«Nicht du jetzt auch noch», schimpfe ich mit mir selbst, als ich am Dienstagmoren im vollgestopften Pendlerzug von Olten bis Bern zu schreiben beginne. «Das Thema Coronavirus ist doch sonst schon omnipräsent! Öffnest du Instagram: Corona Memes. Jede beliebige News App: Coronavirus hier. Twitter: Coronavirus da. Und so weiter…” Es stimmt, das Coronavirus scheint momentan das schweizweit wichtigste Thema zu sein. Daraus kann nur eines folgen: Beim Öffnen von Tize wird man nun ebenfalls lesen, was sonst schon überall präsent scheint: Das Coronavirus, ein Kommentar.

Als junge, gesunde Frau d,ie in der Schweiz lebt, habe ich mir bis vor kurzem noch wenig Gedanken über das Coronavirus in Bezug auf mich gemacht. Zwar verfolgte auch ich die internationalen Nachrichten, als es um die ersten bekannten Fälle im Ausland ging, doch das ist ja weit weg von hier, oder? Distanzmässig vielleicht schon, doch im Globalisierungszeitalter spielen diese Entfernungen keine grosse Rolle mehr. Was früher Monate lange Schiffsreisen oder Fussmärsche entfernt war, kann heute in weniger als 24 Stunden per Flugzeug erreicht werden. Deswegen ist es auch nicht überraschend, dass wir in der Schweiz nun auch betroffen sind.

Es ist eine der unschönen Folgen, die Globalisierung nach sich zieht. Vor allem, weil das Virus auch hierzulande komplett neu ist und somit noch keiner immun dagegen ist. Wir könnten es alle bekommen, bei manchen wäre es einfach gefährlicher als bei anderen. So gehöre ich, die junge, gesunde Schweizerin, also gar nicht zur ernsthaften Risikogruppe. Trotzdem betrifft mich das Virus in einem gewissen Sinne. Doch nicht nur mich, sondern jeden. Deswegen wurden nun Massnahmen ergriffen. In den vergangenen Tagen haben ich und bestimmt auch du es wohl schon genug oft gehört: Veranstaltungen ab 1000 Personen sind bis am 15. März untersagt, die Basler Fastnacht findet nicht statt, Konzerte werden abgesagt, die Eishockey Playoffs sind auf Eis gelegt und es bestehen Engpässe im Verkauf von Desinfektionsmitteln oder Mundschützen (die uns leider überhaupt nicht vor einer Ansteckung schützen können).

Wie vorher schon angetönt, wird das Coronavirus auf allen sozialen Medien verhandelt, doch damit nicht genug. Auch offline merkt man deutlich, dass wir uns in einer Situation befinden, die wir so noch nicht hatten. In Lebensmittelläden wie Coop oder Migros herrscht in manchen Regalen Leere, weil die Menschen sich Notvorräte zulegen. Und wenn einer hier im Zug hustet, erntet er etliche erboste Blicke der morgendlichen Pendler. Schulen und Firmen raten, dass man nur schon bei den kleinsten Symptomen und Anzeichen besser zu Hause bleibt. Logisch, das Ansteckungsrisiko will vermindert werden. Doch wie klar ist das der ganzen Bevölkerung?

SRF Zambo hat am vergangenen Montag extra eine «Corona Hotline» für die Kinder gemacht, auf welche sie während der regulären Sendezeit der Radio Kindersendung anrufen und Fragen an eine Expertin stellen konnten. Es zeigte sich, auch die Kinder sind besorgt oder zumindest sehr wohl auch in diese Thematik involviert. Das «Zäggimpft!» bei dem sich Kinder berühren, dann schnell wegrennen und damit einander «anstecken» wurde ebenfalls vom Coronavirus «übernommen». Auf dem Pausenplatz führen kurze, spassige Berührungen zu Ausrufen wie: «Jetzt hast du Corona!»

Natürlich ist das nicht sonderlich ernst gemeint, doch einigen Kindern ist damit trotzdem nicht wohl. Sie erkundigten sich in der Hotline, ob sie denn durch solche Berührungen wirklich angesteckt werden könnten. Die Expertin konnte jedoch beschwichtigen, denn das Virus wird über Tröpfchen weitergegeben. Kritisch ist es also, mit hustenden Personen mehr als 15 Minuten in einem Abstand von zwei Meter oder weniger in Kontakt zu sein. Moment… husten… mehr als 15 Minuten… zwei Meter Abstand… ich schaue mich in meinem Pendlerzug um und denke mir, was sich hier wohl alle denken, verdammt. Genau hier könnte es brenzlig werden.

Auch wenn ich diesen Monat auf drei Konzerte verzichten muss und in meiner Universität alle Veranstaltungen ab 250 Besuchern online übertragen werden statt vor Ort, besteht genau hier im öffentlichen Verkehr noch immer ein hohes Ansteckungsrisiko. Zumindest, falls sich eine Person unter uns Pendlern befindet, die es bereits erwischt hat. Dazu kommt, dass es bis zu zwei Wochen dauern kann, bis man überhaupt merkt, dass man ebenfalls betroffen ist, so lange kann nämlich die Inkubationszeit dauern.

Könnten wir also bereits in einem Land voller «Geisterkranken» leben, bis es dann in einer Woche überall ausbricht? Hoffentlich nicht, bis jetzt konnten nämlich noch alle in der Schweiz bekannten Fälle zurückverfolgt werden. Heisst, wir wissen, wer sich bei wem angesteckt hat und es herrschen noch keine wirklichen epidemischen Zustände (Stand 3. März). Ob es so bleiben wird, kann das Bundesamt für Gesundheit, kurz BAG, nicht sagen.

Auf Instagram ist man sich jedoch sicher: Ein IGTV Video erklärt, warum dieses Virus erst der Anfang ist und noch viel schlimmeres auf uns zukommen wird. Eine beängstige Vorstellung. Doch nicht nur dieser gesundheitliche Aspekt erschreckt mich, sondern auch einige soziale Auswirkungen dieses Virus. Mir scheint, als sähen momentan viele Leute die aktuellen Ereignisse als Gründe, rassistische Aussagen bezüglich Asien zu machen. Ein Problem, das, auf Grund der gesundheitlichen Risiken, vernachlässigt wird, aber ebenfalls nicht vergessen werden darf.

Dazu kommt, dass wir uns in einem speziellen Zustand befinden. Es ist zwar wirklich sehr schade, dass ich womöglich sehr viel Geld für Konzerttickets ausgegeben habe, welches mir nicht zurückerstattet wird, wenn die Konzert nicht nachgeholt werden können. Der ganze Aufwand, der für die Fastnacht betrieben wurde, sollte doch ebenfalls nicht um sonst gewesen sein und dass dieses Jahr keine Play Offs stattfinden sollten, wäre ebenfalls schade. Doch egal ob diese Massnahmen nun Hysterie sind oder nicht, die Gesundheit geht vor. Wir haben bis jetzt noch keinen Masterplan, wie wir solche Situationen genau behandeln sollen. Sie also mit möglichst viel Vorsicht anzupacken, scheint mir nur logisch. Denn eine Ansteckung, gepaart mit einem schwachen oder angeschlagenen Immunsystem, kann tatsächlich tödlich enden. Entsprechend müssen wir akzeptieren dass man der Bund tut, was er nun mal tun muss in einer solchen Situation. Auch, wenn es für uns nicht optimal ist, so ist es mir noch immer lieber, etwas Geld in den Sand gesetzt zu haben, als um mir nahe stehende Menschen zittern zu müssen, die sich wegen einer Landesweiten Unvorsicht angesteckt haben.

Schlussendlich gibt es noch zu sagen, was bereits alle Plakate überall in der Schweiz postulieren: Wascht eure Hände und wenn ihr husten müsst, dann nicht in die Luft heraus sondern in den Ellenbogen und werft eure benutzten Taschentücher in einen geschlossen Eimer. Was die Plakate allerdings vernachlässigen ist folgendes: Bleibt kritisch und informiert über die weiteren Entwicklungen, stell Fragen wenn du verunsichert bist, pass auf dich auf und bleibt vor allem gesund!

Geschrieben von:

"Write it. Shoot it. Publish it. Crochet it. Sauté it. Whatever, Make!" - Joss Whedon

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