So schnell werde ich wohl diesen Satz nicht mehr sagen können: «Ich muss ab heute im Homeoffice arbeiten». Wieso nicht? Ich arbeite als Lehrerin einer gemischten Unterstufenklasse, bin morgens bis abends auf den Füssen und unterrichte, stelle Arbeitsblätter her, führe neue Sachen ein und betreue die Arbeit der Kinder. Doch alles in allem ist es vor allem eines: Kein Bürojob, der gleich auszuführen ist wie zuhause.
Alles begann mit dem bundesrätlichen Entscheid am Freitag, der 13. März 2020. Obwohl das Datum grundsätzlich für Pechtage bekannt ist, konnte ich es schlichtweg nicht fassen. Die Nachricht, dass alle Schulen schliessen würden, traf mich als blutige Anfängerin in den Bauch. Was sollte ich nach Hause nehmen? Reicht mein Laptop? Meine Gefühle, auch auf den Heimweg, konnte ich nicht einordnen. Ich fühlte mich unwohl, denkend auf den grossen Stress, der jetzt als Klassenlehrperson auf mich zukommen wird. Keine halbe Stunde nach der Medienmitteilung trafen schon erste WhatsApp-Nachrichten der Eltern ein. Doch ich wusste auch noch nicht mehr als sie, wie auch. Die Schulleitung läuft auf Hochtouren, tut ihr Bestes und kann nicht sofort auf alles reagieren. Um 18:00 Uhr erhielt ich den Startschuss für die Elterntelefonate. Ein Kind nach dem Anderen rief ich an, mit ein paar Patzern der englischen Sprache (ein neuer Vorsatz für das nächste Jahr) und vielen einfachen Erklärungen war ich nach einer Stunde fix und foxi.
Das Wochenende verging und ich konnte keine Sekunde nicht an die Schule denken. Was soll ich für das Lernen zuhause mitgeben? Da ich am Montag noch in die Schule konnte, stellte ich mich um 7:30 Uhr, normalerweise läutet es jetzt für die Kids, in mein Schulzimmer. Doch die Glocke blieb still, der Gang wurde nicht vor lauter Kinderstimmen erfüllt und kein Guten Morgen und keine Erlebnisse wurden erzählt. Es ist komisch, denke ich mir, ich bin super vorbereitet und jetzt wirft mich eine grosse Veränderung aus der Bahn. Zum guten Glück gibt es Kollegen, die nicht nur zusammenhalten, wenn es einfach ist. Als blutige Anfängerin im Lehrerberuf war ich um jeden Rat, jedes Arbeitsblatt und jedes kleine Engagement froh. Und so kam es, am Dienstag um 12:00 Uhr standen alle Dossiers für die Kids und mussten gedruckt werden. Wie viel Papier das ist, das wollte ich gar nicht wissen…
Mittwoch wurde komischer, denn beim Einpacken der Dossiers, meinem kleinen Brief und der offizielle Brief der Schule kam mir der Gedanke, wie es wohl weitergeht, wenn die Kids auch nach den Frühlingsferien nicht kommen durften. Sie fehlten mir bereits nach drei Tagen, mir fehlt der grosse Sturm und Trubel im Klassenzimmer, die Witze unseres Klassenclowns, die Tanzeinlagen der Mädchen und jedes Guten Morgen Frau Graber. Aber auch die Beschulung machte mir Sorgen. Jetzt ist in den Dossier nur Wiederholung verpackt. Aber wie geht das weiter, in einer Klasse, wo die meisten Kinder nicht mal ein Computer zuhause haben?
Dann kam der Aufruf: Gehen Sie jetzt ins Homeoffice, nehmen Sie das, was Sie tragen können, mit nach Hause und bleiben Sie der Schule möglichst fern… Meine Ausbeute waren etwa 10 Ordner und mindestens 20 Fachbücher und mehrere Liederhefte und CDs. Ja, ich habe nicht alles digital, aber das wird ebenfalls ein guter Ansatz!
Und so machte ich mich ans Homeoffice, doch sollte ich bereits für das vierte Quartal vorbereiten? Ich entschied mich, mich vorerst dem neuen Schuljahr zu widmen. Durchsuchte Bücher, Lehrplan und Pinterest für neue Inspirationen und Ideen im Gestalten-Unterricht.
Das Einzige, was jetzt fehlt, ist das Kinderlachen, das Unterrichten, das Erfolgserlebnis, etwas verstanden zu haben. Es fehlt so viel und doch können wir nichts anderes machen als warten. Warten, bis diese Krise ein Ende findet, wir wieder unser Sozialleben wiederbeleben können und wieder unsere Freunde sehen können.
Doch bis dahin: Vergesst nicht zu lächeln, bleibt zuhause und freut euch über ein kleines positives Ding jeden Tag. Nur gemeinsam schaffen wir das.