Oftmals reden wir darüber, ohne den Begriff jemals wirklich für uns definiert zu haben: Kultur. Kultur ist so vielschichtig, dass es sowohl Werte und Normen, Kunst, aber auch die spezifische Lebensweise gewisser Menschen sein kann. Beispielweise Schweizer Kultur, was ist das genau und was wird sie sein in Zeiten der heutigen Globalisierung?
Zur Feier des 1. Augustes habe ich mir bereits schon einmal Gedanken dazu gemacht, was es heute eigentlich heisst, Schweizer zu sein. Diesen Artikel findest du hier. Allerdings ging es dort nur um einzelne Aspekte und nicht explizit darum, wie wir heutzutage unsere Kultur definieren würden. Dies ist aber auch ziemlich knifflig, denn wenn man die Schweizer Kultur allgemeingültig beschreiben wollte, müssten theoretisch auch alle damit einverstanden sein. Doch in welchen Punkten finden Jugendliche, Rentner, Schweizer mit Migrationshintergrund, Linke und Rechte einen Konsens?
Nur schon wegen den verschiedenen Altersgruppen oder politischen Strömungen lässt sich schnell erkennen, dass eine Definition des «wirklich Schweizerischen» schon vor der Globalisierung kein Leichtes war. Was nun aber mit dem Austausch praktisch aller Kulturen untereinander dazukommt, ist neu. Entweder, wir werden auf der Erde alles vereinheitlichen, wir mischen die Kulturen oder wir werden uns wieder stärker dem bewusst, von dem wir glauben, dass es uns ausmacht. Eine solche Re-Definition des «Schweizerischen» könnte allerdings zu einer Abschottung führen. Doch sehen wir uns die Szenarien einzeln und etwas detaillierter an. Gerade weil sie nämlich alle gewissermassen nebeneinander passieren und einander teilweise auch beeinflussen.
Vereinheitlichung
Was in diesem Szenario vorherrscht, ist vor allem die Standardisierung. Wenn etwas für die ganze Welt tauglich sein sollte, muss es überall möglichst einheitlich sein. Ein Beispiel wären Shopping Malls, die vom Prinzip her immer recht ähnlich aufgebaut sind. Genauso wie Flughäfen. Diese Orte erfüllen auch gewisse Vorgaben, wie dass man mit möglichst vielen Kreditkarten zahlen kann (gerade bei Flughäfen, also per Definition Orte der Globalisierung, ist das entscheidend). Ein anderes Beispiel wäre McDonalds. Auch wenn er von Amerika kommt, ist er nicht wirklich ein amerikanisches Kulturgut und ausserdem ein internationaler Konzern. Er ist überall und hat an allen Standorten etwa die gleichen Merkmale. Und da der gute alte Fastfood laden mit dem «goldenen» M zur vereinheitlichten Kultur der Globalisierung gehört, ist es auch kein Wunder, ihn an Orten der Globalisierung wie Flughäfen oder international genutzten Bahnhöfen zu finden. Was mit der Vereinheitlichung jedoch verloren geht, ist Individualität.
Vermischung
Auch bei der Vermischung geht ein gewisses Element der Individualität verloren. Allerdings wird hier aber nicht alles standardisiert, so wie bei der weltweiten Ausbreitung von McDonalds. Vermischung der Kulturen bedeutet mehr, dass von überall ein kleiner Einfluss kommt. Ein automatischer Prozess der Globalisierung, denn wenn Menschen in ein Land einwandern, nehmen sie sowohl Dinge am Neuen Ort an, als dass sie auch ihre Eigenheiten mitbringen. Dadurch kann eine spezifische Kultur wachsen und an neuem dazugewinnen. Das fassen aber nicht alle als positiv auf. Gerade für traditionelle Kulturschützer ist die allgemeine Multikulturalisierung ein Feindbild. Nicht jeder ist offen für das neue, Unbekannte, doch bisher hat sich gezeigt, dass man sich früher oder später an die frisch dazugekommenen kulturellen Elemente gewöhnt. Eigentlich muss man das auch fast, denn Globalisierung wird nicht einfach aufhören und dadurch werden immer wieder spezifische Kulturen aufeinander treffen und einander Dinge abschauen oder untereinander austauschen.
Re-Definition und Abschottung
Wem die neuen Elemente, die die Globalisierung unweigerlich mit sich bringt, nicht geheuer sind, der stellt sich in der Regel gegen eine Öffnung und plädiert für eine Schliessung. Es ist eine «Zurück zur Tradition» Bewegung, die sich lieber auf alte Werte beruft und sich daraus eine neue Definition schafft, was beispielweise Schweizer sein bedeutet. Solche neue und eher Öffnungs-ausschliessende Definitionen sind meist konservativ und schliessen alles aus, was böse gesagt zu wenig «Eidgenössisch» ist. Auch wenn Ausschluss und Abschliessung in Zeiten der Globalisierung praktisch unmöglich sind, gibt es immer wieder solche Strömungen. Beispiele dafür, auch wenn sie nichts mit unseren «Schweizer Eidgenossen» zu tun haben, wären die Rassemblement National Bewegung (ehemalig Front National) in Frankreich unter Marine Le Pen oder die AFD in Deutschland.
Was ist nun mit der Schweiz…?
Wie bereits erwähnt, sind alle drei dieser Strömungen am Werk. Auch wir übernehmen internationale Standards oder mischen unsere Kulturen, wodurch wir mehr Vielfalt haben. Doch auch das wird nicht von allen gutgeheissen, weswegen wir beispielweise bald über die Begrenzungsinitiative der SVP abstimmen werden. Ob eine dieser drei Strömungen vorherrschend ist, ist schwer zu sagen, da es in jedem Bereich etwas anders aussieht. In der Gastronomie beispielweise, wird das Angebot immer multikultureller mit vielen kleinen Restaurants, die indische, syrische oder mexikanische Küche anbieten. Gleichzeitig begünstigen wir aber auch Weltkonzerne, die auf der ganzen Welt bekannte Menüs anbieten, wie der schon angetönte BigMac oder den Whopper. Wenn wir jedoch auch auf das politische Geschehen schauen, sieht es oftmals weniger inklusiv aus. So hat jede Strömung an einem Ort seinen Platz gefunden. Was wir dabei aber in Erinnerung behalten sollten ist, dass unsere Kultur zwar einen Teil von uns ausmachen mag, aber nicht vollkommen darüber entscheiden sollte, wer wir sind. Das Zugehörigkeitsgefühl sollte uns nicht verloren gehen, doch es soll nicht darüber entscheiden, wie wir Menschen mit anderer Zugehörigkeit sehen.