, um die Gehirnaktivität bei solchen Erlebnissen zu untersuchen
DOI: 10.3389/fnhum.2014.00070
Voluntary out-of-body experience: an fMRt study
Eine Zusammenfasstung/Summary in Englisch:
https://abcnews.go.com/health/woman-body-experiences/story?id=22825927
Nahtod_Erfahrungen lassen sich als Ergebnis eines einfachen Erinnerungsvorgangs komplett erklären: Dabei kann man bewusst erleben, wie das Gehirn versucht, einen unverständlichen Reiz/Gedanken zu verarbeiten. Mehr ist da nicht.
´Außerkörperleiche Erfahrungen´ kann man mittlerweile im Experiment untersuchen – wobei man sogar per fMRT erkennen kann, wohin im Raum sich eine Versuchsperson denkt (Für die Erforschung von neuronalen Grundlagen der Orientierung im Raum gab es 2014 den Nobelpreis)
Per Google-suche [Kinseher NDERF denken_nte] ist eine kostenfreie PDF mit dem Erklärungsmodell zu lesen