Zum 21. Mal wird das bedeutendste Fussballturnier, die Weltmeisterschaft, ausgetragen. In Russland, einem Land, in dem sich seit den 90er Jahren viel verändert hat. Doch welche Interessen bestehen wirklich am Turnier? Tize.ch wirft einen Blick hinter die Kulissen der WM und ihr Gastgeberland.
Die 21. Fussball WM neigt sich bereits dem Ende zu. Vier europäische Länder kämpfen diese Woche um den Einzug ins Finale. Im Rückblick auf die Vergabe des Turniers und auf die Vorbereitungen fällt auf, dass selten über ein Austragungsland der WM dermassen debattiert wurde wie in diesem Jahr. Die Spannung zwischen Russland und dem Weste, wie aber auch Vorwürfe der Korruption der Regierung, Zensur der Meinungs- und Pressefreiheit, das Eingreifen von russischen Streitkräften in Syrien und der Ukraine und die Tatsache, dass gerade in diesem Jahr eines der grössten Sportturniere dort stattfindet, löste weltweit Diskussionen über die Seriosität der Vergabe der WM-Austragungsorte aus. Welche Bedeutung hat die WM für das grösste Land der Welt? Wie sehr ist die Kritik an der Vergabe gerechtfertigt?
Russland – ein paar Fakten
Mit 17’100’000 km² ist Russland das grösste Land der Welt. Die Schweiz hätte somit ungefähr 414 Mal darin Platz. Die Bevölkerungsmenge verteilt sich aber auf die Grösse des Landes sehr gut. Russland stemmt verhältnismässig «nur» 142.3 Millionen Einwohner und ist nach Länderdaten.de auf dem 9. Weltrang. Die Hauptstadt ist Moskau, nach Istanbul die zweitgrösste Stadt Europas. Russland erstreckt sich über Europa bis nach Asien. Das Uralgebirge, welches sich etwa im vorderen Teil des Landes befindet, bildet die Grenze zwischen den beiden Kontinenten. Russland wurde historisch von vielen Einflüssen geprägt, besonders die Bevölkerung. Für eine lange Zeit regierten die Zaren im Kaiserreich, bis sich der Zustand der russischen Wirtschaft und der Bevölkerung aufgrund des 1. Weltkrieges dermassen verschlechterte, dass eine Revolution ausgelöst wurde, die 1917 nach der Oktoberrevolution in einen Bürgerkrieg mündete. 1922 wurde dann die UdSSR gegründet. Zwar konnte die russische Wirtschaft nach dem Zerfall der UdSSR, welcher in den Übergangsjahren in die Föderation ein Wirtschaftsloch auslöste, auf einen etwas besseren Kurs gebracht werden. Dennoch beträgt das BIP (Bruttoinlandprodukt) pro Kopf nach dem Statistikportal Statista.com nur 11.947 US-Dollar. In der Schweiz sind es, nach Stand vom Jahre 2016, 78.700 US-Dollar.
Putin und die umstrittene WM
Russland sorgte in den letzten Jahren und Monaten in allen Zeitungen und in anderen Massenmedien für Schlagzeilen, meistens eher zum Nachteil für das Image des Landes. Das Mitmischen im syrischen und ukrainischen Bürgerkrieg kratzt seit langem an den diplomatischen Beziehungen zwischen Russland und dem Westen. Ein glücklicher und zufälliger Zeitpunkt also im Jahre 2010, noch vor Beginn der beiden Konflikte, bekannt zu geben, dass Russland das Austragungsland der WM im Jahre 2018 sein würde. Und nun in diesem Jahr, in dem das Land in direktem Konflikt mit mehr als zwei Nationen steht, besteht der perfekte Zeitpunkt für Staatschef Vladimir Putin, Werbung für die eigene Sache, für den eigenen Staat, zu machen. So behaupten englische Kritiker, welche erzürnt über die Auslosung waren. Nach Watson, sagen diese auch, die WM sei gar vom russischen Staat gekauft worden. Dass Putin einen engen Draht zur FIFA pflegt, ist lange kein Geheimnis mehr. Laut srf.ch, wurde der Ex-FIFA Präsident Sepp Blatter vom Staatschef höchstpersönlich zum Spiel Portugal gegen Marokko eingeladen, unter der Begründung, es sein ein «privater Besuch» gewesen.
Teure Arbeit zum billigen Preis
Was tut man, um eine bereits angeschlagenen Wirtschaft beim Bau von neuen Stadien zu schonen? Die FIFA gab nach der Süddeutschen Zeitung im Mai letzten Jahres zu, zu wissen, dass am Bau des Stadions in St. Petersburg teils nordkoreanische Arbeiter arbeiteten. Laut der Süddeutschen mussten die Arbeiter aus dem Osten Asiens unter miserablen Bedingungen arbeiten, auch sah die Entlöhnung den Umständen entsprechend aus. Die Entlöhnung eines geringen Gehalts, welcher nach geraumer Zeit nach Pjöngjang fliesst, der Hauptstadt Nordkoreas. Wozu organisiert man für viel Geld ein Fussballturnier, welches zur Gründungzeit dazu diente, den Zusammenhalt zwischen Ländern auf der ganzen Welt zu stärken, wenn dabei Gehälter von Arbeiter in Länder fliessen, welche international für grosse Unruhen sorgen und dieses Geld wiederum für den Ausbau von Kriegsgeräten verwenden?
Fussball als Werbeplattform
Egal, in welchem Land eine solche Fussballweltmeisterschaft stattfindet, ein solches Ereignis dient auch zur Werbung für das eigene Land. Vladimir Putin erklärte vor Beginn der WM, das Turnier nicht als Politikum, grosser Werbung oder zu propagierenden Zwecken verwenden zu wollen. Dass er sich aber bei dieser Sache selbst wiederspricht, war ihm im Vorfeld wohl nicht bewusst. «Ich kann versichern, dass die Reise für alle wunderbar sein wird, ohne Komplikationen, sie werden es überall erfahren, dass wir gastfreundliche Menschen sind. Die Fans werden so begeistert sein, dass sie zurückkommen möchten.», so Vladimir Putin in seiner Rede vor dem FIFA-Kongress, nach der Berliner Morgenpost. Klar ist, dass der russische Staat auf eine Art zu Geld kommen muss, nicht zuletzt um ein solch grosses Land mit einer hohen Bevölkerungszahl unterhalten zu können, aber auch, um irgendwie militärische Einsätze zu finanzieren. Was bietet sich da besser, als eine Weltmeisterschaft im eigenen Land?
Überrascht sind in diesem Jahr viele von der WM. Nicht nur wegen der sich plötzlich verändernden Favoritenrolle der Teams, auch über die Zurückhaltung der russischen Medien, in Sachen Werbung und Propaganda. Zu spüren war bis jetzt, dass der Fussball im Vordergrund stand. Klar ist, dass der Rubel rollt, nur in welche Richtung er sich bewegen wird, ist ungewiss.
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