J. K. Rowling ruiniert Harry Potter, springt mir der Titel des gefühlt zwanzigsten YouTube-Videos ins Auge, in der sich jemand über Äusserungen der berühmten Autorin beklagt. Während ich kaum jemanden kenne, der die «Harry Potter»-Bücher nicht mag, üben immer mehr Leute Kritik an Rowling, weil sie im Nachhinein versucht hat, durch ihre Aussagen die Welt der Bücher zu verändern.
Dumbledore sei schwul, Hermine könnte theoretisch auch dunkelhäutig sein (obwohl sie auf den Buchcovern als weiss dargestellt ist) und es hätte auch viele jüdische Schüler in Hogwarts gegeben.
Was ja grundsätzlich nichts Schlechtes ist. Das Problem ist nur, dass nichts davon in den Büchern oder den Filmen erwähnt wurde. Während viele die Aussagen der Autorin nun für unnötige Geldmacherei halten, kann ich persönlich es irgendwie verstehen.
Ich bin keine Bestsellerautorin, aber …
Im November 2017 habe ich selbst mein erstes Buch herausgebracht, und ein halbes Jahr später wurde auch ich mit der Frage nach der Diversität darin konfrontiert. Eine Bekannte fragte mich nach diversen Dingen in dem Roman und schloss dann, sie würde ihn nicht lesen – mit der Begründung, es käme kein homosexuelles Paar darin vor, die Hauptcharaktere wären weiss und die weibliche Hauptperson hätte eine niedrigere gesellschaftliche Stellung als die männliche.
Während ich im ersten Moment zu überrumpelt war, um das Ganze zu begründen, machte ich mir im Nachhinein ernsthaft Gedanken darüber, ob ich beim Schreiben einen Fehler gemacht hatte. Ich hatte mir nämlich über keines der von meiner Bekannten erwähnten Dinge ernsthafte Gedanken gemacht. Aber nicht, weil ich homophob, rassistisch und sexistisch bin. Ich bin nur nicht auf die Idee gekommen – unter anderem auch, weil in den meisten Büchern, die ich gelesen habe, ebenfalls nichts davon vertreten war.
Obwohl ich meinen Roman schlussendlich so gelassen habe wie er war, bin ich durch diese Diskussion das erste Mal auf ein Thema aufmerksam gemacht worden, über das ich mir bis dahin noch nie viele Gedanken gemacht habe: Diversität in Büchern. Oder besser gesagt die Anforderungen bezüglich Diversität in Büchern, die manche Leute haben.
Aber …
Besonders in letzter Zeit ist mir aufgefallen, dass es überwiegend viele Bücher (aber auch Serien und Filme) gibt, in denen Diversität ein Thema ist. Was ich grundsätzlich gut finde, denn genau so sieht es in der Realität aus. Womit ich aber ein Problem habe, ist, wenn überwiegend viele «diverse» Charaktere vorkommen, die im Wesentlichen nicht mehr als ihre Hautfarbe, ihre Sexualität oder ihre gesellschaftliche Stellung sind. Oder aber, wenn ein Autor (wie in diesem Fall J. K. Rowling) versucht, ein Buch im Nachhinein zu verändern, obwohl wahrscheinlich die wenigsten ein Problem mit der Geschichte hatten, so wie sie war.
In meinem neuen Manuskript haben beide Hauptcharaktere eine dunklere Hautfarbe, ein Nebencharakter ist afrikanischer Herkunft. Nicht wegen der oben erwähnten Diskussion oder weil ich unbedingt Diversität im Buch drin haben wollte, sondern weil es zum Setting der Geschichte gepasst hat.
Was ich jedoch nicht möchte, ist, mit einer Checkliste neben meinen Büchern zu sitzen und Punkte abzuhaken, nur damit sich nachher niemand über fehlende Repräsentation beklagt. Denn damit tue ich niemandem einen Gefallen.