Herbst.
Wenn sich die Bäume draussen bunt färben und vertrocknete Blätter unter meinen Schuhen knirschen.
Und es draussen wieder kalt ist, aber noch nicht zu kalt; genau so kalt, dass man noch das Haus verlassen kann ohne zu frieren.

Herbst.
Wenn es zu Hause wieder Kürbissuppe und im Starbucks Pumpkin Spice Latte gibt.
Und ich meinen Lieblingspulli endlich wieder anziehen kann.

Herbst.
Wenn ich mich bei Regen mit einer Tasse Tee ans Kaminfeuer setze und ein Buch lese.
Und ich das Lied „September“ von Earth, Wind & Fire endlich wieder im richtigen Monat hören kann.

Herbst.
Wenn …
Wenn?
Meine Finger verharren über der Tastatur, als mir auffällt, dass das alles gar nicht wahr ist, was ich da geschrieben habe. Oder zumindest nicht die ganze Wahrheit.

Herbst, müsste es eigentlich heissen, wenn ich trotz dem veränderten Wetter immer noch den ganzen Tag in der Schule bin.
Und es eigentlich egal ist, ob ich meinen Lieblingspulli trage, denn im klimatisierten Inneren des Gymnasiums macht es eigentlich ohnehin kaum einen Unterschied, ob ich einen Pulli oder das ganze Jahr über ein Sommerkleid anhabe.

Herbst, wenn ich mir wahrscheinlich höchstens einen einzigen Pumpkin Spice Latte holen werde, weil ich in einem Kaff wohne und das nächste Starbucks fast eine halbe Stunde entfernt ist.
Und weil es sowieso zu teuer ist.

Herbst, wenn ich mich am 1.September in einen Monolog über den Klimawandel ausbreche, weil das Wetter noch genau das gleiche ist wie am 31. August.
Und es mir dann ab Mitte September schon wieder viel zu kalt ist.

Herbst, wenn ich das Lied „September“ garantiert nicht den ganzen September lang höre, weil einem selbst das beste Lied nach so einer Zeitdauer auf die Nerven geht.
Und das Kaminfeuer? Davor setze ich mich höchstens mit meinen Schulsachen, um zu lernen.

Aber auch das ist nicht die ganze Wahrheit.

Herbst.
Wenn ich trotzdem meinen Lieblingspulli anziehe, auch wenn es keinen Unterschied macht.
Und wenn ich endlich mal wieder so richtig shoppen gehe, weil es mir nicht egal ist, ob ich im Sommerkleid oder in warmer Kleidung rumlaufe. Herbst ist und bleibt Herbst.

Herbst.
Wenn ich zwar keine Starbucks-Getränke kaufen, aber dafür endlich wieder meinen Teebecher mit zur Schule nehmen kann.
Wenn ich mich an das Wetter gewöhne und in meine wärmste Jacke gehüllt nach draussen gehe. Diejenige Jacke, die sich anfühlt als würde man mit einer kuschligen Decke über den Schultern rumlaufen.

Herbst.
Wenn ich vor dem Kaminfeuer lernen kann, denn lernen vor dem Kaminfeuer ist um einiges schöner.
Und wenn ich trotz allem versuche, die bunten Blätter zu betrachten.
Denn schlussendlich sind die Jahreszeiten zu einem Teil auch das, was wir aus ihren Klischees machen.

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