Das Jungkult Festival verwandelt die St. Galler Innenstadt bereits zum fünften Mal in eine einzige grosse Bühne. Das Ganze begann bereits am Freitag Abend mit einem musikalischen Auftakt von Künstlern wie Friedrich Chiller und Future Relic. Am Samstag wurde dann die Stadt von der St. Galler Jugend buchstäblich eingenommen.

Vielfalt zwischen Bärenplatz und dem Vadian Denkmal

Anfangs war Vera, Mitglied im Vereins OK, bloss Besucherin des Jungkults, bis sie ebenfalls in die Organisation hineinrutschte. Sie wirkt begeistert vom Festival und steckt ganzes Herzblut in ihre Arbeit. Sowie auch die restlichen acht Mitglieder des Leitungsteams, die rund 50 Freiwilligen und um die 100 Künstler und Künstlerinnen. Die Organisation des Festivals begann bereits im Herbst des letzten Jahres.

Zum fünfjährigen Jubiläum des Jungkults gibt es auch einige Überraschungen, erzählt Vera. So dürfen die Graffitisprayer in diesem Jahr beispielsweise ein ganzes Auto anmalen und grössere bekannte Acts wie Kaufmann treten in der Dämmerung auf der Vadianbühne auf. Insgesamt gab es ein kreative Vielfalt vom Dom bis zum Vadian Denkmal. Zwischen wirren Haarduts auf Mann oder Frau, zerrissenen Jeans und langen schlabbrigen Hemden, neben qualmenden Zigaretten und farbigen Bändern schlenderte ich nach dem Gespräch mit Vera vorbei an diversen kulturellen Darbietungen und war überzeugt, die Jugend kann was.

Graffiti, Musik und Tanz

Phil und Adrian waren am Jungkult als Künstlerduo unterwegs. Obwohl Phil meist mit Muster und Ornamenten gestaltet und Adrian surreale 3D Bilder zeichnet, haben sich die beiden vorgenommen, ein gemeinsames Bild zu kreieren. Ohne Übung. Ohne Skript. Nur mit einem gemeinsam gewählten Motiv.

Adrian und Phil an ihrem gemeinsamen Werk.

Momoko und Gian hatten sogar einen eigenen Stand am Jungkult und verkauften ihre eigenen, mit Siebdruck bedruckten Shirts. Ursprünglich hat Gian bereits während der Matur diverse Projekte mit Siebdruck durchgeführt. Fürs Jungkult entwickelten sie gemeinsam mit zwei anderen Künstlern vier Motive zum Thema Universum und Kosmos und verkauften die definitiven T-Shirts an ein breites Publikum. Natürlich liess ich mir die Gelegenheit nicht entgehen und schnappte mir sogleich ein Unikat.

Auf der Gallusbühne Nähe des St. Galler Doms wurde das Publikum durch das Improtheater St. Gallen unterhalten. Die drei Mitglieder Pascal, Manuel und Roger spielten diverse Szenen aufgrund von Inputs aus dem Publikum und erhielten am Ende ihrer meist reibungslosen Performence einen soliden Beifall.

Auf dem kleinen Bärenplatz traten junge B-Boys zu einem Breakdancebattle an, während eine grosse Schar an Mütter, Väter und anderer zahlreicher begeisterten Zuschauer mitjubelte. Gleich darauf folgte eine Solonummer eines Jungen zu Love Yourself und sechs Mädchen vollführten ihn farbigen Röcken ihre kreativ einstudierte Choreographie.

Poetry Slam der jüngeren Generation

Die Vadianbühne wurde zum einen besetzt von Musikern, zum anderen galt sie als Auftrittsort für alle Literaturbegeisterten. In Form von Poetry Slam oder ähnlichem standen nacheinander junge Menschen mit ihren selbstgeschriebenen kritischen, humorvollen, emotionalen oder schnippischen Texten vor dem immer grösser werdenden Publikum. Eröffnet wurde die Show um 12 Uhr von der Moderatorin, die sich zunächst im schönsten St. Galler Dialekt vorstellte und anschliessend darüber sprach, dass das heute doch gar nicht so schlecht ist und «Früher nicht alles besser war». Ausserdem beschwerte sie sich darüber, das küssen viel zu feucht, gar nass, ist und man es sein lassen und daraufhin laute Lacher erntete.

Das Eis war gebrochen, als der zweite Slamer Cyrill die Bühne betrat und mit einem eloquenten Wortschatz um sich warf, gleichzeitig aber noch etwas unsicher in seiner Rolle war. Elena dagegen führte das wachsende Publikum hinein in die Welt der Emotionen, sprach vom Paradiesvogel, der sich nicht traute zu zwitschern und singen und erklärte, warum ein Kalb vermutlich ihre Einstellung zur Mutterkuhhaltung beeinflusst hatte. Ich fühlte mich zwar beinahe zum Veganismus bekehrt, fand den Beitrag aber äusserst authentisch und nachvollziehbar.

Sandro sprach schnippisch und authentisch von der Einzigartigkeit eben nicht Einzigartig zu sein und der Andri war meiner Meinung das Sahnehäubchen aller Slamer. Ganz ehrlich und gemütlich sass er auf seinem mitgebrachten Sofa und erzählte vom Schulsystem, dass ihn in ein Korsett zwängen wollte, welches er nicht tragen wollte und dass die meisten seiner Texte im Matheunterricht entstanden sind, weil da doch nie etwas relevantes erzählt wird.

Wie geht es weiter mit der Jungkult?

Zukünftig soll das Festival natürlich weiterhin wachsen und an Bekanntheit gewinnen. Dieses Jahr gab es bereits Leute, die absichtlich fürs Jungkult nach St. Gallen gefahren sind, berichtet Vera aus dem OK. Organisationstechnisch wird sich das Jungkult auch mit dem bereits grösseren Jugendkulturfestival in Basel in Verbindung setzten. Persönlich bin ich der Meinung, dass das Jungkult klein und niedlich wie es ist, mit seinem eigenen Charme punktet und gleich wie das Festival in Basel den Menschen beweist, dass Junge Menschen definitiv zu begeistern wissen!

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