Die Meinungsfreiheit und der ständige Drang, seine tiefsten Gedanken mitzuteilen, kann für unser Gegenüber schnell zu einem unangenehmen Erlebnis werden. Ob dies eine unangenehme Wahrheit oder nur eine schlecht formulierte Mitteilung ist, unsere Aussagen stossen oft auf Gegenwind.
Gestern als ich im Bus sass, stiegen zwei sonst gute Freunde separat in den Bus ein. Natürlich verwunderte mich diese ungewohnte Konstellation und ich fragte mich, was los sei. Ihre miese Stimmung war auf eine Aussage des Jungen zurück zu führen. Dieser sagte, dass Frauen in der heutigen Welt ja eh nichts zu sagen haben. Für die Ohren einer minim feministisch eingestellten Frau ist dies eine unglaublich gewagte, ja sogar fast primitive Aussage. Das Problem ist, dass er in einer gewissen Art und Weise Recht hat. Nur wie er dieses Statement formuliert hat, wurde ihm zum Verhängnis. Denn wenn er gesagt hätte: «Frauen haben heute zum Teil immer noch weniger zu sagen als Männer», wäre das eine legitime Meinung gewesen.
Dies ist nur eines von vielen Alltagsbeispielen, in denen Menschen einfach besser zuerst gedacht und dann gesprochen hätten. Das Gleiche ist es, wenn ich im Gang stehe und mich jemand einfach anschaut und sagt: «Wieder einmal motiviert?» Die Frage ist durchaus berechtigt, wenn ich aussehe, als hätte ich aus Versehen Fleisch gegessen. Trotzdem weiss mein Gegenüber nicht, was gerade in meinem Leben passiert. Vielleicht habe ich gerade einen karrierezerstörenden Bericht über mich gelesen. Eventuell habe ich eine traurige Nachricht aus meinem Umfeld bekommen. Ich weiss, das klingt übertrieben, aber Fakt ist, dass viele Menschen lieber etwas Unüberlegtes sagen, als gar nichts.
Diese These ist auch nicht auf jeden anzuwenden, aber ist trotzdem eine WOHLÜBERLEGTE Aussage, denn unser ständiger Drang uns mitzuteilen, kann uns mehr Probleme einbringen, als wir denken. Dies geht von einem verärgerten Freund, bis zu rechtlichen Folgen, wenn man sich im falschen Land zu den falschen Dingen äussert.
Doch trotzdem finde ich, dass jedem seine Meinungsfreiheit zusteht. Unter einer Bedingung: Wenn man diese Meinung begründen kann. Auch wenn man nicht mit den Aussagen des Gegenübers einverstanden ist, kann man diese trotzdem akzeptieren. Auch wenn man dies erst nach einer langen Diskussion mit vielen Argumenten geht. Solange man mit den Konsequenzen seiner Aussagen leben kann, soll man diese frei äussern dürfen.