Am Eingang der Migros ziehen verschiedenste Früchte und Gemüse mit prächtigen Farben die Aufmerksamkeit auf sich und somit Kunden in die Migros. Besonders die exotischen Früchte fallen mit ausgefallenen Formen und Farben auf. An vielen von ihnen prangt stolz ein genauso hübsches Etikett. Max Havelaar. Fairtrade. Auf Deutsch: Gerechter Handel.

Max Havelaar und UTZ

Nach der Frischwarenabteilung finde ich mich vor einem Gestell, deren ausgestellten Produkte jeden erdenklichen Braunton vertreten. Kaffee in allen Variationen. Ganze Kaffeebohnen, Kaffeepulver, Kaffekapseln. Fairtrade. „Mit dem Kauf von Fairtrade-zertifizierten Produkten, leisten Sie einen Beitrag für faire Preise und gute Arbeitsbedingungen für Produzenten in Entwicklungsländern. Ein Teil des Verkaufserlöses wird in die soziale, ökonomische oder ökologische Entwicklung investiert. Strenge internationale Fairtrade-Standards sichern die nachhaltige Entwicklung von Produzentengemeinschaften in Entwicklungsländern und fördern den umweltfreundlichen Anbau von Rohstoffen.“, steht auf der Verpackung des Max Havelaar zertifizierten Kaffees.

Daneben die weitere, schier unendliche Auswahl an Kaffee. Dort ist hauptsächlich das sozial nachhaltige Label UTZ auf den Verpackungen vertreten. „Dieser Kaffee wurde von UTZ-zertifizierten Bauern angebaut, die ausgebildet wurden, bessere Anbaumethoden einzusetzen. UTZ Certified ist ein Programm und Gütesiegel für nachhaltigen Anbau mit Rücksicht auf Mensch und Natur.“ Dies lese ich auf der Rückseite des erstbesten Kaffees, der mir in die Hand gerät. Und: „UTZ Certified steht für Kaffeeanbau mit Rücksicht auf Mensch und Natur.“, auf der nächstbesten UTZ-zertifizierten Kaffeesorte. Mein Blick schweift über das Regal. Jeweils oben rechts: UTZ Certified mit dem schön geschwungenen Logo. Ein Regal, das voll ist mit Fairness, Engagement für die Benachteiligten, Einsatz für die Umwelt! Und wohl auch ein Regal für Leute mit Gewissensbissen gegenüber der wirtschaftlichen und sozialen Situation in der Dritten Welt.

Mein Gewissen ist bisher gestillt mit Fairtrade Max Havelaar-Bananen, die zwischen dem einheimischen Gemüse, Brot und Milch herausstechen, als wären sie ein Stück Gold in einem Haufen von Sand. Auch mein Kaffee soll aus gutem Handel kommen, also lege ich den Fairtrade-Kaffee dazu.

Es gibt einen Haken an der Sache

Weiter geht die Einkaufstour und von überall blitzen nun UTZ- und Fairtrade Max Havelaar-Siegel aus den Produktmassen heraus. Fair gehandelter Orangensaft und fair gehandelte Trockenfrüchte an der nächsten Ecke. UTZ zertifizierten Tee an der nächsten Ecke. Ich greife nach einer beliebigen Packung und lese: „30% des Kräutertees in diesem Produkt wurden von UEBT/UTZ-zertifizierten Bauern angebaut, die bessere Anbaumethoden im Hinblick auf Mensch und Umwelt einsetzen.“ 30%?! Nicht gerade viel…

Doch es reicht aus für die Zertifizierung. Ein Punkt, der bei Skeptikern von fairen Labels gerne aufgegriffen wird. Für die Zertifizierung muss ein Produkt gerade mal 20% der Inhaltsstoffe aus fairem Handel bzw. fairer Produktion stammen. Diese Regelung wird ausgenutzt, indem Mischprodukte gemacht werden, die es ermöglichen den Preis tief zu halten und trotzdem mit einem Gütesiegel positiv aufzufallen. Hinter guten Absichten verstecken sich immer wieder altbekannte Tücken: Handel, Wirtschaft, Geld, Macht. „Wenn Handel problematisch ist, dann deshalb, weil die eine Seite eine Notlage der anderen ausnutzt“, schreibt Ernst August Ginten auf welt.de. Von 30% fairem Tee, greife ich zu einigen Schweizer Produkten, die mit ihren Qualität, Regionalität und dem Unterstützen der eigenen Wirtschaft dem Gewissen genauso gut tun, wie faire Siegel an ausländischen Produkten.

Siegel gegen Gewissensbisse

Nun folgt das Lieblingsregal vieler: Das Regal voller Schokolade in allen Variationen. Dunkle Schokolade. Helle Schokolade. Milchschokolade. Exotische Mischungen. Wunderschön aussehende Kreationen. Gesprenkelt mit Nusssplitter, nougatdurchsetzt, mit Honig beträufelt, mit Früchten aromatisiert, mit Chili gespickt… Ein Paradies für Schlemmer. Ein Paradies für alle, die der süssen Versuchung mit gutem Gewissen nachgeben möchten: Max Havelaar hier und da, UTZ fast überall. Nicht nur Kaffee- und Teebauern, auch Kakaobauern sind unter der schützenden Hand von fairen Organisationen. Als Teil der Entwicklungshilfe? Im Kampf gegen wirtschaftliche Missstände der Globalisierung?

Ist die Welt durch Fairtrade eine bessere geworden?

Mit wirtschaftlichen, sozialen und umwelttechnischen Schutzbestimmungen geht es um die Verbesserung der problematischen Situation in der dritten Welt. Die Max Havelaar Schokolade in meiner Hand soll den Kakaobauern einen existenzsichernden Mindestpreis, der über dem üblichen Marktpreis liegt, garantieren. Er verspricht langfristige Handelsbeziehungen. Er steht für Arbeitsbedingungen gemäss Konventionen der internationalen Arbeitsorganisation, verbietet Kinderarbeit und Diskriminierung, fördert Bildung und Demokratie. Darüber hinaus leistet die Organisation, die hinter dem Siegel steckt mit der Förderung von umweltschonendem Anbau auch ein Beitrag an den Umweltschutz. Klar ist, dass da eine Tafel Schokolade in meinem Einkaufskorb landet und an der Kasse denke ich an die Möglichkeiten, die ich hoffentlich mit meinem Einkauf den Plantagenarbeitern von Bananen und Kakao eröffnen kann.

von Alyssia

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