Letztens stand ich auf gefühlt einem Quadratmillimeter Platz in der U-Bahn, zwischen schwitzenden Businessmänner, genervten Mütter und müden Studenten. Direkt neben mir stand eine etwa 20 jährige blonde Frau, die ihr Smartphone so offensichtlich ausstreckte, dass mir keine Wahl blieb als ihre Aktivität auf der Plattform zu verfolgen. Heiter verteilt sie Like nach Like, doch ihr Gesichtsausdruck ähnelte bei jedem Doppelklick und kommentieren von Herzaugen, als hätte ihr Chef ihr soeben eine saftige Gardinenpredigt verpasst.

Während sie nun gekonnt von Instagram auf Snapchat wechselte, hatte ich das Bedürfnis ebenfalls mein Smartphone aus meiner Tasche zu kramen, aber aufgrund der stark eingeschränkten Platzverhältnisse gebe ich die Aktion enttäuscht auf. Es kribbelte in meinen Fingern, während ich nun versuchte einen Blick auf die anderen Passagiere zu erhaschen.

Mit gesenkten Köpfen standen sie da. Ein, zwei Blicke gingen verloren in die Weite und schienen mit ihren Gedanken bereits beim Abendessen zu sein. Die meisten starrten auf den Boden, wobei vermutlich bei allein ein viereckiges Gerät die Sicht auf den Boden verdeckte und somit ihre ganze Aufmerksamkeit beanspruchte.

Mit einem Ruck kam die U-Bahn zum stehen und ich wurde unsanft an meine blonde Sardinen-Nachbarin gedrängt, die sich jedoch nichts anmerken liess. Sie fieng die kurzfristige Ungleichheit gekonnt auf und machte gleichzeitig ein Foto von ihren Füssen, um es an alle «Besten Freunde» mit dem Kommentar «stecke in der U-Bahn fest» zu senden. Dass das Netz unter der Erde vermutlich nicht funktionstüchtig ist, schien ihr egal zu sein. Die Zeit verstrich und ich kämpfte gegen den Drang an mein Smartphone zu zücken. Obwohl ich weiss, dass mich darauf aufgrund der Netzlücke keine neuen Nachrichten erwarteten, hatte ich das tiefe Bedürfnis mich selbst zu unterhalten.

Doch die gegenwärtige Situatuion liess mir keine andere Möglichkeit als weiterhin die Menschen um mich herum oder die schnellen Finger der blonden Frau zu beobachten. Beeindruckt folgte ich ihrem Daumen, der beinahe über den Bildschirm zu fliegen schien. Doch zu der Bewunderung legte sich langsam ein Gefühl der Reue. Können wir uns tatsächlich bloss boch via Handy unterhalten? In welchem Jahr ist der soziale Austausch stecken geblieben? Natürlich sind wir keinesfalls asoziale Wesen, schliesslich hat der Mensch von grundaufherein das Bedürfnis sich sozial zu betätigen. Trozdem erfodern diese kleinen Kästchen eine weitaus grössere Aufmerksamkeit, als sie es eigentlich verdient hätten.

Die U-Bahn hatte sich nun leicht geleert und es gab freien Raum zum atmen (falls dies in einer engen Kapsel unter der Erde denn überhaupt möglich war).

Obwohl ich nun die Möglichkeit hatte mein Handy herauszukramen, entschied ich mich mit Blick auf die geknickte 20-jährige dagegen. Natürlich ist es in Extremsituationen, viel Schweiss und besonders nach einem langen Tag mehr als Verständlich sich abzukapseln. Trozdem werde ich in Zukunft meine Reisezeit mit Lesen verbringen. Oder vielleicht auch einfach nur aus dem Fenster blicken.

Was tust du, wenn du mal einfach kein Handy nutzen kannst (oder möchtest?)

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