Seit bald vier Monaten arbeite ich in einer Redaktion: Ich absolviere dort mein einjähriges Praktikum, damit ich anschliessend an die Fachhochschule gehen kann. Das Praktikum ist sehr spannend. Ich erhalte vollen Einblick in die Welt des Journalismus und konnte von Anfang an alles machen: Recherchieren, Texten, Interviewen, Fotografieren und meine eigenen Ideen einbringen. Der Job als Redaktor/in ist sehr spannend, vielseitig und lehrreich. Ich würde ein solches Praktikum jedem empfehlen, denn man lernt nicht nur das Schreiben, sondern auch, wie man richtig Interviews führt, wie man auf Menschen zugehen soll, wie man Kontakte knüpft und wie man richtig recherchiert. Zu Beginn hatte ich unheimlich Mühe mit dem Telefonieren, denn ich wusste, dass meine „Büro-Gspänli“ zuhörten. So nach vier Monaten muss ich sagen, ich mach‘s immer noch nicht gern, bin jedoch selbstbewusster geworden und kann es schon besser.

Die Sache mit dem Interview

Das Selbstbewusstsein ist das Wichtigste in meinem Beruf: Hast du‘s nicht, kommst du nicht weit. Das musste auch ich lernen. Nun, was gehört denn eigentlich in meinen Aufgabenbereich? Kaffee machen? Nein! Hier in meiner Redaktion müssen die Praktikanten nicht den klischeehaften Praktikantenheini spielen. Zu Beginn habe ich meinen Vorgesetzten begleitet, um in das Ganze hineinzukommen und zu schauen, wie man sich zum Beispiel an Interviews verhält. Nun, das Ganze war sehr spannend und einleuchtend. Doch als ich dann meinen ersten eigenen Auftrag hatte, habe ich mir fast in die Hose gemacht. Denn plötzlich bist du alleine, musst Fragen vorbereiten, hoffentlich sind es schlussendlich diese, die den Artikel spannend machen, du musst fotografieren und mitschreiben. Letzteres ist auch etwas, was ich anfangs nicht konnte, denn ich hatte bei früheren Reportagen alles per Sprachmemo aufgenommen und anschliessend abgeschrieben. Es ging nicht lange, dann hatte ich auch diese Hürde überwunden und schrieb ohne Probleme die wichtigsten Infos auf. Ja, aber was sind denn die wichtigsten Infos? Ich schrieb einfach alles auf und verkrampfte mir jedes Mal die Hand. 😂 Doch hey, es war‘s wert und ich hatte nie ein Problem damit, dass ich zu wenig Infos hatte. Und falls ich doch mal was verhängt hatte, musste ich die Interviewperson nochmals per Telefon oder Mail kontaktieren. Aber zum grössten Teil war das nie ein Problem und falls doch, hast du ja doch noch den Praktikanten Bonus ☺. Gut, das Interviewen ging von Zeit zu Zeit immer besser, da war aber noch das Fotografieren: Auf was muss man achten? Das Licht muss stimmen, es darf keinen Schattenwurf geben. Da ich mich in meiner Freizeit mit dem Fotografieren bereits beschäftige, hatte ich keine Startschwierigkeiten, lernte aber noch einiges dazu.

Aus dem Block direkt in den Artikel

Gut. Kommen wir zurück zum Block mit den Informationen: Du bist wieder in der Redaktion, das Word Dokument ist geöffnet, weiss und wartet darauf, beschrieben zu werden. Ja gut, du bist da, hast deine Informationen, doch, wie geht denn jetzt das? Das Schreiben eines Artikels für eine Zeitung ist ein wenig anders als das Schreiben für eine Schülerzeitung. Hier kann ich frei schreiben und lasse meine Gedanken einfach so aus mir raus sprudeln – In einer Redaktion geht das nicht immer gleich gut. Es gibt Regeln. Regeln zur Dramaturgie, zum Aufbau und Vorgaben, wie gross der Artikel sein darf. Letzteres gibt es eher selten, aber wenns dann mal vorkommt, dann kann einem das schon ganz schön stressen – mich zumindest. Weil dann bist du irgendwie schon eingeschränkt und kannst deiner Kreativität weniger freien Lauf lassen. Für mich habe ich den perfekten Weg gefunden, wie ich an das Schreiben herangehe: (Vielleicht noch hilfreich für euch) 

Zuerst lese ich alle meine Notizen nochmals durch, dann schreibe ich mir auf ein leeres Blatt Papier diverse Stichworte auf, wie ich den Artikel aufbauen will. Habe ich den Aufbau, gehe ich zurück zu den Notizen und markiere diese in verschiedenen Farben, entsprechend den verschiedenen Stichworten. Dann gibt es des Öfteren mal, dass ich dann doch nicht weiter komme und mein farbiges Notizbuch anstarre, in der Hoffnung, dass der Text von alleine geschrieben wird. Meistens hole ich mir dann einen Kaffee, esse einen Apfel oder lenke mich anderweitig etwas ab. Manchmal kommen mir dann plötzlich Ideen, wie ich anfangen kann und wenn die Ideen dann mal da sind, dann schreibe ich meistens den ganzen Artikel in einem Schluck.

Ist er fertig, kommt das Gegenlesen meines Vorgesetzten, anschliessend kann ich Layouten: Das mache ich echt gerne. Wir haben auf unseren Computern ein Programm, mit welchem wir unsere ganz Zeitung layouten, das ist in jeder Redaktion dasselbe. Des Öfteren muss ich meine Titel anpassen, evtl. doch noch etwas kürzen und schlussendlich speichere ich den korrigierten Artikel als Pdf ab. Nach meinem Praktikum möchte ich ein kleines Erinnerungsbucherstellen, wo ich alle meine Artikel hinein klebe.

Gratis an Events und Konzerte

Zurück zu den Vorteilen: Ein weiterer positiver Aspekt dieses Praktikums ist, dass ich die Möglichkeit habe, an Veranstaltungen, Konzerte oder Messen zu gehen – meist sogar gratis,  eigentlich immer gratis😍. Sobald ich einen Bericht über die Veranstaltung schreibe, kann ich mit meinem Presseausweise gratis hinein. Ich konnte bereits das Comedyprogramm vom Radiomoderator “Chäller” und das Jubiläumskonzert von Martin O. im Kongresszentrum Einstein miterleben oder durfte an das Medienforum “Junge Journalisten Schweiz 2017”, was ich jedem Journi-Interessierten empfehle. Des weiteren besuchte ich das Weihern Open Air, den HSG Ball, konnte viele neue Gesichter kennenlernen und Kontakte knüpfen, durfte die verschiedensten Musiker interviewen und konnte einen “Bauer, ledig, sucht…” – Kandidaten und eine “Bachelor” – Kandidatin interviewen. Hat man eine Idee oder ein Wunsch, dann kann man davon ausgehen, dass es umgesetzt wird. Genau das finde ich das Schönste am ganzen Praktikum: Hat man gute Ideen, kann man tolle Projekte starten. Und natürlich merkt man am Schluss am Text, ob ich motiviert war oder nicht: Je spannender das Thema für mich, desto besser wird der Artikel schlussendlich.

Die Fähigkeit, mit Kritik umgehen zu können – oder auch nicht!

Natürlich gibt es auch Schattenseiten in meinem Praktikum: Das, was mir zu Beginn am meisten zu schaffen gemacht hatte, waren die verschiedenen Reaktionen der Menschen. Gewisse wollen deinen Text beim Gegenlesen völlig umstellen, schreiben Textpassagen um oder sagen einem “direkt” (per Email oder Telefon) ins Gesicht, dass der Artikel nicht gut ist – Das kann einem recht demotivieren, den ganzen Tag versauen und runterziehen. Aber mit solchen Reaktionen muss man rechnen, auch wenn der Artikel aus den Augen der Redaktion gut geschrieben ist. Des Weiteren ist es manchmal der Fall, dass Termine an einem Abend, über Mittag oder sogar am Wochenende stattfinden. Denn die Interviewpartner sind auch nicht immer abrufbereit, sondern haben einen Beruf oder andere Dinge zu tun. Und nun meine grösste Herausforderung: Kritik annehmen! Ich bin ein Mensch, der möchte alles korrekt machen, Kritik kommt da meist unpassend. Aber auch ich musste lernen, dass man gewisse Dinge erst dann lernt, wenn die Kritik ernst genommen wird. Auch wenn ich Mühe damit habe, bin ich für jede konstruktive Kritik dankbar!

Ebenfalls zu meinem Aufgabenbereich gehört das aktualisieren unserer Website: Mein Mitpraktikant ist für Facebook zuständig. Gemeinsam versuchen wir unser Erscheinen in den Sozialen Netzwerken bestmöglich zu handhaben. Nun ich schreibe diesen Text an einem Dienstag Abend, heute war bei uns Redaktionsschluss, sprich, um 15 Uhr, mussten alle Texte, Inserate und Seiten fertig sein, denn unsere Zeitung wird über Nacht gedruckt und morgen verteilt.

Ich freue mich schon darauf, wenn ich meine Artikel in der gedruckten Version sehe – ja, es steht das gleiche geschriebe – aaaaber, es ist ein unglaublich cooles Gefühl, seine Artikel in einer echten Zeitung zu sehen und zu wissen, dass er von unzähligen Menschen gelesen wird. (Das Feedback ist auch immer sehr spannend).

Ich hoffe, euch einen guten Einblick in meinen Alltag gegeben zu haben. Vielleicht konnte ich den Einten oder die Einte dazu motivieren, das Selbe auszuprobieren! ☺ Denkt immer daran: Niemand ist von Anfang an perfekt, jeder beginnt mal von neuen! 🙂

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