Mit diesem Brief antworte ich auf Ihren Artikel «Das nennt ihr emanzipiert?»der neusten Friday-Ausgabe, welche diesen September erschienen ist.

Grundsätzlich sehe ich an Ihrer Grundidee nichts Schlechtes: Den Partner oder die Partnerin darauf aufmerksam machen, wenn seine oder ihre Aussagen gewisse Ansätze haben, die Mann und Frau in veraltete Geschlechterrollen und Regeln stecken. Ich stimme zu: Eine Frau darf selber entscheiden, wie lange sie im Ausgang ist und nicht immer muss der Ehemann den Heiratsantrag machen. Obwohl ich der Ansicht bin, dass sich der Feminismus bei gewissen angesprochenen Aspekten ein bisschen wichtigeren Themen, wie Lohngleichheit oder dass in anderen Ländern überhaupt Mädchen zur Schule gehen dürfen, widmen sollte, ist es wichtig, dass man schon in seinem Umfeld beginnt. Denn wer sich schon daheim nicht wehren kann, wenn der Ehepartner findet, dass die Ehefrau gefälligst zu Haus sein und kochen soll, wie will man dann auf Sexismus bei der Arbeit oder auf der Strasse reagieren? Der Grund, weshalb ich diesen öffentlichen Brief schreibe, liegt jedoch nicht an der Thematik Ihres Artikels. Sondern welche Richtung dieser einschlägt.

Frauen in meinem Umfeld, die sich alle emanzipiert nennen, heissen nach der Hochzeit plötzlich anders.»- Yvonne Eisenring

Denn in Ihrem Beitrag sehe ich wieder die Art von Feminismus, der mir nicht gefällt. Nämlich die schon fast abschätzige Reaktion auf Frauen, welche sich «emanzipiert» nennen und trotzdem den Namen ihres Mannes annehmen. Frauen, die für Gleichberechtigung kämpfen und trotzdem zu Hause bleiben möchten. Ist das wirklich so eine Schande, wie es sich in Ihrem Artikel anhört? Bin ich nun weniger emanzipiert, wenn ich mich freiwillig dazu entscheide, bei den Kindern zu bleiben, obwohl das mein Mann doch auch tun könnte? Bin ich eine schlechte Feministin, weil ich meinen Nachnamen zu dem meines Mannes ändere? Emanzipation heisst einerseits, sich von einem Zustand der Abhängigkeit zu befreien und andererseits, dass Mann und Frau rechtlich sowie gesellschaftlich gleichgestellt sind. Feminismus bedeutet, dass Frauen die gleichen Rechte wie Männer haben und Geschlechterrollen nicht mehr der Norm entsprechen.

Natürlich, wenn die Frau zu Hause bleibt und der Mann arbeiten geht, dann ist das eine Arbeitsaufteilung aufgrund Stereotypen. Doch wenn Geschlechterrollen nicht mehr der Norm entsprechen, dann heisst es nicht, dass gewisse Dinge nicht mehr erlaubt sind. Warum darf denn eine Frau nicht den Namen wechseln, wenn sie es möchte? Ist sie dann wirklich von ihrem Mann abhängig und in der Beziehung nicht gleichgestellt, was nicht emanzipiert ja bedeuten würde? Wenn jemand lieber zu Hause bleiben will, ist das wirklich so dramatisch? Ich meine, Feminismus und Emanzipation haben auch damit zu tun, dass wir als Frauen selber entscheiden dürfen, was wir aus unserem Leben machen möchten. Und wer sich an traditionelle Normen halten will, der soll das machen. Und wer nicht, der halt nicht. Aber bestimmt nicht jemandem vorwerfen, dass man sich aufgrund solcher Entscheidungen nicht mehr emanzipiert nennen kann. Denn Frauen für ihren Lebensstil zu kritisieren ist nicht Sinn der Sache.

 

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