Immer wieder werden wir mit dem Thema Rassismus konfrontiert – es ist nichts Neues für uns. Zwar haben viele von uns es vielleicht nie selbst erleiden müssen, doch ist es ein sehr ernsthaftes Problem. Durch die «George Floyd»-Aufstände und die «Black Lives Matter»-Organisationen sollte man meinen, man sei ja genug darüber informiert. Doch Rassismus ist nicht nur in den Vereinigten Staaten verbreitet, sondern viel näher bei uns als wir vielleicht denken würden…
Natürlich erscheint uns Rassismus auf den ersten Blick nicht so schlimm wie in anderen Ländern, schliesslich sind wir ja ein multikulturelles Land. Die meisten akzeptieren andere «Rassen», doch leider gibt es auch immer wieder solche, die stereotypisch denken. Es muss nicht einmal starker «Rassismus» sein, bei dem man einer anderen Ethnie vielleicht körperlichen Schaden hinzufügt. Manchmal ist es auch nur die Bevorzugung des Schweizers bei einem Bewerbungsschreiben, die man als Rassismus bezeichnen könnte.
Rassismus ist ein ernstzunehmendes Thema, das weltweit tief in der Gesellschaft verankert ist. Ganze Bevölerkerungsgruppen wenden sich gegen Gruppen, die in der Unterzahl sind und eine andere Hautfarbe haben, einer anderen Religion angehören oder eine andere Herkunft haben.
Auch wenn es grosse Fortschritte gibt in unserer modernen Gesellschaft und wir langsam die Augen öffnen, sehen, dass es keine «Rassen» gibt und alle gleich sind, wird das Thema wohl noch lange unter uns Menschen ruhen. Das ganze ist viel komplexer als es auf den ersten Blick vielleicht scheint und deshalb würde es zur Allgemeinbildung nicht schaden, folgende Begriffe zu kennen:
- Rassismus
- Diskriminierung
- Stereotypen
- Unbewusste Vorurteile (unconscious bias)
Rassismus
Rassismus ist eine Ideologie, bei der Menschen in Rassen eingeteilt werden je nach Herkunft, Ethnie oder ihren vererbbaren Merkmalen. Rassismus hierarchisiert, differenziert und entwertet Menschen, es ist eine Ausschliessungspraxis.
Diese Einteilung hatte bei ihrer Entstehung und expliziten Ausführung vor allem den Zweck, Taten wie Sklaverei und Völkermord zu rechtfertigen und somit das Volk auf seine Seite zu ziehen. Man wollte die Verachtung gegenüber Schwarzen schaffen, damit man weniger Mitleid mit ihnen habe, wenn sie nach Südamerika verschleppt werden und als Sklaven festgehalten werden. Ihr Körperbau sei anders, sie seien für solche Arbeit gemacht – so wurde die Sklaverei gutgeredet.
Albert Memmi fasste Rassismus gut in folgendem Satz zusammen:
«Der Rassismus ist die verallgemeinerte und verabsolutierte Wertung tatsächlicher oder fiktiver Unterschiede zum Nutzen des Anklägers und zum Schaden seines Opfers, mit der seine Privilegien oder seine Aggressionen gerechtfertigt werden sollen.»
(Albert Memmi, Rassismus, Frankfurt a.M. 1987, S.164)
Diskriminierung
Auf den ersten Blick erscheint Diskriminierung dem Rassismus ähnlich, doch es ist hilfreich, den Unterschied zwischen beiden Begriffen besser zu verstehen.
Rassismus ist nichts weiter als das Gedankengut, dass manche Menschengruppen schlechter oder anders als andere Menschengruppen seien. Diskriminierung dagegen ist die tätliche Umsetzung dieses Gedankenguts. Menschengruppen, gegen welche sich die Diskriminierung richtet, werden ausgegrenzt, belästigt und benachteiligt nur wegen ihrer «Rasse». Diskriminierung ist also die Ausführung der rassistischen Gedanken – nun bekommen diese Rassen das, was sie angeblich nach ihrer Rasse wohl verdienen. Je nach Geschichtsepoche sieht man, wie extrem Diskriminierung in unsere Gesellschaft griff – ganze Menschengruppen wurden wie Abfall, wie Ungeziefer behandelt.
Stereotypen
Ohne Stereotypen wären Rassismus und Diskriminierung wohl schon längst ausgestorben. Während man sie wohl als eher unwichtig betrachtet, könnte man sie deshalb fast schon als Urmutter aller rassistischer Probleme betrachten. Stereotypen sind Vorurteile gegenüber anderen Menschen.
Beispiele für Stereotypen sind unter Anderem:
- Schwarze spüren weniger Schmerz (in den USA erhielten sie deshalb eine Zeit lang sogar weniger Medikamente als Weisse verschrieben!)
- Asiaten sind besser in Naturwissenschaften.
- Menschen aus der Dritten Welt wären auch mit gleicher Ausbildung dümmer als wir der Ersten Welt.
Stereotypen müssen nicht immer negativ sein, doch oftmals sind sie es.
Das Unsinninigste dabei ist, dass man oftmals ein klareres Bild gegenüber Fremden hat durch eben jene Stereotypen. Studien belegen, dass Stereotypen oftmals aus unserem Kopf verschwinden, wenn wir mehr direkten Kontakt mit der Menschengruppe zu tun haben, gegen die sich dieses stereotypische Gedankengut wendet. Die Moral: Je besser wir jemanden kennenlernen, desto mehr kommt es uns vielleicht vor, dass wir ihn nicht kennen, denn wir merken, dass die meisten Stereotypen nichts weiter als Märchen sind.
Vorurteile sind Stereotypen sehr ähnlich, im Gegensatz zu diesen sind sie aber auch mit Emotionen verbunden.
Unbewusste Vorurteile
Die unbewussten Vorurteile könnte man als eine Unterkategorisierung der Stereotypen betrachten. Dennoch ist es wichtig, nochmals explizit auf die unbewussten Vorurteile kommen, denn es macht einen grossen Unterschied, ob man unbewusste oder bewusste Vorurteile gegen jemanden hegt.
Obwohl wir gegen unbewusste Vorurteile nur schwer etwas tun können, sind sie sehr ernst zu nehmen, ja sogar ernster als die bewussten Vorurteile. Denn während die bewussten Vorurteile wie der Name schon andeutet, leicht steuerbar sind und man somit aktiv etwas dagegen tun kann, sieht das bei unbewussten Vorurteilen ganz anders aus.
Unbewusste Vorurteile sind tief in unserem Bewusstsein verankert. Wir assoziieren beispielsweise bestimmte Menschengruppen mit bestimmten Eigenschaften. So kann es sein, dass man beispielsweise eine neue Stelle, die im Geschäft frei ist, lieber einem Schweizer überlässt, da dieser sicher anständiger und kluger als ein Ausländer ist, obwohl dies oftmals gar nicht so ist.
Das Beispiel ist vielleicht ein typisches, offensichtliches Vorurteil, das man schnell erkennt und gegen das man schnell etwas unternehmen kann. Doch es gibt viele weitere Begebenheiten in unserem Alltag, in denen manchen der Vorrang gewährt wird nur durch ihr Aussehen oder ihre Herkunft. Dieses Gedankengut ist tief in uns verankert und da es sich im Unterbewusstsein abspielt, auch schwer abzustellen. Diese unbewussten Vorurteile sind es auch, die mir das Gefühl geben, noch lange mit Rassismus konfrontiert zu sein – denn während wir aktiv gegen Diskrimination kämpfen, können wir unsere unterbewussten Gedanken nur schwer steuern und längerfristig ändern.
Auch wenn wir in den Medien schon genug darüber hören und denken, es wird genug gegen Rassismus gekämpft, so ist dies leider noch lange nicht der Fall. Auch wenn viele ihr Bestes tun, Rassismus wird noch einige Generationen ein aktuelles Thema in der Gesellschaft sein.