Vor gut einem Jahr fand in der Schweiz der erste Klimastreik statt. Damals mit ungefähr 300 Teilnehmern, eine Zahl, die sich im vergangenen Jahr um ein vielfaches vergrössert hat. 2019 war und ist durch die Frage nach Klimagerechtigkeit und Co2 Neutralität geprägt. Um das Thema kommt definitiv keiner herum. Allesamt sind wir damit konfrontiert und Diskussionen werden deswegen auch täglich ausgelöst. Dies aus dem Grund, dass wir in der Klimafrage alle etwas andere Vorstellungen haben, die uns häufig in ein Dilemma bringen können.

Unsere Generation, die einst als uneinheitlich und nur am Smartphone hockend hätte bezeichnet werden können, steht nun für eine weltweite Umweltbewegung. Etwas, worauf wir stolz sein können, da es tatsächlich um das Wohl der vielen und des ganzen Planeten geht. Der Haken dabei ist dass wir, leider zu einem grossen Teil doch wegen unseren Smartphones, auch ganz schön unter Druck geraten können. Wir wollen etwas bewegen, sowohl als Einheit als auch alleine. Doch ist dies überall gleichstark möglich?

Die folgenden Situationen zeigen auf, dass wir uns im Internet zwar Inspiration in Bezug auf Nachhaltigkeit holen können, es aber nicht immer hilfreich sein kann. Hauptsächlich aus dem Grund, dass wir anfangen, uns mit Menschen zu vergleichen, die einem ganz anderen Lebensstil folgen. Trotzdem würden wir gerne alles auf unser eigenes Leben anwenden, was jedoch manchmal einfach nicht möglich ist.

«Food Waste?»

Ein grosser Teil des weltweiten Co2 Ausstosses kommt alleine von Food Waste, also der Lebensmittelvergeudung beziehungsweise Verschwendung. Dem entgegen wirkt beispielweise geplanteres Einkaufen, das regelmässige Kontrollieren von Ablaufdaten oder Apps wie Too Good To Go. Was man im Restaurant nicht aufessen mag, nimmt man mit und zu Hause kann man Reste auch noch gut am folgenden Tag essen. Was jedoch, wenn wir in einer Situation sind, in welcher diese Möglichkeiten nicht bestehen? Wenn wir unsere Reste weder mitnehmen, lagern noch jemandem abgeben können? Müssen wir es dann einfach trotzdem noch essen, um keinen Foodwaste zu betreiben? Wer oder was geht dann vor, du selbst oder deine Bemühung, das Klima zu schonen? Dieselbe Frage stellt sich übrigens auch, wenn jemand gerne Gewicht verlieren, aber auch nichts verschwenden möchte.

Natürlich, man kann immer vorausplanen, Frischhaltebehälter mitnehmen etc etc. Die Möglichkeiten sind vielfältig und werden durch die Klimabewegung auch immer präsenter. Doch in genau dem Moment des Dilemmas sind wir hilflos. «Du hättest vorbereitet sein sollen» hilft dann nichts und das Problem wird sich nicht lösen. Sind wir nun also des Food Wastes schuldig, wenn uns das passiert?

Unnötiger Plastikmüll?

Es leben die Veggie Bags, besser gesagt die Stoffsäckchen, die als wiederverwendbare «Verpackungen» für Früchte und Gemüse im Supermarkt nützen können. Wenn wir daran denken, sie mitzunehmen, fühlen wir uns gut. Wir brauchen nicht unnötigerweise einen Plastiksack, s

ondern tun etwas fürs Klima. Da sie sich gut in den grösseren Einkaufstaschen verstauen lassen, ist es auch kein Problem, sie beim Einkaufen immer dabei zu haben. Doch erneut passiert es: Wir sind in einer spontanen Situation und brauchen mehrere Äpfel, Birnen und auch noch Tomaten. Du hast dir doch vorgenommen, keine Plastiksäckli mehr zu benutzen. Sollest du jetzt also alles mühsam von Hand tragen und der Kassiererin ein grosses Augenrollen entlocken? Oder brauchst du eben doch mal ein Plastiksäckli, was der Kunde hinter uns, der den Klimastreikbutton an deinem Rucksack bereits gesehen hat, einen abfälligen Kommentar entlockt. «Streiken und dann doch Plastikmüll produzieren» heisst es dann. Doch ist diese Aussage gerechtfertigt? 

Co2 Ausstoss oder Geld verdienen?

Der Klimastreik ist bestimmt keine rein akademische Bewegung. Ebenso beteiligen sich auch durchs Band alle Generationen, so trifft man neben Jugendlichen auch Grosis oder gleich ganze Familien an Streiks und Demonstrationen. Trotzdem kann man nicht abstreiten, dass sich viele Schüler*innen und Student*innen im Klimastreik engagieren. Unweigerlich damit verbunden ist, dass diese Teilgruppe des Klimastreiks nichts bis wenig verdient. Wenn sich allerdings trotzdem der glückliche Zufall eines Nebenjobangebots ergibt, kommt manchmal folgender Haken ins Spiel: Die Arbeitsstelle ist nur mit dem Auto erreichbar, oder aber erfordert einen sehr grossen Zeitaufwand, um die Strecke mit dem ÖV zurückzulegen. Was nun? Womöglich kannst du Autofahren, doch willst es dem Klima zu liebe nicht unnötig viel tun. Ein wöchentliches zur Arbeit fahren würde deinen Co2 Ausstoss gleich ziemlich nach oben drücken. Doch ist es nicht fast eine zu grosse Selbstaufopferung, deswegen den lang ersehnten Nebenjob nicht anzunehmen? Erneut fragst du dich, was denn nun wichtiger ist?

Schlussendlich…

… ist das Erkennen solcher Dilemmas bereits ein Schritt in die richtige Richtung. Ein bewussterer Umgang mit Lebensmittel, Abfall oder Abgasproduktion führen automatisch zu anderen, meist umweltschonenderen Entscheidungen. Dass es zwischendurch aber auch Situationen gibt, in denen du dich nicht perfekt verhalten kannst, ist unvermeidbar. Es soll keine Ausrede oder Entschuldigung sein, aber niemand von uns kann alles richtig machen und den perfekten Netto 0 Lifestyle leben. Es anzustreben ist nicht falsch, doch selbst lange Wege müssen mit kleinen Schritten bestritten werden. Wir sehen im Netz die Leute, die nachhaltig Leben und wären gerne so umweltbewusst wie sie, doch die verschiedenen Umstände ermöglichen das nicht einfach so (und übrigens zeigen unsere guten alten Influencer doch meistens sowieso nur das, worauf sie stolz sind und nicht ihre kleinen Fauxpas).

Somit ist der Wille, möglichst umweltfreundlich handeln zu wollen definitiv nicht verkehrt. Doch wenn du an einen Punkt kommst, wo du dich wirklich einschränken, überessen oder zu grosse Umstände auf dich nehmen musst, gibt es eine Grenze. Die Frage Ich ODER das Klima stellt sich manchmal. Je weniger desto besser natürlich. Doch wenn sie sich stellt, denk daran, dass der Klimastreik die Klimagerechtigkeit fordert. Also, dass das klimafreundliche Leben einfacher und normalisiert wird. Nicht, dass jedes Individuum das von ihm nicht Erwartbare in solchen Dilemma Situationen tun muss.

Geschrieben von:

"Write it. Shoot it. Publish it. Crochet it. Sauté it. Whatever, Make!" - Joss Whedon

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