Der Streaming-Dienst Netflix hat mit „Luke Cage“ die dritte Serie aus dem Marvel-Universum in petto. Das Besondere an den drei Serien ist, dass sie nicht nur Comic als Vorlagen haben, sondern alle im selben Serien-Universum spielen. „Luke Cage“ hatte bei „Jessica Jones“ bereits eine Staffelhauptrolle als Love-Interest, um für die Serie die Werbetrommel zu rühren. Kann die neue Serie nun eigenständig ebenfalls überzeugen?

Während „Daredevil“ und „Jessica Jones“ in Hell’s Kittchen, einem Quartier des New Yorker Stadtbezirks Manhatten, beheimatet sind, verlagert sich bei „Luke Cage“ die Handlung in den nördlich des Central Parks gelegene Viertel Harlem, einem noch düstereren Stadtteil. Bei den ersten zwei Serien wirkte die Handlung auf den ersten Blick tiefer und vielschichtiger, ging es doch um Blindheit und Gedankenkontrolle. Luke Cages Superkraft hingegen ist Stärke und Kugelsicherheit, das heisst, keine aus einer normalen Schusswaffe abgefeuerte Kugel kann ihn verletzen. Um dies zu illustrieren wird in der Serie eine Rekordzahl an Munition verballert und die Sterbensrate während den 13 Folgen ist aussergewöhnlich hoch. So fällt das Quartier-Original schon nach kurzer Zeit einem Attentat zum Opfer. Dies ist zu bedauern, denn die gut angelegte Rolle des Pop hätte viel zum Inhalt der Serie beitragen können.

In den ersten fünf Folgen muss Luke die Handlung alleine tragen, da – im Gegensatz zu den ersten beiden Serien – ein Partner (zweiter Hauptdarsteller) fehlt: Daredevil bekam seinen Anwaltskollegen zur Seite gestellt und Jessica Jones erhielt Unterstützung von Luke Cage. Dass ein Partner fehlt, wird dem Zuschauer allerdings erst bewusst, als die Krankenschwester Claire Temple – bereits aus den ersten beiden Serien bekannt – eine immer wichtigere Rolle einnimmt und so als Bindeglied zwischen den einzelnen Serien anzusehen ist. Obwohl sie erst ab Folge 5 in Erscheinung tritt, hat sie sehr viele Szenen, was der Serie ausserordentlich gut tut. Dank ihr kann Luke Cage zudem seine menschliche Seite wieder ausleben. Mit Rückblenden werden, wie bei Netflix-Serien üblich, die Vergangenheit der Figuren aufgearbeitet und der zuerst vermisste Tiefgang erscheint doch noch in der Handlung.

Grösste Schwäche

Netflix hat mit seinen Eigenproduktionen häufig das Problem, dass die Handlung nicht über 13 Folgen trägt. Die Zahl 13 ist bei den Machern jedoch so etwas wie eine Glückszahl: Fast alle eigenproduzierten Serien haben diese Staffellänge, was dazu führt, dass die Handlung nach furiosem Start in der Mitte abflacht, um gegen Ende an Spannung wieder anzuziehen. Um dieser Tatsache bei „Luke Cage“ nun entgegenzuwirken, entschied man sich, die Staffel zweigeteilt zu erzählen: In der ersten Staffelhälfte ist der Antagonist Cornell „Cottenmouth“ Stokes mit dem Darsteller Mahershala Ali hervorragend besetzt – die Stammkunden von Netflix kennen ihn bereits in der Rolle des Remy Danton in „House of Cards“ – deshalb verstehen viele Netflix-Abonnenten nicht, weshalb er bei Luke Cage nach Staffelhälfte seine Rolle verliert und mit Erik LaRay Harvey als Willis Stryker (Diamondback) ein weiterer Bösewicht ins Geschehen eingreift. Die weitverbreitete Meinung, diesen Handlungsstrang für eine zweite Staffel aufheben können, kann nicht teilen.

Fazit

Die neue Superhelden-Saga scheint weit aus düsterer und brutaler als seine Vorgänger. Dies ist überraschend, da die beiden vorherigen Serien in diesen beiden Punkten kaum zu überbieten waren. Musik und Rap spielen in der Welt von „Luke Cage“ ebenfalls eine wichtige Rolle. Häufig werden Szenen zusammengeschnitten und mit Musik unterlegt, was an den Zuschauer die Herausforderung stellt, im Kopf gewisse Teile zusammenfügen zu müssen. Es ist den Machern sehr gut gelungen, eine dritte Welt zu erschaffen. Wie die drei Welten schlussendlich zusammen passen werden, steht noch in den Sternen. Als Medienbeobachter vermute ich, dass das mittelfristige Ziel der Netflix-Verantwortlichen ist, die drei Welten zusammenzuführen, ähnlich wie Marvel dies bereits bei ihren Kinoadaptionen getan hat.

 

von Michael Küng

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